8 Fragen an:

Dr. phil. Tanja Lampa

Als promovierte Kunsthistorikerin hat Dr. phil. Tanja Lampa nach ihrem Studium der Kunstgeschichte und französischen und italienischen Philologie mehrere Jahre im internationalen Kunst- und Antiquitätenhandel gearbeitet. Seit 2007 ist sie mit Leib und Seele Übersetzerin und Lektorin. Im Anschluss an ihre akademische Ausbildung an der Universität Trier hat sie das Diploma of Translation abgelegt. Neben dem allgemeinsprachlichen Teil der Prüfung waren ihre fachlichen Spezialisierungen in dieser Prüfung Literarisches Übersetzen und Sozialwissenschaften. 2020 hat sie ihre Weiterbildung zur Lektorin bei der Textehexe Susanne Pavlovic erfolgreich abgeschlossen. Durch viele Auslandsaufenthalte in den USA, Frankreich und Italien, durch ihr Philologiestudium und besonders durch ihre Tätigkeit im Kunst- und Antiquitätenhandel sind ihr die englische, die italienische und die französische Sprache sehr vertraut. Neben ihrer Liebe zu diesen Sprachen ist es die Möglichkeit, immer wieder in neue Themenbereiche eintauchen zu können, die sie an dem Beruf der Übersetzenden und Lektorierenden besonders schätzt. Inzwischen übersetzt Dr. phil. Tanja Lampa nicht nur für Verlage, sondern arbeitet hauptsächlich mit Selfpublishern und Selfpublisherinnen aus der ganzen Welt zusammen. Auch wenn ihr Schwerpunkt dabei auf Krimis liegt, wagt sie hin und wieder auch gerne einen Abstecher in andere Genres.

Ich bin eine „Krimitante“ durch und durch und übersetze hauptsächlich Bücher dieses Genres in jeglichen Varianten.

Krimi-Couch:
Wie sind Sie zum Übersetzen gekommen? Und welche Sprachen übersetzen Sie?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Während meines Studiums der Kunstgeschichte waren lebende wie tote Sprachen unverzichtbar, sodass ich meine bereits vorhandenen Französisch- und Englischkenntnisse um die lateinische und italienische Sprache erweiterte. Neben der Kunst – und hier besonders die Malerei mit ihrer faszinierenden und facettenreichen Bildsprache – haben mich Fremdsprachen und Bücher seit jeher magisch angezogen. Nach meinem Studium habe ich ca. 10 Jahre im internationalen Kunsthandel gearbeitet, wollte mich dann aber beruflich verändern, da die vielen Reisen und Messebesuche nicht mehr mit meinem Privatleben zu vereinbaren waren. Und was hätte bei der Suche nach einem Beruf, in dem es um Bücher und Sprachen geht, näher gelegen als die Arbeit einer Übersetzerin? Anfangs habe ich hauptsächlich für Agenturen gearbeitet, während ich nebenher meine Weiterbildung vorangetrieben und schließlich mit dem Diploma of Translation abgeschlossen habe.   

Krimi-Couch:
Können Sie uns einmal grob Ihre Arbeitsweise skizzieren?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Zunächst lese ich die ersten zwei bis drei Kapitel, um ein Gefühl für Stil, Tempo usw. zu bekommen. Ich muss mich sowohl auf inhaltlicher, aber noch mehr auf sprachlicher Ebene in das Buch hineinfühlen können. Denn wenn mir das nicht gelingt, muss ich den Auftrag ablehnen, da mit der Erfahrung auch die Erkenntnis kam, dass die Stimme des Autors oder der Autorin zur Stimme des Übersetzers oder der Übersetzerin passen muss.

Ich gehöre zu den Übersetzenden, die vor dem Übersetzen das Original nicht komplett lesen, weil ich gerade bei den Krimis einfach nicht gleich wissen möchte, wie sie enden. Ich arbeite mich kapitelweise vor, sodass der Prozess des Übersetzens interessanter und spannender bleibt. Allerdings führe ich von Anfang an eine Liste mit den Begriffen, deren Verwendung zu Beginn möglicherweise nicht korrekt war.

Nachdem ich das Buch komplett übersetzt habe, lege ich es nach Möglichkeit zwei bis drei Tage zur Seite, bevor ich das Manuskript noch einmal komplett Korrektur lese.

Krimi-Couch:
Wie müssen wir uns den Austausch zwischen AutorInnen und ÜbersetzerInnen vorstellen? Oder ist das gar nicht immer erforderlich oder möglich?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Hier kommt es tatsächlich darauf an, ob ich für Verlage oder für Selfpublisher arbeite.

