Miese Geschäfte

  • Pendragon
  • Erschienen: Januar 2013
  • 1
  • New York: Putnam, 2004, Titel: 'Bad business', Seiten: 310, Originalsprache
  • Bielefeld: Pendragon, 2013, Seiten: 236, Übersetzt: Marcel Keller
Miese Geschäfte
Miese Geschäfte
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Jochen König
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2013

Spenser, vierzig Jahre im Geschäft  - von Altersmüdigkeit keine Spur

Mit Miese Geschäfte laufen Privatdetektiv Spenser und sein Schöpfer zu großer Form auf. Waren die Spenser-Romane der letzten Jahre bereits sehr ansprechende Werke, setzt der 2004 im Original erschienene Roman noch eins drauf.

Kurz und knackig der Stil, schnodderig die Witze und Einzeiler, die Spenser von sich gibt. Nicht alle sind gut, aber so ist das halt, man macht weiter und der nächste Joke sitzt wieder. Es wird natürlich wieder stilvoll und gut gegessen, doch nie überkandidelt wie sich auf die verbalen Schlagabtäusche mit Dauerfreundin Susan Silverman auf hohem, intelligenten Screwball-Niveau befinden. "Lakritzstange" Hawk stößt erst spät hinzu und darf, beinahe ungewohnt, eher als Charmeur denn harter Hund glänzen. Keine Bange, er kann’s noch. Spenser dito. Denn bei allem altersmilden Humor lässt Parker keinen Zweifel daran, dass seine beiden in die Jahre gekommenen Helden immer noch brandgefährlich sind.

Wie üblich beginnt der Fall ganz harmlos, Spenser wird von der psychisch labilen Marlene Rowley beauftragt, herauszufinden, ob ihr Ehemann fremdgeht. Ein leichtes Unterfangen für Spenser. Doch dann wird der Ehemann erschossen, und alle Spuren führen zu dem Energiekonzern "Kinergy", dessen Führungskraft Rowley war. Seltsame Beziehungsgeflechte tun sich auf, ein windiger Radio-Moderator in "Herzensangelegenheiten", der auch Firmenseminare abhält, mischt plötzlich mit, und zwangsläufig geht es nicht mehr um Liebesbetrug sondern um ganz viel Geld.

Parker spielt mit den (lockeren) Regeln des Hardboiled-Genres wie selten zuvor. Gleich zu Beginn gelingt ihm ein großartiges Kabinettstückchen, als Spenser entdeckt, dass er nicht als einziger Detektiv mit Observierungsauftrag im selben Umfeld agiert. Man tastet sich ab, täuscht und tauscht sich aus, am Ende ist vor allem Spenser klüger als zuvor. Überhaupt bricht der Roman mit dem Mythos vom einsamen Kämpfer für Wahrheit, Loyalität und Gerechtigkeit. Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist freundlich und kollegial, Susan, Hawk, nicht ganz unfreiwillig zusammen gespannt mit der attraktiven Ärztin Cecile stehen Spenser tatkräftig zur Seite, und einmal nimmt sich Parker die Zeit, um die meisten Personen aufzuzählen, die Spenser im Laufe der Jahre geholfen haben. Es sind einige.

Ähnlich gekonnt sind die Charakterisierungen der Nebenfiguren. Parker lässt gerne Stereotypen auftreten, um sie mit Brüchen und Eigenheiten zu versehen und formt daraus Individuen. So behält Spenser seine Klientin in erster Linie, weil sie ihn nervt, und er sie immer so schnell wie möglich loswerden möchte, um seiner Arbeit nachzugehen. Und mancher, der sich als Schurke scheinbar von selbst anbietet, ist am Ende nur ein weiteres Opfer.

Miese Geschäfte ist ein stilvoller und cleverer Roman, der es nicht nötig hat, mit seiner Cleverness anzugeben. Mühelos gelingt Parker der Spagat von einer klassischen Ausgangssituation zum unterhaltsamen, spannenden Lehrstück darüber, wie Gier und Egoismus die Geschäfts- und Finanzwelt von innen heraus zerfressen, während die Opfer sich im Besitz wertvoller Papiere, Aktien, Altersabsicherungen etc. wähnen, in Wahrheit aber längst pleite sind. Als Bonus flicht Parker sogar noch eine vergnügliche und treffende Mediensatire ein.

Und wie selbstverständlich gibt es in diesen komplexen Zeiten mit den entsprechenden Geflechten, keine einfache Gerechtigkeit und einen abschließenden Schuldspruch zum Ende. Und schon gar keinen Shootout, der die staubige Straße von allen Bösewichtern befreit. Nur ein bisschen beißen, hauen und treten. Und den Fluch miteinander leben zu müssen.

Nicht alle Romane Robert B. Parkers sind gelungen, mit Schaudern erinnert man sich an die lausigen Chandler-Adaptionen und auch Spenser schwächelte nach seinem exzellenten Abschied bedenklich. Doch es ist völlig legitim in rund 40 Jahren mal zu straucheln, Hauptsache man steht wieder auf. Wie Parker (s.a. die Jesse Stone-Romane), sein Zugpeferd und dessen Freunde das hingekriegt haben, ist große Kunst. Man möchte eigentlich noch lange weiterlesen, Dutzende von Büchern auf dem Level von Miese Geschäfte. Danke für diese vier Jahrzehnte, Mr. Parker.

Miese Geschäfte

Robert B. Parker, Pendragon

Miese Geschäfte

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