"Relax" vs. "Extrem" -
Gegensätzlicher können Krimis nicht sein.

von Jochen König

Zwischen luftigen Gärten und Schraubstöcken

„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“, raunte Goethes Faust, bei der britischen Autorin Val McDermid dürften es noch einige mehr sein. 1987 begann sie ihre literarische Karriere mit den Romanen um die lesbische Journalistin Lindsay Gordon,  fünf Jahre später startete die Serie mit der Privatdetektivin Kate Brannigan. Dazu gesellten sich epische, psychologische Thriller mit einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik. Besonders populär und gelungen sind „Ein Ort für die Ewigkeit“ (1999) und „Echo einer Winternacht“ (2003). 1995 betrat das Paar Tony Hill und Carol Jordan die Szene und wurde zum größten kommerziellen Erfolg der Autorin.

Für das Gegensatzpaar Relax/Extrem bietet sich ein Roman der Kate Brannigan-Reihe und das Debüt „Lied der Sirenen“ um den Polizeipsychologen Tony Hill und die taffe Polizistin Carol Jordan geradezu an. Während Kate Brannigan eine feministische, lässige Variation des klassischen, hartgesottenen Privatdetektivs mit einem Herz aus Gold darstellt, beginnt die Hill/Jordan-Serie mit einem äußerst brutalen Serienkiller-Thriller, der die Grenzen literarischer Gewaltdarstellung zu Unterhaltungszwecken unverhohlen auslotet.

  • Krimi "Relax"

    Val McDermid

    Luftgärten

    Mit Verve durch die Finanzkrise

    Nach einem nicht ganz so gelungenen Ausflug in die Musikszene Manchesters, führt Kate Brannigans zweiter Auftritt in die Baubranche und die nicht ganz so hohe Welt der Finanzen und Bilanzen. Was mit verschwundenen Wintergärten eher wie ein Witz in der Tageszeitung beginnt, wächst sich zu einem durchaus gefährlichen Unterfangen für die rührige Detektivin Brannigan aus.

    Trockener Humor, ein solider, wenn auch nicht nervenzerrender Spannungsbogen und einiges an Infos über unseliges Finanzgebaren sorgen für eine lockere Lektüre, die man guten Gewissens „anregend“ nennen kann.

    zur Rezension auf Krimi-Couch.de

  • Krimi "Extrem"

    Val McDermid

    Das Lied der Sirenen

    Wer die spanische Inquisition ruft, bekommt sie auch

    Als in Bradfield mehrere Homosexuelle ermordet werden, wird Psychologe und Profiler Tony Hill hinzugezogen, um das Team von DI Carol Jordan zu unterstützen. Der intelligente, smarte aber alles andere als unkomplizierte Hill  arrangiert sich schnell mit der klugen und taffen Polizistin Jordan, latente erotische Anziehungsmomente inklusive. Der Beginn einer langen, erfolgreichen, mehrbändigen Zusammenarbeit, die auch ihren Weg ins Fernsehen fand.

    Der Serienkillerfall folgt bekannten Bahnen, doch ist Val McDermid versiert und begabt genug, daraus einen spannenden, finsteren, Roman zu bauen. In dem die Komik hintergründig bleibt, Dramen vielfältig sind und das Gewaltlevel grenzwertig ist.

    Möglicherweise als Anpassung an einen sich wandelnden Publikumsgeschmack lässt McDermid berserkerhaft Glieder reißen, Körper verstümmeln und Knochen brechen. Keine (literarische) Distanz, sondern mitten hinein ins Gekröse. Dass ein Killer, der für seine Folter- und Mordtaten die spanische Inquisition zum Vorbild hat, zum gnadenlosen Experimentieren neigt, ist eine Sache. Dass die Autorin ihm dabei detailliert folgt, eine andere. Ob diese Lust an Zerstörung das Lesevergnügen steigert oder schmälert liegt wie so oft in den Augen der Betrachter*innen. Der geneigte Rezensent würde sagen, „trotzdem lesenswert“, aber in jedem Fall extremer Lesestoff.     

    zur Rezension auf Krimi-Couch.de

 

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Fotos: istock.com / teekid

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