Habe ich während der Übersetzung eines Verlagsauftrags Fragen oder fallen mir Unstimmigkeiten im Manuskript auf, notiere ich diese und schicke sie zusammen mit der fertigen Übersetzung an den Verlag zurück. Dieser prüft dann, ob eine Rücksprache mit dem Autor oder der Autorin notwendig ist, und ob anschließend ggf. Änderungen an meiner Übersetzung erforderlich sind. Sollte dies der Fall sein, werde ich gebeten, anhand der neuen Informationen die betreffende Textstelle zu überarbeiten.

Die Zusammenarbeit mit den Selfpublishern ist intensiver, da ich hier oft bereits während der Übersetzung Zwischenfragen stelle, auf Ungereimtheiten hinweise o. Ä. Dann werden Passagen ggf. in der Originalsprache noch einmal umformuliert und ins Deutsche übersetzt.

Krimi-Couch:
Kulturelle Besonderheiten, die individuelle Sprache des Ursprungswerkes mit umgangssprachlichen Formulierungen, möglicher Zeitdruck des Verlages… Was sind die größten Herausforderungen bei der Übersetzung eines Romans?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Ich hatte bisher tatsächlich das große Glück, nie unter Zeitdruck arbeiten und mich von knappen Abgabeterminen hetzen lassen zu müssen. Die größte Herausforderung liegt m. E. in der Übersetzung von Witzen, umgangssprachlichen Formulierungen und Wortspielen. Im Original werden den Figuren durch sie ja gewisse Charakterzüge verliehen, die in der Übersetzung zu berücksichtigen sind. Ich muss also ein deutsches Äquivalent in Aussage und Wirkung finden, was oftmals ein schwieriges und manchmal sogar ein unmögliches Unterfangen ist.     

Krimi-Couch:
Was war ihr erster Krimi oder Thriller, den Sie übersetzt haben? Erinnern Sie sich noch an besondere Details aus dieser Zeit?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Meine erste Literaturübersetzung war der Krimi „Unauslöschliche Spuren“ des italienischen Autors Federico Maria Rivalta. „Un ristretto in tazza grande“ – so der Originaltitel – wurde 2013 im Selbstverlag als erster Band der Riccardo-Ranieri-Reihe veröffentlicht, die deutsche Übersetzung wurde von AmazonCrossing veröffentlicht. Während der Autor in Italien recht erfolgreich ist und bereits acht Bände herausgegeben hat, war die Resonanz der deutschen Leser eher verhalten, sodass es leider bei der Übersetzung des ersten Bandes blieb. Für mich war es jedoch der entscheidende Schritt in Richtung Literaturübersetzerin, weshalb es immer ein besonderer Roman für mich sein wird.

Krimi-Couch:
Übersetzen Sie nur Krimis & Thriller oder auch andere Genre? Haben Sie vielleicht ein Lieblings-Genre?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Ich bin eine „Krimitante“ durch und durch und übersetze hauptsächlich Bücher dieses Genres in jeglichen Varianten – Thriller, Cosy Crime, Mystery Crime usw.
Aber natürlich übersetze ich hin und wieder auch Unterhaltungs- und Liebesromane, persönliche Erfahrungsberichte oder auch Science Fiction, sofern mich Sprache und Stil der Verfassenden ansprechen und diese zu meiner Übersetzerstimme passen.

Krimi-Couch:
Technischer Fortschritt, wie Künstliche Intelligenz, verändert auch Ihr Berufsfeld. Wie sehen Sie die Zukunft von Übersetzerinnen und Übersetzern in Deutschland?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Auch wenn maschinelle Übersetzungen immer besser werden, können sie m. E. Übersetzende genauso wenig ersetzen wie Schreibenden, da sie niemals in der Lage sein werden, die persönliche Note einzubringen und zwischen den Zeilen zu lesen. Hierzu bedarf es Humor, Kreativität und Empathie – alles Fähigkeiten, die Menschen beherrschen, aber niemals durch einen Algorithmus übernommen werden können.

Krimi-Couch:
Dürfen Sie uns etwas über ihre aktuelle Arbeit erzählen?

Dr. phil. Tanja Lampa:
Ich habe gerade einen Roman von Mary Ellen Taylor übersetzt, in deren Erzählungen starke Frauen im Mittelpunkt stehen, und freue mich nun schon darauf, einen weiteren Krimi von Sally Rigby zu übersetzen. Sally wurde in Northampton geboren, lebt aber mit Unterbrechung seit 2001 in Neuseeland und schreibt sehr erfolgreich Krimis, in denen unter anderem auch ihre Heimat Großbritannien als Schauplatz dient. Jetzt möchte sie auch auf dem deutschen Buchmarkt Fuß fassen und wird ab März 2023 ihre Krimiserie um Detective Sebastian Clifford im Selfpublishing veröffentlichen.

Das Interview haben wir im Februar 2023 geführt.
Foto: © privat, Dr. phil. Tanja Lampa

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