Cold Water

  • Suhrkamp Nova
  • Erschienen: Juni 2019
  • 2

Peter Torberg (Übersetzung)

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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2019

Sean Duffys Letzter Fall?

Mit dieser Frage ködert der Suhrkamp Verlag die Leser, wobei es äußerst schade wäre, wenn diese hervorragende Serie ihr Ende fände. Immerhin, zunächst als Trilogie angelegt, erscheint mit „Cold Water“ bereits der siebte Band der Sean-Duffy-Reihe. Doch die Ausgangslage hat sich geändert. Die 1980er Jahre sind vorbei, und damit vielleicht auch die Troubles, welche im letzten Jahrzehnt in Nordirland rund 1200 Mordopfer forderten. So gilt es, den Blick in die 1990er Jahre zu richten, und das neue Jahr fängt für Duffy gut an.

Noch eine Woche Arbeit, dann können er und sein Partner John McCrabban in den Ruhestand gehen. Zumindest fast, denn um ihre 20 Dienstjahre zu erfüllen, und damit den vollen Pensionsanspruch zu erhalten, wechseln sie in die Teilzeitreserve, um dann noch einige, wenige Jahre sieben Tage im Monat zu arbeiten; allerdings nicht mehr als Detectives. Sean Duffys größter Wunsch dürfte sich erfüllen, er hat seinen Dienst bei der Carrickfergus RUC als „katholischer Bulle“ überlebt. Nun folgt der Umzug mit Beth und Tochter Emma nach Portpatrick, Schottland.

„Er meinte, die Tinkermädchen würden doch andauernd verschwinden, und keinen würde das einen Scheiß interessieren. Außer dass er, ähm, nicht Scheiß gesagt hat.“

„Und was meint der Chief Inspector, was wir tun sollen?“

„Nichts. Wir sollen den Papierkram zu dem Überfall zu den Akten legen und im Computer registrieren und uns dann höflich von der Bühne verabschieden und die Abteilung Sergeant Lawson überlassen.“

„Weil sich niemand einen Scheiß für eine vermisste Tinkerin interessiert?“

„So der Kern seiner Bemerkungen.“

Bevor Duffy aber sein Büro an Sergeant Lawson übergeben kann, gilt es noch einen allerletzten Fall zu lösen. Ein 15-jähriges Tinkermädchen namens Kat McAtamney wurde am 30. Dezember zuletzt gesehen, nun hat man ihren Wagen im Bann River gefunden. Von dem Mädchen fehlt jede Spur, aufgrund des Hochwassers kann ihre Leiche bereits im Atlantik treiben.

Leiche? Sean Duffy ist fest überzeugt, es mit einem Mordfall zu tun zu haben. Im Kats Auto, sie hatte es bei dem Erwerb einer vorzeitigen Fahrerlaubnis mit ihrer Altersangabe nicht so ganz korrekt genommen, findet sich ein Tagebuch, welche völlig durchnässt ist. Die Namen und Telefonnummern von drei Männern sind jedoch noch gut lesbar. Ältere Männer, die mit dem attraktiven Mädchen offenbar ein Verhältnis hatten. Duffy ist überzeugt, dass einer von Ihnen der Mörder sein muss.

Ungewohnter Plot, aber für Duffy-Fans dennoch Pflicht

Die Ausgangslage ist ungewöhnlich, denn Duffy, McCrabban und Lawson ermitteln in einem Mordfall ohne Leiche, wobei McCrabban und vor allem Lawson ihre Zweifel haben, ob ein Kapitalverbrechen überhaupt vorliegt. Man befragt die drei verdächtigen Männer ohne Erfolg, kurze Zeit später erneut, doch auch diese Befragungen bringen die Ermittlungen nicht voran. Der Ausgang des Plots könnte einige Leser überraschen, wenngleich vermutlich nur teilweise. Und so ist es schon ein wenig überraschend, dass zunächst auf einer äußerst dünnen Ausgangslage basierend überhaupt derart umfangreich Ermittlungen eingeleitet werden. Aber so ist Duffy; es ist sein letzter Fall als Detective, also muss eine Lösung her.

„Zeit, weiterzuziehen. In etwas mehr als einem Jahr würde ich vierzig sein, doch in Nordirland sind vierzig wie andernorts fünfzig, und vierzig Jahre und nordirischer Polizist war wie sechzig. Und ich war außerdem katholischer Polizist, rechnen Sie sich das mal selbst aus.“

Neben dem durchaus spannenden Plot findet sich alles, was der Sean-Duffy-Fan lesen möchte. Sogar eine ruhende Einheit der Official IRA wird nach vielen Jahren wieder aktiv. Ein Zeichen, dass Duffy in ein weiteres Wespennest gestochen hat. Auch der neue Nachbar in Portpatrick macht zunächst Probleme, die kurzerhand aus der Welt geschaffen werden. Wer als katholischer Polizist viele Jahre bei der protestantischen Carrickfergus RUC überlebt hat und dies noch dazu in den 1980er Jahren als Topziel der IRA, dem macht auch ein durchtrainierter Nachbar keine Angst.

Fazit:

„Cold Water“ setzt die Sean-Duffy-Reihe kongenial fort, wenngleich sich die Ermittlungen lange im Kreis zu drehen scheinen und es unrealistisch erscheint, dass bei einem Mord ohne Leiche derart intensiv ermittelt wird. Dagegen helfen erneut viel Whisky und natürlich viel Musik. Allein wie sich Duffy abfällig über die moderne Musik äußerst, ist einmal mehr köstlich zu lesen. Bleibt zu hoffen, dass wir Duffy auch in den 1990er Jahren bei seiner Arbeit begleiten dürfen. Ganz auszuschließen ist es nicht, denn ein „Hilferuf“ des unerfahrenen Lawson bei künftigen Ermittlungen scheint recht wahrscheinlich.

Cold Water

Adrian McKinty , Suhrkamp Nova

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