Die weiße Löwin

  • Edition q
  • Erschienen: Januar 1995
  • 67
  • Stockholm: Ordfront, 1993, Titel: 'Den vita lejoninnan', Seiten: 478, Originalsprache
  • Berlin: Edition q, 1995, Seiten: 538, Übersetzt: Erik Gloßmann
  • München: dtv, 1998, Seiten: 538
  • Wien: Zsolnay, 2002, Seiten: 559
  • München: dtv, 2005, Seiten: 541
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2007, Seiten: 6, Übersetzt: Ulrich Pleitgen, Bemerkung: gekürzt
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2008, Seiten: 6, Übersetzt: Ulrich Pleitgen, Bemerkung: gekürzt
  • München: dtv, 2010, Seiten: 541
Die weiße Löwin
Die weiße Löwin
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Thomas Kürten
74°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2003

Als Wallander einem Nelson M. helfen konnte

Der dritte Fall des schwedischen Superstars unter den Romankommissaren verbindet, sicherlich ganz zum Entzücken seines schriftstellerischen Schöpfers Henning Mankell, die Polizeiarbeit in Südschweden mit der politischen und gesellschaftlichen Situation Südafrikas unmittelbar bevor die Apartheid-Politik der burischen Minderheit beendet wurde und Nelson Mandelas ANC die Regierungsmacht im Land übernahm. Sicherlich eine Gratwanderung, zwei schon rein örtlich weit voneinander entfernt liegende Handlungen zu verknüpfen, aber das weiß Mankell in diesem Falle gut zu lösen.

Ein russisches Funkgerät, eine südafrikanische Pistole und ein dunkelhäutiger Finger

Immobilienmaklerin Louise Akerblom will am späten Freitag Nachmittag noch schnell ein Häuschen auf dem Land besichtigen bevor sie nach Hause fährt. Aber sie verfährt sich und will an einem anderen einsamen Hof nach dem Weg fragen. Leider ist sie hier nicht gerade willkommen und wird darum erschossen. Nachdem das Wochenende rum ist, meldet ihr Mann sie als vermisst - ein Fall für Wallander. Bei der Spurensuche fliegt plötzlich ein Haus in die Luft und man findet neben einem russischen Funkgerät auch eine südafrikanische Pistole und den Finger eines dunkelhäutigen Mannes. Schnell kommt es Wallander in den Sinn, dass das was mit dem Verschwinden der jungen Frau zu tun haben kann.

Rückblende und Ortswechsel. In Südafrika sind Teile der weißen Minderheit unzufrieden mit der Anti-Apartheid Politik von Präsident de Klerk. Sie wollen einen Bürgerkrieg herauf beschwören, damit die Buren weiterhin politische Macht und Kontrolle im Land behalten. Am besten scheint es ihnen geeignet, wenn ein Schwarzer den Hoffnungsträger Nelson Mandela ermordet. Also werben sie einen russischen Ex-KGB-Agenten an, um in Schweden, einem Land, das keinerlei diplomatische Beziehungen zu Südafrika unterhält, einen Berufskiller auf Herz und Nieren zu prüfen und mit einem neuen Gewehr zu trainieren. Auf geheimen Wegen wird der Mann nach Schweden eingeschleust. Aber das Versteck droht aufzufliegen, als eines Tages eine Frau auf dem einsamen Hof nach dem Weg fragen will.

Es geht um nichts Großes - nur einen Mord und den Weltfrieden

So verknüpft sich die Nachforschungsarbeit des Kommissars mit dem Weltfrieden. Killer und Ausbilder zerstreiten sich, Killer flüchtet nach Stockholm. Louises Leiche wird gefunden, Ausbilder tötet bei Banküberfall in Stockholm Polizisten. Wallander muss nach Stockholm und kommt so auf die Spur des Russen, zieht gleichzeitig aber auch seine Tochter in den Dunst des Gefahrenkreises. Der Russe will nämlich plötzlich nicht nur den südafrikanischen Killer, sondern auch den Ystader Polizisten eliminieren.

Über knapp 350 Seiten bietet Mankell alles, was es für einen richtig guten Krimi benötigt. Einen rätselhaften, spannenden Fall, dazu sein überragender Erzählstil und die bis ins letzte Detail authentisch wirkenden Charaktere. Er betont Kleinigkeiten, die die Polizeiarbeit beeinflussen, wie beispielsweise die rätselhaften Handschellen aus der Schreibtischschublade der sonst so tugendhaften Ermordeten. Und er bietet den Lesern die gesellschaftlichen Hintergründe Südafrikas, die Einsicht in das Herrschaftsdenken der Südafrikanischen Buren bringt. Und dann wird alles plötzlich ganz sonderbar.

Komplott gegen Mandela

Dem ansonsten so perfekten Russen will plötzlich gar nichts mehr gelingen. All seine Anschläge gegen den Killer und auch gegen Wallander schlagen fehl. Wallander selber macht Alleingänge und verstößt gegen Dienstvorschriften wo er nur kann, so dass er zwar öffentlich als geistig verwirrt hingestellt wird, aber noch immer weit von einer Suspendierung entfernt ist. Und erst etliche Tage nachdem Wallander von dem Mordkomplott gegen Mandela erfährt, hält er es für nötig, die südafrikanische Polizei über Interpol zu informieren. Das dann bei der Übertragung des Faxes auch noch ein Fehler passiert, ist da nur noch die Spitze des Eisbergs.

Über die Qualitäten Mankells als Autor bedarf es keines Streits. Die Gesellschaftskritik (an Schweden und Südafrika) tritt hier sogar deutlicher in den Brennpunkt des Interesses als bei den beiden Vorgängern. Aber aus irgendeinem Grund holpert der Plot plötzlich. Und was fast noch schlimmer ist, das Geschehen wird vorhersehbar. Den Guten spielt das Schicksal in die Hand, den Bösen legt es Steine in den Weg. Wie das nun mal so ist.

Empfehlenswert mit Einschränkungen

Lesenswert ist das Buch allemal. Empfehlenswert aber nur mit Einschränkungen. Größeren Gefallen werden wohl nur die absoluten Fans des schwedischen Kommissars und Leser, die sich für Südafrika allgemein interessieren, an diesem Roman finden. Neutral betrachtet ein zu zwei Dritteln guter und einem Drittel unterdurchschnittlicher Krimi.

Die weiße Löwin

Henning Mankell, Edition q

Die weiße Löwin

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