Süden und das verkehrte Kind

  • Knaur
  • Erschienen: Januar 2004
  • 6
  • München: Knaur, 2004, Seiten: 200, Originalsprache
  • München: Droemer Knaur, 2011, Seiten: 192, Originalsprache
  • Schwäbisch Hall: Steinbach, 2005, Seiten: 3, Übersetzt: Christoph Lindert
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Peter Kümmel
42°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2004

Der Schreibstil von Ani nervt

Tabor Süden von der Vermisstenstelle des Dezernats 11 der Münchner Polizei hat sich wieder mal daneben benommen. Der Roman beginnt mit einem Kontaktgespräch zwischen dem Staatsanwalt und Süden, der offensichtlich kurz vor einer Dienstaufsichtsbeschwerde steht. Bei der Vernehmung eines Verdächtigen hat er diesen tätlich angegriffen und einen seiner Kollegen krankenhausreif geschlagen. Wie es dazu gekommen ist, das erfährt man dann rückblickend in den folgenden Kapiteln.

Vermisst wird die 6-jährige Nastassja Kolb, die nach einem Streit mit der Mutter das Haus verlassen hat und seitdem nicht mehr gesehen wurde. Der Bruder des Mädchens ist verschlossen. Süden vermutet, dass er mehr weiß als er zugibt. Der Hauptverdächtige aber ist Nastassjas Vater Torsten Kolb, der von der Mutter getrennt lebt. Ein Freund des Vaters sagt aus, dass dieser seine Tochter am Tag ihres Verschwindens zum Schwimmen abholen wollte. Kolb streitet dies ab und zeigt sich bei Vernehmungen extrem unkooperativ. Er wird wegen dringenden Tatverdachts vorläufig festgenommen und verweigert seitdem die Aussage.

Es ist nichts Neues, dass der Schreibstil von Ani gewöhnungsbedürftig ist, doch so wie hier hat er mich noch in keinem seiner Bücher genervt. Ein Wolf Haas ist sprachlich ein Ästhet dagegen. Auch die Wortwahl des Autors ist mitunter schon sehr eigenartig. An die "Vermissung" hat man sich schnell gewöhnt. Doch benutzt er so verschrobene Ausdrücke wie "verschwurbelte Umstände" und schreibt von "fusseligem Leben" oder jemand "schwieg am offenen Fenster ungezügelt in die Nacht".

Keiner seiner Zeugen bringt bei Vernehmungen auch nur ab und zu einen grammatikalisch vollständigen Satz heraus. Das klingt meistens so:

"Keine Ahnung. Vor einem Jahr. Als er in den Bräu gekommen ist. Genau. Dann nicht mehr. Sicher. Nein. Okay. Was ist los? Ist er jetzt auch verschwunden?"

Glücklicherweise ist das Buch mit 186 Seiten recht kurz gehalten. Davon lassen sich getrost noch mal vier Seiten ausführlichen Gestammels eines Betrunkenen am Stück, die man überlesen kann, abziehen.

Ermittlungstechnisch tut sich nicht viel, da kommt kaum Spannung auf. Nun mag man Ani zugute halten, dass er die Lebensumstände seiner Charaktere psychologisch aufarbeitet, doch bietet er da gegenüber seinen anderen Büchern absolut nichts Neues. Wie meistens zeigt er eine Ansammlung von gescheiterten Existenzen oder Menschen, die mit ihrem Leben nicht zurecht kommen. Zerrüttete Familienverhältnisse und Kinder, die psychisch bereits einen Knacks bekommen haben. Und die Ermittler sind wie immer mehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt als mit ihrer Arbeit.

"Süden und das verkehrte Kind" ist ein Buch, das allenfalls für Ani-Fans empfehlenswert ist. Zu seinen besseren zählt es auf keinen Fall.

Süden und das verkehrte Kind

Friedrich Ani, Knaur

Süden und das verkehrte Kind

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