Nora Miedler

Mäuse und Musen in der Falle

11.2010 Nach dem (verdienten) Überraschungserfolg mit Warten auf Poirot erscheint jetzt mit Die Musenfalle der zweite Roman der österreichischen Autorin Nora Miedler. Warum sie diesmal eher auf Raymond Chandlers Spuren wandelt und welche Rolle Agatha Christie trotzdem spielt, verrät Nora Miedler Krimi-Couch Redakteur Jochen König im Interview.

Krimi-CouchDie Musenfalle ist Ihr zweites Buch und ist gerade in der Gegenwart angelangt. Es ist jetzt zwei Monate draußen und die Erstpräsentation ist vorbei. Wie war die Resonanz bislang?

Nora Miedler: Gut. Wirklich gut, ich kann mich überhaupt nicht beklagen. Es wurde witzigerweise ein Genrewechsel, den ich mir gar nicht bewusst gemacht habe. Mir war schon klar, dass ich jetzt von der Konstellation her etwas anderes schreibe als Warten auf Poirot, aber dass das Aufmerksamkeit erregt, auch unter den Lesern, war mir im Vorfeld überhaupt nicht klar. Und auch insofern ist gerade der Genrewechsel gut angekommen, dass anscheinend ja doch mehrere Autoren beim zweiten Roman den ersten etwas aufwärmen. Ich finde es schön, dass jedes Mal besprochen wurde, dass das bei mir eben nicht der Fall war.

Krimi-Couch: Es wäre ja auch naheliegend gewesen, nach Warten auf Poirot wieder etwas in der Konstellation zu schreiben, da das Buch ja auch sehr gute Kritiken bekommen hat. Warten auf Poirot spielt natürlich auf Agatha Christie an. Bei Musenfalle kam einem Leser bei amazon ebenfalls der Verweis zu Christies Mausefalle in den Sinn. Ist der tatsächlich vorhanden? Ich sehe Musenfalle eher in der Tradition Chandlers als in der Agatha Christies.

Nora Miedler: Ist es auch. Aber es ist dennoch drin. Es war einfach eine Spielerei von Ariadne-Verlagschefin Else Laudan und mir, der Titel kommt auch von ihr. Wir dachten einfach, es wäre trotz Genrewechsel ganz witzig, nochmal Agatha Christie in den Titel zu bringen. Und das eben mit der Mausefalle, weil das ja ihr berühmtestes Theaterstück ist, und es in meinem Buch ja auch um Theater geht. Und daraus entstand dann Die Musenfalle. Aber das war eigentlich ein Insiderspiel, und ich fand es sehr schön, dass die Leserin auf amazon darauf gekommen ist.

Krimi-Couch: Darauf wäre ich jetzt nicht sofort gekommen. Stichwort Theater: Die Musenfalle, Lilly Sommer, Dino Winter kommen ja alle aus dem Theater oder zumindest aus dem Filmmilieu. Sie selbst sind auch Schauspielerin. Da liegt natürlich die Frage nahe: Inwieweit spielen Ihre eigenen Erfahrungen mit dem Film- und Theaterbusiness eine Rolle?

Nora Miedler: Ja, schon. Nicht gänzlich natürlich. So weit wie Dino Winter habe ich es nie gebracht, für den Oscar nominiert zu werden. Aber ich weiß, wie Schauspieler ticken. Vor allem Schauspieler in Österreich, die nicht den ganz großen Sprung geschafft haben. Das ist das Umfeld, in dem ich mich eher bewege. Es ist vieles von mir dabei. Eine Rezensentin hat angesprochen, dass ihr das Buch zwar sehr gut gefallen hat, aber es wäre ihr fast zu klischeehaft: Die viele Trinkerei im Buch. Das mag ein Klischee sein, ist aber ein Wahres. Das habe ich alles so erlebt.

Krimi-Couch: Gibt es für die Theatergruppe der Frieda Bernhard, die ja in dem Buch eine wichtige und zentrale Rolle spielt, die ja selbst noch eine Erzählstimme bekommt, ein reales Vorbild?

