Ostfriesenblut

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2008
  • 43
  • Hamburg: Jumbo, 2008, Seiten: 3, Übersetzt: Klaus-Peter Wolf
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Wolfgang Weninger
82°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2007

Schnitzeljagd hinterm Deich

Serienmörder haben wieder Hochsaison. Auch Klaus-Peter Wolf, wohlbekannter Drehbuchautor für die Fernsehserien Tatort und Polizeiruf 110 konfrontiert in seinem zweiten Roman mit der Kommissarin Ann Kathrin Klaasen aus Norden mit mehrfach vergossenem Ostfriesenblut. Der sadistische Täter spielt auf den 327 Seiten aus dem Fischer-Verlag eine perfide Schnitzeljagd mit der Kriminalistin, in dem er ihr die Leiche einer älteren Dame vor die Wohnungstür legt. Aber nicht nur das. Im Verlauf der Handlung ist er der privat ziemlich angeschlagenen Kommissarin immer mindestens einen Schritt voraus, denn er beobachtet sie auf Schritt und Tritt, ohne dass sie dies bemerkt.

Frau Klaasens Ehe ist gerade den Bach runter gegangen. Ihr Ex-Mann hat eine Neue und ihr Sohn geniert sich offensichtlich, mit ihr noch in Kontakt zu treten. Und ihr Haus wird ihr zu groß, und ihr droht das Dach auf den Kopf zu fallen. Doch Ann Kathrin ist Polizistin mit Leib und Seele und lebt für ihren Beruf, auch wenn ihr Privatleben darunter leidet. Schön, dass sich wenigstens ihr Kollege Weller für sie interessiert. Und als dieser entdeckt, dass ein Stalker ihr das Leben schwer macht, bietet er seine starke Schulter zum Anlehen. Das allerdings bringt den Killer auf die Palme. Denn für diesen zählt nur eine Sache: unbedingter Gehorsam.

Genau so hat es der Mörder damals gelernt. Foltermethoden in einem Erziehungsheim haben ihm Disziplin in jeder Lebenslage beigebracht. Und so wie er es gelernt hat, wird er den Unfolgsamen jetzt zeigen, dass Ungehorsam bestraft werden muss - und das gilt auch für die Kommissarin Ann Kathrin Klaasen ...

Spannung erzeugen kann Klaus-Peter Wolf. Dort wo Action gefragt ist, kommt der Drehbuchautor zum Vorschein. Kurze Sequenzen im Wechsel zwischen Ann Kathrin und dem Killer und ein routiniert aufgebauter Spannungsbogen mit einem fesselnden Finale lassen den komplex konstruierten Plot prima zur Wirkung kommen. Brutalität scheint mittlerweile im Krimigenre zum blutigen Alltag zu gehören und auch Klaus-Peter Wolf entkommt dem Hang zu blutigen Beschreibungen martialischer Szenen nicht. Wobei sich der Autor doch eher auf gemäßigtem Niveau bewegt und nur dramaturgisch notwendige Folterszenen vor dem Leser ausbreitet.

Drei Personen und deren Schicksale werden von Klaus-Peter Wolf in den Mittelpunkt gestellt. Hauptperson ist natürlich Ann Kathrin Klaasen, deren tristes Seelenleben kräftig ausgebreitet wird, vom Scheitern ihrer Ehe bis hin zum ungeklärten Tod ihres Vaters und der Sehnsucht zu einer funktionierenden Beziehung. Da kommt der Kollege Frank Weller gerade richtig. Auch er hat noch an den Folgen einer gescheiterten Bindung zu kämpfen und so kommt es, wie es kommen muss, es funkt zunächst auf Sparflamme zwischen den beiden. Hier bleibt für den im nächsten Jahr erscheinenden dritten Teil Ostfriesengrab reichlich Platz für Techtelmechtel und Probleme der zwischenmenschlichen Art.

Diese hat der Killer in jedem Fall. Wolf hat die Figur konsequent von der Kindheit bis zur Ergreifung entwickelt. Im Wechsel erzählt der Autor aus der Sicht der Kommissarin und des Verbrechers, wobei der Täter stilistisch den deutlich intensiveren Charakter hat und die Szenen aus seiner Sichtweise auch deutlich spannender ablaufen. Das Katz- und Maus-Spiel mit Ann Kathrin Klaasen ist zeitweise so intensiv, dass man Gänsehaut bekommt.

Im Gegensatz zu seinen Schriftstellerkollegen Theodor J. Reisdorf und Hannes Nygaard, die sich auch mit dem Mord am Deich beschäftigen, hat man bei Klaus-Peter Wolf nie das Gefühl, einen Regio-Krimi in der Hand zu haben, obwohl natürlich die Landschaft und das Leben im Norden auch hier ihren Einfluss haben müssen. Aber man merkt die Routine des Autors, die den Leser nicht nur mit dem Grau des Nordens alleine lässt. Deshalb hat sich der Autor auch eine tadellose Wertung verdient und die Vorfreude auf Band 3 um die sympathische Kommissarin ist sicherlich berechtigt.

Ostfriesenblut

Klaus-Peter Wolf, Fischer

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