Schwarze Sekunden

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2003
  • 12
  • Oslo: Cappelen, 2000, Titel: 'Svarte sekunder', Seiten: 270, Originalsprache
  • München; Zürich: Piper, 2003, Seiten: 299, Übersetzt: Gabriele Haefs
  • München: Der Hörverlag, 2004, Seiten: 4, Übersetzt: Nina Petri
Schwarze Sekunden
Schwarze Sekunden
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Wolfgang Weninger
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2003

Sprachgewalt in klaren und dennoch oft poetischen Beschreibungen

Der Inhalt von Karin Fossums "Schwarze Sekunden" ist schnell erzählt. Ein kleines Mädchen namens Ida wird in neun Tage zehn Jahre jung, schwingt sich auf sein knallgelbes Fahrrad und soll zum nächsten Kiosk düsen, sich ihr Exemplar einer Jugendzeitung abholen. Allerdings kommt sie dort nie an und sie taucht auch weder zuhause noch bei der zahlreich verstreuten Verwandtschaft auf.

Die Mutter, ohnehin ängstlich besorgt um die Kleine, schaltet die Polizei ein und Kommissar Sejer beginnt zu ermitteln.

Da hätten wir als erste Anlaufstelle die Tante der Kleinen, die mit zwei Kindern und Mann in der Ortschaft wohnt. Der halbwüchsige Tommy verzweifelt gerade, denn er hatte mit seinem neuen Opel einen Blechschaden. Diesen kann nur Willy reparieren, ein der Polizei bestens bekannter junger Mann mit zweifelhaftem Ruf, denn die Eltern Tommys absolut nicht ausstehen können.

In der Gegend kurvt auch ein behinderter Mann auf seinem Dreiradmofa herum, der alles sieht, alles hört, aber nichts erzählen kann, denn angeblich ist er stumm. Aber ihm ist alles zuzutrauen.

Sejer und sein Kollege suchen das Mädchen. Die böse Ahnung erfüllt sich, als erst das Fahrrad des Mädchens gefunden wird und danach die Leiche, gekleidet in ein hübsches, teures Nachthemd, wie aufgebahrt. Wer war der Täter?

Erfahrene Krimileser vermeinen spätestens auf Seite 82 des Buches, Täter und Tathergang zu wissen. Und damit liegen sie auch vollkommen richtig, denn so besonders tiefschürfend ist die Handlung nicht. Auch wenn Karin Fossum gelegentlich versucht, noch andere Spuren zu legen, ist die Katze frühzeitig aus dem Sack.

Wer nun meint, dass es sich nicht lohnt dieses Buch bis zur Seite 300 fertig zu lesen, der irrt gewaltig. In diesem Schmöker aus dem Piper-Verlag ist weniger die Handlung das Faszinierende, viel mehr ist es die Charakterisierung der einzelnen Personen, die von Frau Fossum in typischem Nordlandkrimistil exakt vermittelt wird, so dass man meint, die Handelnden persönlich zu kennen.

Wie schon in ihrem 1997 erschienenen Buch "Wer hat Angst vor dem bösen Wolf" dreht sich im Endeffekt alles um einen Behinderten und Kommissar Sejers Zugang zu dessen Welt. Die Einfühlsamkeit mit der Karin Fossum versucht, ein Bild des Innenlebens von Emil Johannes zu Papier zu bringen und die Bemühungen das verzweifelte Doppelleben des jugendlichen Tommy zu schildern, sind meisterlich gelungen. Im Gegensatz zu anderen skandinavischen Kriminalschriftstellern wird aber, trotz aller negativer Aspekte, dieser Roman nie depressiv.

Gabriele Haefs hat die Sprachgewalt der Autorin perfekt aus dem Norwegischen ins Deutsche übertragen. Hier benötigt es keine ellenlangen Schachtelsätze. Mit klaren und dennoch oft poetischen Beschreibungen zaubert Karin Fossum ein Bild von Situationen, die durch widrige Umstände den Lebensrhythmus der Beteiligten stören. Dadurch wird es möglich, dass dem Leser trotz der sehr linearen und durchsichtigen Handlung, bis zum bitteren Ende die Spannung erhalten bleibt.

Wer Krimis aus dem skandinavischen Raum mag, kann mit diesem Buch nichts falsch machen.

Schwarze Sekunden

Karin Fossum, Piper

Schwarze Sekunden

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