Todeszimmer

  • Random House Audio
  • Erschienen: Januar 2014
  • 8
  • New York: Grand Central, 2013, Titel: 'The Kill Room (Lincoln Rhyme 10)', Originalsprache
  • München: Random House Audio, 2014, Seiten: 6, Übersetzt: Dietmar Wunder
Todeszimmer
Todeszimmer
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Jürgen Priester
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2014

Daumen hoch! Spannung wie in alten Tagen

Todeszimmer, immerhin schon der 10. Auftritt des sympathischen Gespanns Lincoln Rhyme und Amelia Sachs, kommt überzeugend frisch, dynamisch und spannend daher. Einige Kritiker und Leser befürchteten nach (bei) den vorangegangenen Folgen einen Absturz der Reihe. Bisher ist es noch keinem Krimiautoren gelungen, eine Krimi-Reihe über 10 Folgen auf gleichbleibend hohem Niveau zu halten. Abgesehen von den Reihen, die mit der Zeit zu Karikaturen ihrer selbst geworden sind, hatten (haben) auch gute Serien ihre Durchhänger. Jeffery Deaver hat mit dem hier vorliegenden Thriller wohl die Kurve gekriegt. Wir wollen hoffen, dass das Todeszimmer nicht ein "Einzel"zimmer ist. Konfrontierte Deaver sein berühmtes Ermittlerteam in Opferlämmer mit einem Attentäter und Erpresser, muss es sich diesmal mit verdeckten illegalen Operationen eines, wenn auch fiktiven US-amerikanischen Geheimdienstes befassen.

Robert(o) Moreno ist tot. Erschossen in einem Hotelzimmer auf den Bahamas. Mit ihm starben sein Leibwächter und ein Journalist. Die lokalen Ermittlungsbehörden streben eine schnelle Lösung an (oder eine solche wird ihnen von höherer Stelle angewiesen) und werten die Tat als einen Racheakt eines Drogenkartells. Moreno, US-amerikanischer Staatsbürger, verließ schon als Kind sein Heimatland und lebte mit seinen Eltern in verschiedenen mittelamerikanischen Staaten. Ein einschneidendes Ereignis in seiner Jugend machte ihn zu einem erbitterten Gegner der US-amerikanischen Außenpolitik. In Reportagen, Interviews und in seinem Internet-Blog geißelte er die Interventionen der USA in Süd- und Mittelamerika. Parallel dazu initiierte er in diesen Ländern diverse, durch Spenden finanzierte Kleinprojekte, um ganz konkret vor Ort Hilfe zu leisten. Ein so engagierter Gutmensch mit hoher Reputation gerät zwangsläufig in den Fokus der US-Geheimdienste. Den Hardlinern einer operativen Einheit ist er ein so großer Dorn im Auge, dass sie ihn auf eine Todesliste setzen. Ein Whistleblower innerhalb der Organisation übermittelt nun nach der Ermordung Morenos den konkreten Tötungsauftrag an die New Yorker Staatsanwaltschaft.

In New York nimmt sich die - aus welchen Gründen auch immer – übereifrige Staatsanwältin Nance Laurel des Falles an. Ihr geht es in erster Linie nicht nur um die Identifizierung des Auftragskillers, sondern besonders darum, die Hintermänner (Entscheidungsträger) vor eine Grand Jury zu bringen. Sie wendet sich an Lincoln Rhyme, der aufgrund seiner Sonderstellung innerhalb/außerhalb des NYPD geradezu prädestiniert ist für heikle Fälle. Mal abgesehen von dessen kombinatorischen Fähigkeiten und den Möglichkeiten seines Hightech-Labors. Rhyme und sein Außenteam um Amelia Sachs stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Der Tatort liegt auf den Bahamas und der Informationsfluss von dort ist eher dürftig. Auch ist damit zu rechnen, dass der Tatort mittlerweile verunreinigt ist. Deshalb konzentriert sich Rhymes Team darauf, die letzten Tage des Opfers, unter anderem auch ein Aufenthalt in New York, zu rekonstruieren. Nur – plötzlich verschwinden Kontaktpersonen und potentielle Zeugen oder sie werden ermordet aufgefunden. Da scheint jemand gründlich aufzuräumen. Auch das Ermittlerteam wird von den Aktivitäten nicht verschont.

Die USA verfügen über 17 verschiedene Geheim- und/oder Nachrichtendienste, die in der Unites States Intelligence Community (wiki) zusammengefasst sind. Die bekanntesten dürften CIA, FBI, NSA oder DEA sein. Den im Roman auftauchenden "National Intelligence and Operations Service" (NIOS) hat Jeffery Deaver frei erfunden. Man weiß aber, dass deren Aufgaben, die Destabilisierung und den Sturz von unliebsamen Regierungen oder die gezielte Tötung einzelner des Terrorismus verdächtigter Personen von den realexistierenden Diensten durchgeführt wurden. So ist ein Auftragsmord, wie im Roman beschrieben, nicht das Produkt der Fantasie des Autors, sondern harte Realität. Wie umfangreich (NSA-Affäre) oder hinterfotzig (Ukraine) amerikanische Dienste operieren, zeigte sich besonders in den letzten Wochen und Monaten. Jeffery Deaver, der in seinen Romanen bisher nicht (der Rezensent kann sich irren) als Kritiker der Politik seines Landes aufgefallen war, bezieht hier eindeutig Stellung. Man will es eigentlich nicht glauben, hält es aber für wahrscheinlich, aufgrund welch dürftiger Informationen hier Todesurteile gefällt werden. Diese bedrückende Realitätsnähe macht Deavers Thriller zu einem Highlight an Spannung und Empathie.

Der Rezensent ist ein bisschen skeptisch an die Lektüre des neuen Deavers herangegangen. Doch hat der Autor ihn voll überzeugt. Die Mischung aus akribischer Detektiv-Arbeit, wohldosierter Action, nachvollziehbaren Wendungen in einem stringent erzählten Plot erinnern an die Anfangszeiten dieser fulminanten Reihe, was mittlerweile schon 17 Jahre her ist.

Meist muss man ja schreiben, dass ein Neueinstieg in eine Romanreihe bei Folge 10 wenig sinnvoll ist, aber Jeffery Deaver macht Novizen den Einstieg leicht. Die Zu- und Einordnung des Stammpersonals gelingt spielend und die Essentials aus Lincoln Rhymes bisherigen Leben sind mit wenigen Worten zusammengefasst. Es können also alle zugreifen. Es lohnt sich.

Todeszimmer

Jeffery Deaver, Random House Audio

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