Kennedy-Syndrom

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2011
  • 3
  • Meßkirch: Gmeiner, 2011, Seiten: 420, Originalsprache
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Andreas Kurth
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2011

Menschliche Dramen im Schatten der Weltgeschichte

Die in der Schweinebucht gescheiterte Invasion Kubas war der erste spektakuläre Fehlschlag des Jahres 1961 für die Außen- und Sicherheitspolitik John Fitzgerald Kennedys aber keinesfalls der letzte. Folgerichtig beginnt dieser Thriller um die letzten Stunden vor dem Bau der Berliner mit einem Prolog wenige Tage nach dem Desaster an den kubanischen Stränden. Schon bald darauf sind einige Männer auf Schlüsselpositionen der CIA fest entschlossen, ihren verächtlich "Appeaser" genannten jungen Präsidenten zu einer Konfrontation mit dem kommunistischen Ostblock zu zwingen. Ziel der Verschwörung ist die freie Frontstadt West-Berlin, wo sich zwei Morde ereignen. Hauptkommissar Tom Sydow und seine Kollegen sehen zunächst keinen Zusammenhang zwischen dem Toten in der S-Bahn am Wannsee und in einem Kofferraum auf einem Tempelhofer Schrottplatz. Schon bald mehren sich jedoch die Anzeichen für eine Verwicklung des amerikanischen Geheimdienstes in die Vorfälle. Für Sydow, seine Kollegen und seine Familie kommt es zu dramatischen Stunden im Schatten der weltpolitischen Ereignisse.

Das bereits vierte Buch von Uwe Klausner um seinen Berliner Kommissar ist im Grunde kein Kriminalroman, sondern eher eine Mischung aus Agenten- und Politthriller. Die historischen Fakten sind dabei hervorragend recherchiert und in das Buch eingearbeitet. Aber es gibt bei der Geschichte insgesamt auch einige ärgerliche Schwächen. So kommen den deutschen Ermittlern etwas zu häufig banale Zufälle zu Hilfe, oder sie ziehen Schlüsse, die für den Leser nicht immer nachvollziehbar sind. Angesichts der Schwierigkeit, dass dem Leser das historische Ergebnis durchaus bekannt sein dürfte der Bau rund um West-Berlin der Mauer wurde nicht verhindert zieht sich der Autor in dieser Hinsicht achtbar aus der Affäre, indem er recht geschickt die weltpolitische mit der persönliche Dramatik der Protagonisten mischt. Uwe Klausner strickt dabei mehrere Handlungsstränge, die in den USA und Berlin parallel laufen und erst zum Ende hin enger verknüpft und so aufgelöst werden. Angesichts des vorhersehbaren Finales baut sich Spannung vor allem über das persönliche Schicksal der wichtigsten Protagonisten auf.

Die Figuren sind teilweise jedoch etwas hölzern geraten, und auch die Dialoge sprühen nicht gerade vor Originalität. Die Akteure bei der CIA werden als schlichte Falken dargestellt, John F. Kennedy als naiver Sonnyboy, der versehentlich im Weißen Haus gelandet ist. Das wirklich schlimme daran ist, dass man sich als politisch interessierter Leser bestens ausmalen kann, dass diese Charakterisierungen durchaus zutreffen. Und der gesamte Plot ist dermaßen realistisch, dass es einem kalt den Rücken hinunter läuft.

Bekanntermaßen hat es in der CIA wie im gesamten amerikanischen Sicherheitsapparat - schon immer Hardliner gegeben, die gegenüber der eigenen Regierung mit gezinkten Karten spielen, um die eigene Macht zu sichern und durch provozierte Konflikte den Einfluss des Geheimdienstes zu steigern und zu festigen.

Insgesamt ist es zwar eine recht flüssig und unterhaltend geschriebene Geschichte, der gute Plot wird allerdings aufgrund der geschilderten Schwächen geradezu verschenkt. Etwas mehr Sorgfalt beim Schreiben und Lektorieren hätte daraus einen wirklich guten Thriller gemacht so ist es ein unterhaltsames Buch, das allerdings vor allem den Freunden von Polit-Thrillern gefallen dürfte. Leser von Kriminalromanen kommen hier eher weniger auf ihre Kosten.

Kennedy-Syndrom

Uwe Klausner, Gmeiner

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