Nora Miedler: Ja, gibt es. Wobei ich versucht habe, zu recherchieren und leider nicht viele Informationen bekommen habe. Das ist Ariane Mnouchkine, eine Französin, die schon seit mehreren Jahrzehnten so eine Gruppe leitet, die wirklich zusammen wohnen und politisches Theater machen. Das habe ich bei mir nicht mit reingebracht. Sie soll wirklich ganz großartig sein. Aber ich kann leider nicht viel über sie sagen, ich habe zu wenig Informationen bekommen. Aber die Idee stammt daher.

Krimi-Couch: Die Namensgebung: sehr mutig! Die Hauptfigur heißt Sommer, die eigentlich größte Nebenfigur heißt Winter und der Tarnname von Lilly Sommer ist Herbst. Wieso? Gibt es dafür einen Grund?

Nora Miedler: Ja. der Grund war der eine absichtlich doofe Scherz, mit dem Lilly Dino angebaggert hat: Was ergeben Winter und Sommer? Zusammen ein großartiges Naturschauspiel! Ich habe lange überlegt, welchen Namen ich ihr gebe und kam dann auf Sommer. Dann habe ich überlegt, dass sie ihm gegenüber einen blöden Anmachspruch macht. Und das fand ich eben schön blöd, deshalb musste er Winter heißen. Ja, und dass sie sich Herbst nennt, so ist sie halt. Ein bisschen kindisch, ein bisschen verspielt, und das war dann die logische Schlussfolgerung.

Krimi-Couch: Noch eine Frage zu Warten auf Poirot: Gerade von der Lokalität und vom Aufbau her ist es ja wie gemacht für ein Drehbuch. Gibt es da irgendwelche Pläne oder Anfragen?

Nora Miedler: Ja, es gibt mehrere Anfragen, zu denen ich aber bis jetzt nichts sagen kann. Ich selbst schreibe kein Drehbuch. Noch nicht.

Krimi-Couch: Aber es bietet sich ja auch wirklich an: ein Frauenquintett im Schnee …

Nora Miedler: Ja, ich finde aber, dass sich Die Musenfalle auch anbietet. Weil ja doch fast alles in Wien spielt. Man müsste es nicht aufwändig irgendwo im Ausland drehen.

Krimi-Couch: Wenn ich das richtig gehört habe, haben sie derzeit noch ein anderes Buch in Planung? Und zwar beim Ullsteinverlag. Das wird wohl kein Krimi sein?. Können sie mir dazu ein bisschen erzählen?

Nora Miedler: Es nennt sich Frauenroman. Wobei ich bei dem Wort Frauenroman sofort einen zuckerrosa Umschlag mit Stöckelschuhen und Lippenstift vor mir sehe. So wird es nicht. Es wird eher ein kleiner Verriss über gängige Frauenromane und alles ein bisschen anders. Die Hauptfigur ist eine Frau, es gibt keine Krimihandlung und darum ist es eben gleich ein Frauenroman.

Krimi-Couch: Trotzdem warten wir schon gespannt. Gibt es denn schon ein Veröffentlichungsdatum?

Nora Miedler: Herbst 2011.Das Buch ist fertig, wir sind gerade im Lektorat. An der Fortsetzung schreibe ich demnächst auch schon. Die kommt auch fix bei Ullstein raus, 2012 dann. Das ist sehr schön, denn ich weiß, was ich die nächsten zwei Jahre mache.

Krimi-Couch: Wo wir gerade bei Fortsetzungen sind: Werden denn Lilly Sommer und Dino Winter als Ermittlerpaar eine Neuauflage erfahren? Oder ist da nichts geplant?

Nora Miedler: Ich plane schon, ich fände es sehr schön. Ich habe auch sicherlich nicht meinen letzten Krimi geschrieben. Es ist nicht so, dass ich jetzt nur noch Frauenromane schreibe. Ich hänge ja sehr am Krimi und hatte auch schon beim Schreiben im Kopf gehabt, dass die beiden wieder was miteinander machen könnten.

Krimi-Couch: Aber konkret ist noch nichts in Planung?

Nora Miedler: Nein, noch kein Datum.

Krimi-Couch: Liebe Nora Miedler, die Krimi-Couch dankt fürs freundliche Interview!

Das Interview führte Jochen König im November 2010.

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