Stirb schön

  • Macmillan
  • Erschienen: Januar 2006
  • 53
  • London: Macmillan, 2006, Titel: 'Looking Good Dead', Originalsprache
  • Berlin: Argon, 2008, Seiten: 6, Übersetzt: Hans Jürgen Stockerl
  • Berlin: Springer, 2011, Seiten: 356
Stirb schön
Stirb schön
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Lars Schafft
84°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2006

Ein Thriller für die `Generation Golf`

Keine niedrige Hürde, die sich der Brite und eigentlich Krimi-Neuling Peter James selbst aufgestellt hat: Stirb ewig, James´ Krimi-Debüt und erster Fall für Inspektor Roy Grace, schlug ein in Deutschland und wurde ein Bestseller, der den entsprechenden Aufkleber im Gegensatz zu vielen anderen Thrillern nicht nötig hatte. Und: Stirb ewig ist ein Krimi-Couch-Dauerbrenner, der von Ihnen mit dem Krimi-Blitz 2005 ausgezeichnet worden ist. Eintagsfliege oder Auftakt?

Tom Bryce ist junger Familienvater, recht erfolgreich selbständig im Vertrieb von Marketing-Produkten tätig und froh, im Zug nach Hause zu seiner Frau und seinen Kindern zu sein. Ein Fahrgast lässt jedoch eine CD-Rom liegen und Tom nimmt sie mit. Zuhause siegt die Neugierde und Tom führt sie in seinen PC ein. Was er da jedoch zu sehen bekommt, eine Grusel-Vorstellung zu bizarr um real zu sein, soll nur der Anfang einer Kette von alptraumhaften Geschehnissen sein. Denn die junge Frau, die in seinem PC abgeschlachtet worden ist, wird tatsächlich einige Tage später gefunden. Besser gesagt: ihr Kopf Torso. Detective Inspector Roy Grace, ein Mann mit Hang zum Übersinnlichen wie der peniblen Polizeiarbeit, führt die Sonderkommission an, um auch den Rest der jungen Schönheit zu finden.

Grace selbst ahnt jedoch nichts von den Netz-Machenschaften, die Tom beobachten musste. Ganz im Gegensatz zu denen, die die Szene online gestellt hatten. Denn die haben sich schon lange auf Toms Versen gemacht und dass sie nicht gut zu  Scherzen aufgelegt sind, wird Tom mit jedem Login ins Internet deutlich...

 

Was hat sich zu Stirb ewig geändert?

Zwei Aspekte fallen im Gegensatz zu Stirb ewig auf: Zum einen ist die Idee für den eigentlichen Plot, ein bisschen Cyberspace-Crime mit Splatter-Beigabe, nicht mehr so zwingend zündend wie das Lebendig-begraben-werden am eigenen Junggesellenabschied. Was aber nicht heißen will, dass dem Leser der Plot bekannt vorkommt. Dafür beherrscht Peter James sein Handwerk einfach zu gut - der Roman ist von Anfang bis Ende hochspannend und fesselt trotz gelegentlicher Stereotypen Kapitel für Kapitel. 

Auf der anderen Seite hat sich James dem einzigen Manko des Erstlings angenommen und vor allem an den Charakteren gefeilt: Roy Grace als Protagonist ist weitaus fassbarer geworden, er entwickelt sich - glaubhaft - weiter und bekommt von seinem Schöpfer die ein oder andere liebenswerte Macke verpasst. Ein Date mit Preisschild am frisch gekauften Jackett in Kombination mit gelben (!) Socken ist nicht unbedingt das, was einem zu einem Kommissar auf der Suche nach der fehlenden Leiche zum passenden Kopf einfällt - aber das und die vielen Kleinigkeiten um die wichtigsten Figuren machen Stirb schön erst richtig rund.

James´ Gefühl für das tägliche Leben 

Weshalb aber Stirb schön aus dem dickpampigen Thriller-Einheitsbrei heraussticht, ist James´ Gefühl für das tägliche Leben, das genau dort spielt, wo seine Leser seine Bücher verschlingen. Roy Grace ist weder der beinharte Cop amerikanischen Vorbilds, noch der melancholisch-depressive Grübler skandinavischer Brauart. Klar, hätte er nicht auch vom Schicksal einiges aufgebürdet bekommen, wäre es langweilig. Aber er verliert nicht den Blick auf Bekannt- und Liebschaften und vor allem nicht auf den Fall.

Und auch Tom Bryce als fast-gescheiterter Geschäftsmann und Familienmensch mit hohen Zielen, viel Einsatz aber auch enormen Zweifeln ist wie aus dem Leben der Generation Golf gegriffen. Herrlich: Bryces Frau, eine ebay-Powershopperin, die selbstverständlich "nur Schnäppchen macht", damit allerdings die Haushaltskasse nahe Ebbe zurecht bestellt. Wer kann sich das bei Wallanders Tochter oder Brunettis Frau vorstellen? Nein, Mankell oder Leon sind Walkmen, wohingegen James ein iPod ist. 

Ein Thriller mit Pepp 

Stirb schön ist damit ein in allen Bereichen hochaktueller Thriller, der die Rasanz US-amerikanischer Page-Turner mit dem British Way of Life und einer gehörigen Portion Humor zu dem macht, was auch Stirb ewig bereits auszeichnete: Es gibt nicht viel im europäischen Krimi-Genre, was mehr Pepp mitbringt, als James´ Grace-Reihe.

Stirb schön

Peter James, Macmillan

Stirb schön

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