Das süße Lied des Todes

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2007
  • 1
  • Bergisch Gladbach: Lübbe, 2007, Seiten: 395, Übersetzt: Sybille Martin
  • Bergisch Gladbach: Lübbe, 2009, Seiten: 400, Übersetzt: Sybille Martin
Das süße Lied des Todes
Das süße Lied des Todes
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Sabine Reiß
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2007

Bleibt hinter den Vorgängern zurück

Für jeden Menschen ist es wahrscheinlich eine Katastrophe, wenn einem ein wichtiges Arbeitsgerät abhanden kommt, noch schlimmer, wenn es sogar gestohlen wird. Aber fast alles ist wieder beschaffbar. Für die Polizistin Petra Delicado von der Polizei in Barcelona ist jedoch mehr als ein Desaster, als ihr bei einem Einkaufsbummel ihre Dienstwaffe gestohlen wird, denn so etwas darf einfach nicht passieren. Ein kleine Diebin nutzte die Gelegenheit, als die Inspectora ihre Handtasche leichtsinnig in der Toilette an einen Haken hängte. Sie nahm die Verfolgung des Mädchens auf, jedoch ohne Erfolg. Ein anderes Mädchen in etwa demselben Alter, das mit seinem Kindermädchen in Einkaufszentrum unterwegs war, kann die junge Diebin in der Kartei eines Kindernotdienstes identifizieren. Nun hat diese zumindest einen Namen, sie nannte sich Delia und stammt aus Rumänien, doch die Suche nach der Pistole bleibt weiterhin erfolglos.

Inspectora Petra Delicado und Subinspector Fermín Garzón treffen sich mit einem Informanten, der sie zu einer Schneiderwerkstatt schickt, in der viele rumänische Frauen arbeiten und von der aus ein Kinderpornoring operierte, der jedoch bereits als von der Polizei zerschlagen galt. Hier weiß niemand etwas über das Mädchen. Als die Leiche eines Mannes gefunden wird, der mit der gestohlenen Dienstwaffe erschossen wurde, nehmen die Ermittlungen wenigstens einen offiziellen Charakter an. Die Spur führt ins Zuhälter-Milieu, der scheinbar gezielte Schuss traf das Mordopfer noch dazu mitten in die Genitalien. Petra und Fermín versuchen, die Frauen in der Textilwerkstatt mit Fotos, auf denen Kinderpornographie abgelichtet wurde, zum Reden zu bringen. Mit Erfolg. Eine Frau meldet sich, die von einer ehemaligen Arbeitskollegin berichtet, die der Razzia entkommen war. Sie finden diese in ihrer neuen Wohnung - tot - erschossen mit Petra Delicados Waffe...

Die Dialoge sind das Salz in der Suppe

Alicia Giménez-Bartlett nimmt sich hier eines erschütternden Themas an: illegale Einwanderung und Kinderpornographie. Mit viel Fingerspitzengefühl zeigt sie die Ohnmacht der spanischen Polizei gegen diese Machenschaften auf. Ihren Handlungsbogen baut sie konsequent und durchdacht auf und dennoch fehlt es an der nötigen Spannung. Die Ermittlungen plätschern im Mittelteil nur sehr langsam dahin, was wahrscheinlich die reale Polizeiarbeit wiedergibt, aber bitte, wer will das lesen?

Versöhnt wird man wenigstens halbwegs mit den witzigen Dialogen der beiden Hauptfiguren, in deren Kreis sich nun noch zwei junge Polizistinnen eingefunden haben, die das eingeschworene Team Petra und Fermín unterstützen. Besonders amüsant ist es  zu lesen, wenn Inspectora Petra der jungen Kollegin Tipps im Umgang mit deren Liebhaber geben soll, der ihr eigener Verflossener ist - sie, die zwischenmenschlich nicht gerade die totale Annäherung begrüßt (mit Ausnahme von ihren gelegentlichen Liebschaften und ihren beiden geschiedenen Ehen). Die von der Autorin gewählte Ich-Perspektive unterstützt die Erzählung in diesen Punkten besonders gut.

Petra Delicado ist zuweilen zynisch, aber keineswegs verbittert, sagt, was sie denkt und geht weder mit sich noch mit anderen äußerst rücksichtsvoll um. Dabei gesteht ihr die Autorin dennoch einen liebenswerten Charakter zu, der vom Leser mit Sympathiepunkten belohnt wird. Ihr Arbeitsverhältnis mit Fermín Garzón ist inzwischen schon stark gefestigt und sie hat einen Vertrauten in ihrem Kollegen gefunden. Dabei war der Start der Zusammenarbeit gar nicht so einfach; die beiden mussten sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Wesenszüge am Anfang schon zusammenraufen.

Alicia Giménez-Bartletts Stärke bleibt nach wie vor die Dialogführung ihrer Protagonisten sowie die Beschreibung von Situationen. Ihre Figuren haben das Herz auf dem richtigen Fleck und sind humorvoll, aber nicht zu skurril skizziert. Dass im vorliegenden Band der Kriminalfall auf der Strecke bleibt, erscheint wie ein Rückfall in die Anfänge der Serie, wo eine solche Schwäche der Unerfahrenheit der Autorin zugeschrieben werden konnte. Das süße Lied des Todes ist in Sachen Spannung hoffentlich nur ein kleiner Ausrutscher und der Folgeroman, sollte es einen geben, darf ruhig wieder an die Vorgänger in der Serie anknüpfen.

Das süße Lied des Todes

Alicia Giménez-Bartlett, Lübbe

Das süße Lied des Todes

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