Die Burg

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2007
  • 13
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2007, Seiten: 256, Originalsprache
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Thomas Kürten
66°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2006

Die Seifenoper geht weiter

Die Welt ist wieder in Ordnung.

In Kleve ist ein britischer Historienverein zu Gast, der an der Schwanenburg sein Zeltlager aufgeschlagen hat und dort das Mittelalter wieder aufleben lässt. Als Dankeschön für die Gastfreundlichkeit wollen die Engländer am Wochenende ein Spektakel aufführen: In historischen Kostümen soll eine Szene aus dem 80-jährigen Krieg zwischen Spanien und den Niederlanden nachgestellt werden. Hunderte Zuschauer von Nah und Fern werden von der Veranstaltung angezogen und auch Toppe, Astrid und Töchterchen Katharina schauen sich das Kostümfest an. Beim Anrücken der Militia werden die ersten Platzpatronen abgefeuert, doch plötzlich detoniert genau unter der Ehrentribüne eine echte Bombe. Drei Tote und viel Schwerverletzte stürzen die Organisatoren, die Gäste von der Insel, alle Besucher und nicht zuletzt auch die Klever Polizei in schiere Verzweiflung.

Aber die Welt ist wieder in Ordnung.

Denn für die Fans des Autorentrios vom Niederrhein gibt es wieder genau das, was man sich gemeinhin wünscht. In Gnadenthal gab es nicht viel neues vom KK11 der Klever Polizei, außer dass Ackermann, Sinnbild für den Niederrheiner an sich, plötzlich eine Vorliebe für rosa Jeans entwickelt hat. Nun wird die Seifenoper wieder fortgesetzt. Toppe übernimmt endgültig die Leitung des KK11; van Appeldorn und dessen Frau Ulli sehen Elternfreuden entgegen; Ackermann kennt sowieso wieder Land und Leute und sorgt mit seinem Dialekt dafür, dass alle bis dato unbekannten Figuren einen Hintergrund erhalten; und Peter Cox, bislang eher unscheinbar, verbindet mit der englischen Kollegin Penny Small sehr schnell mehr als nur eine berufliche Zwecksliaison.

Die Welt ist nun einmal in bester Ordnung.

Das Autorengespann bringt genau das, was die treue Leserschaft wünscht. Gratulation, das ist gelungen. Nach inzwischen zwölf Romanen kann man auch ohne weiteres von einer gewissen handwerklichen Routine sprechen, die durchaus überzeugen kann. Die Dialoge sind knackig, Sätze sitzen, Phrasen werden gedroschen und Ackermann kloppt mal wieder seine Sprüche. Ach, ist es nicht schön, wenn man genau das geboten bekommt, was Leenders/Bay/Leenders schon seit Jahren einer treue Fangemeinde beschert hat? Und tatsächlich, die Soap vom Niederrhein kann ansteckend sein. Und dabei können der Kriminalfall und die Ermittlungen schon mal in den Hintergrund gerückt werden.

Aber wie viel Spaß macht eine Welt in bester Ordnung?

Die Ermittlungen der Klever Polizei laufen nämlich zunächst ziemlich orientierungslos. Kein Wunder, wenn man zunächst von einem Terroranschlag und weiterer Bedrohung ausgehen muss, dass Toppe und seine Leute nicht den richtigen Ansatz finden. Die Lösung kann aufgrund der schweren Verletzung einer Schlüsselperson und der langwierigen Auswertung von Fotos von der Veranstaltung erst im Schlussviertel angegangen werden. Erst hier entdecken Toppe und seine Mannen ein Motiv für den Anschlag. Dass dann der Täter recht schnell gefunden ist, kann als Indiz für einen zwar spektakulären, aber wenig komplexen Fall herhalten. Nach dem relativ komplex aufgebauten Gnadenthal ein Schritt zurück. Dafür eben wieder großes Gewicht auf die Entwicklung der Charaktere. Das hält die Leserschaft bei der Fahne. Was kümmert es, wenn die eigentliche Krimihandlung dabei dürftiger ausfällt?

Ist doch alles in bester Ordnung.

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