Freudsche Verbrechen

  • Folio
  • Erschienen: Januar 2001
  • 4
  • Wien; Bozen: Folio, 2001, Seiten: 283, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe, 2003, Seiten: 332, Originalsprache
  • Bergisch Gladbach: Lübbe, 2008, Seiten: 2, Übersetzt: Irma Wagner
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Wolfgang Weninger
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2003

Umfangreiche Recherche und politisches Engagement

Mira Valensky frönt gerade ihrer Leidenschaft, dem Kochen, als das Telefon klingelt und eine ehemalige Schulkollegin um einen dringlichen Besuch im Wiener Freud-Museum bittet. Jammerschade um den leckeren Branzino, aber wenn es um eine Leiche geht, kann die Lifestylejournalistin ebenso wenig widerstehen. Niemand war mehr im Museum, aber irgendjemand muss die junge Frau, die hier wie in einer schaurigen Inszenierung tot auf ihrem Überseekoffer sitzt, abgemurkst und alle Hinweise auf die Person beseitigt haben. Natürlich verständigt Mira fast sofort die Polizei, aber sie kann es sich nicht verkneifen, auch ihre eigenen Untersuchungen durchzuführen und dabei findet sie in einem Buch, dass die junge Frau offenbar entlehnt hat, einen Zettel mit der Aufschrift "Birkengasse 14".

Das ist keine schlechte Wohngegend. Im dreistöckigen Haus sind mehrere Mieter untergebracht, darunter einige Studenten. Aber auch der Besitzer des Hauses, Herr Ministerialrat Bernkopf, wohnt hier mit Gemahlin und Sohn. Es wäre nicht Mira, wenn sie nicht alle Bewohner befragen wollte. Aber scheinbar hat niemand die junge Frau gekannt. Die Polizei ist bei der Klärung der Identität der Toten einen Schritt schneller. Jane Cooper, eine junge Studentin aus New York. Das veranlasst Mira sofort, sich nicht nur an ihre Zeit in New York zu erinnern, sondern auch sofort dorthin aufzubrechen, um nach den Hintergründen der Reise zu forschen. Und Mira wird fündig. In der Vergangenheit der Großmutter des Mädchens findet sich der Hinweis auf die Birkengasse und die schlimme Zeit, als Menschen jüdischer Abstammung vor den Nationalsozialismus flüchten mussten. Und wo das Wort Nationalsozialismus auftaucht, riechen die amerikanischen Printmedien sofort eine politische Sensation. Doch Mira hat mit solcher Art Berichterstattung nichts am Hut und ermittelt auf eigene Faust.

Eva Rossmann hat in ihrem Krimi "Freudsche Verbrechen" nicht nur die gerade moderne Beschäftigung mit der Psychoanalyse und deren Vater verpackt, sondern auch die Hetzkampagnen, die amerikanische Medien gegen alles und jedes führen, was in Österreich vermeintlich einen Hauch Nationalsozialismus und Antisemitismus aufweist. Deutlich zeigt sie, dass es hier nicht um die Beschäftigung mit dem persönlichen Schicksal des Einzelnen geht, sondern lediglich um populistische Schlagzeilen.

In packenden Worten hat sich die Autorin diesmal einem Thema gewidmet, das eindrücklich das Schicksal junger Frauen in diesen schwierigen Zeiten zeigt. Und dennoch ist dieses Buch kein Frauenroman, sondern ein astreiner Krimi geworden, bei dem der Leser mit Mira Valensky und Vesna Krajner auf die gefährliche Jagd nach der Wahrheit geht. Natürlich fehlt bei diesem ernsten Hintergrund der sprachliche Witz, der in "Ausgejodelt" begeistert hat. Aber die chaotischen Versuche von Journalistin und Putzfrau dem Täter auf die Spur zu kommen, sind dennoch keine bierernste Lektüre, sondern flüssig zu lesen und auch durchgängig logisch arrangiert. Auch die Spannung kommt keineswegs zu kurz und es wäre nicht Frau Rossmann, würde sie den Leser nicht nur mit Krimikost, sondern auch mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen.

Alles in allem ist der Autorin eine gelungene Fortsetzung der Mira Valensky-Reihe gelungen, bei der man nicht nur die umfangreiche Recherche und das politische Engagement hervorheben muss, sondern auch die Leichtigkeit, mit der sich Eva Rossmann auf immer wieder neues Terrain begibt und sich dort auf empfehlenswert lesbare Weise bewegt.

Freudsche Verbrechen

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