Eifel-Träume

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2004
  • 20
  • Dortmund: Grafit, 2004, Seiten: 314, Originalsprache
  • Frankfurt am Main: Lido, 2005, Seiten: 3, Übersetzt: Dietmar Bär, Claudia Amm & Günter Lamprecht, Bemerkung: gekürzte szenische Lesung
  • Dortmund: Grafit, 2014, Seiten: 314, Originalsprache
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Peter Kümmel
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2004

Berndorf und Baumeister in Höchstform!

Mittlerweile dürfte sich auch in Gegenden außerhalb der Eifel herumgesprochen haben, dass Berndorfs Eifel-Krimis mit dem Journalisten Siggi Baumeister als Protagonisten absoluten Kult-Status gewonnen haben. Mit "Eifel-Träume" legt der Autor den mittlerweile zwölften Band der Reihe vor, der wie fast immer in Baumeisters Garten beginnt, und der Leser erlebt einen Baumeister, der zunächst mal aus seiner Lethergie erwachen muß, um dann aber zu Höchstform aufzulaufen.

Ein Kindermord ist Gesprächsthema Nummer 1 in der Eifel, und Siggi Baumeister hat noch nichts davon gehört, denn er beteiligt sich zur Zeit nicht am Leben. Dieses für einen Journalisten unwürdige Verhalten ändert sich, als Freund Rodenstock ihm mal wieder die Leviten liest und er gleichzeitig von seinem Hamburger Magazin den Auftrag erhält, eine Story über den Kindermord zu schreiben.

Erstmals kann man die Eifel-Landkarte getrost zur Seite legen, denn als Tatort für das sensible Thema hat Berndorf den fiktiven Ort Hildenstein gewählt, und so muß man nicht wie gewohnt die minutiös geschilderten Fahrwege Baumeisters mit dem Finger auf dem Plan verfolgen. Die 13-jährige Annegret ist nicht wie üblich von der Schule heimgekommen und wird drei Tage später in einem Gebüsch unweit des Elternhauses erschlagen aufgefunden.

Was sich die Polizei im Verlauf der Ermittlungen an Fehlern und Pannen leistet, das geht nicht mehr auf die berühmte Kuhhaut. Kischkewitz, Leiter der Mordkommission und Freund Baumeisters, wird das Leben schwer gemacht von einem Kollegen, der auf seinen Posten aus ist. Dieser lässt die Leiche abtransportieren, bevor die Spurensicherung da ist, was Kischkewitz zu einem Zornesausbruch veranlasst. Doch nicht nur das: ein Bestattungsunternehmen duscht die Leiche noch säuberlich ab, bevor sie in die Gerichtsmedizin überstellt wird.

Dann verschwindet Annegrets Vater Rainer und es wird vermutet, dass er sich umbringen will. Wie so oft hat Baumeister die richtige Idee und findet den Gesuchten. Er freundet sich sofort mit ihm an und hat dadurch Zugang zu Informationen aus erster Hand. Es wirkt zwar nicht immer ganz glaubhaft, wie schnell Baumeister das Vertrauen der Leute gewinnt, doch setzen wir einfach mal voraus, dass er einen solch einnehmenden Charakter besitzt, dass Rainer und er sofort die besten Freunde sind und Rainer bereits am nächsten Tag bei ihm übernachtet, dass fast jeder sofort mit Informationen herausrückt, die er der Polizei gegenüber verschweigt und daß fast keiner dem Journalisten die Tür vor der Nase zuschlägt, wie man dies im realen Leben erwarten könnte. Deshalb ist Baumeister ja auch eine beliebte Romanfigur. Und als solche entdeckt er natürlich auch immer die Spuren, die die dusseligen Polizeibeamten übersehen haben.

Baumeister findet schnell heraus, dass es einige der Zeugen mit der Wahrheit nicht so genau nahmen. Mütter von Annegrets Mitschülern waren gar nicht zuhause, als ihre Kinder angeblich gleich nach der Schule nach Hause kamen. Auch Annegrets Mutter war zu dieser Zeit gar nicht zuhause und als Annegrets Schultasche unter ihrem Bett gefunden wird, muß man plötzlich von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen.

Aber nicht nur beruflich hat Baumeister viel zu tun. Auch sein Privatleben wird mal wieder richtig aufgemischt. Seine Ex-Freundin Vera taucht wieder auf und Tante Anni will sterben. Im letzten Band war es noch jene Tante Anni, die eines Tages plötzlich vor Baumeisters Tür stand, dieses mal ist es eine junge Frau, die behauptet, seine Tochter zu sein.

"Eifel-Träume" ist ohne Frage einer der besten Titel der Serie. Auf jeden Fall ist er der sensibelste und melancholischste. Nie vorher wurde so deutlich, wie viel autobiographische Ereignisse der Autor in seine Krimis hineinpackt.

Gut gelungen die Vermischung von fiktiven Ereignissen mit aktuellem Zeitgeschen. Die Figuren sind wie immer lebensecht. Die nebensächlichen Ereignisse lassen uns oft selbst erkennen. Denn wer hat nicht schon mal sein Faxgerät verdammt, wenn ihm wieder mal ein Angebot über künstliche Pflanzen entgegenflattert?

Der Roman endet überraschend und Baumeister löst den Fall mit einer Bravour, die ihn mehr als Psychologen denn als Journalisten sieht.

Eifel-Träume

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