Rückkehr aus dem Reich der Toten

  • Wunderlich
  • Erschienen: Januar 1999
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  • New York: Delacorte Press, 1997, Titel: 'Cold Case', Seiten: 385, Originalsprache
  • Reinbek bei Hamburg: Wunderlich, 1999, Seiten: 522, Übersetzt: Erika Ifang
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2000, Seiten: 522, Übersetzt: Erika Ifang
Rückkehr aus dem Reich der Toten
Rückkehr aus dem Reich der Toten
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Michael Drewniok
50°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2010

Familien-Krimi-Drama nach bekannter Dramaturgie

Carlotta Carlyle, Taxifahrerin und Privatdetektivin aus Boston im US-Staat Massachusetts, soll für Adam Mayhew seine Nichte Thea Janis suchen. Die 14-jährige Bestseller-Autorin erregte mit nur einem Buch Aufsehen wurde umgebracht - im Jahre 1971! Nun sind Fragmente eines weiteren Janis-Werkes aufgetaucht, das anscheinend in jüngster Zeit entstand. Hat Thea ihren Tod nur vorgetäuscht und ist untergetaucht?

Carlotta übernimmt den Fall und gerät dabei in die Mühlen der Politik. Thea Janis gehörte zum Cameron-Clan, der in Boston seit Generationen das Sagen hat. Das derzeitige Oberhaupt, Garnet Cameron - Theas älterer Bruder -, will gerade Gouverneur werden. Alle Familienmitglieder schweigen sich vor Carlotta aus oder lügen. Garnets selbst versucht, Carlotta, die lästige Detektivin, einzuschüchtern und loszuwerden.

Er gibt Ruhe, als seine Noch-Gattin entführt wird. Während Garnet mit den Kidnappern und dem FBI beschäftigt ist, findet Carlotta Beweise dafür dass ein hochrangiger aber korrupter Polizist 1971 auf Anweisung der Camerons eine falsche Spur gelegt hat. In der Tat wurde Thea gar nicht ermordet, sondern ist mit dem Gärtner der Camerons durchgebrannt ist. Diese schmachvolle Episode der Familiengeschichte wurde getilgt; die Polizei gab eine zufällige Unfalltote als Leiche Theas aus.

Nach seinem Geständnis begeht MacAvoy Selbstmord. Für Carlotta überschlagen sich nun die Ereignisse: Manley meldet sich bei ihr und gibt vor, neue Beweise für eine quicklebendige Thea Janis entdeckt zu haben. Als Carlotta ihn im Strandhaus der Camerons aufsucht, findet sie ihn erschlagen vor. Dringend der Tat verdächtig: der junge Alonso, nach Carlottas Recherchen der Sohn Theas und ihres damaligen Geliebten!

Thea könnte noch am Leben und sogar Mutter geworden sein. Mehrere Morde deuten an, dass sie oder ihr Kind oder beide in Ruhe gelassen werden wollen. Carlotta lässt in ihrer Suche nicht nach - und öffnet damit die Büchse der Pandora bzw. der Camerons, die allen Grund haben, ihre Familiengeheimnisse unter Verschluss zu halten ...

Die Wurzeln des Klischees

Schon die frühe Carlotta Carlyle reihte sich einerseits konventionell in die Schar US-amerikanischer Privatdetektive ein. Sie ist nicht mehr ganz jung, Single, sarkastisch, unbestechlich und chronisch abgebrannt. Ihre Fälle beginnen - ebenfalls den Regeln des Genres folgend - als reine Routine, um sich rasch in finstere, verwickelte Komplotte zu verwandeln, was die Heldin mindestens einmal, üblicherweise im obligatorischen großen Finale, in Lebensgefahr bringt.

Mit erstaunlicher Konsequenz . oder beklagenswerter Dickfelligkeit hielt Linda Barnes zwei Jahrzehnte an dieser Formel fest. Die fatale Konsequenz: Kennt man einen Carlotta-Carlyle-Roman, kennt man sie im Grunde alle. In dieselbe Sackgasse sind schon vor Barnes viele Krimiautoren geraten. Einige verstanden es, aus der Not eine echte Tugend zu machen; von vielen Klassikern erwartet das Publikum förmlich einen Fall nach Schema F. Doch die Carlyle-Reihe war so nicht angelegt.

In Rückkehr aus dem Reich der Toten ist ein Drang, sich von liebgewonnenen aber letztlich alten Zöpfen zu trennen, durchaus erkennbar: Carlotta fährt kein Taxi mehr, da ihre zweite Heimat während eines Gangsterkrieges niedergebrannt ist (s. Carlotta geht ins Netz). In dieser Auseinandersetzung wurde Carlottas Gelegenheitslover Sam Gianelli schwer verletzt und hat sich auf einen ausgedehnten Erholungsurlaub begeben. Dadurch entfallen die in früheren Romanen ausgewalzten Ringkämpfe Carlottas mit ihrem Gewissen, weil sie, die moralisch und finanziell unbestechliche Detektivin, sich ausgerechnet mit einem Mafia-Kronprinzen eingelassen hat.

Auch Paolina, Carlottas Pflegetochter und nervender Prototyp des störrischen US-Teenagers, inszeniert ihre Rebelliönchen angenehm weit entfernt in einem Ferienlager. Sogar die üblichen feministischen Solidaritätsbekundungen bleiben verhalten, da sich Carlottas Chefin, die dicke, lahme, aber ach so tapfere Erdmutter Gloria nur kurz und per Telefon in die Handlung drängelt.

Rückkehr aus dem Reich der Toten

Linda Barnes, Wunderlich

Rückkehr aus dem Reich der Toten

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