Schmuddelkinder

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2010
  • 2
  • Meßkirch: Gmeiner, 2010, Seiten: 372, Originalsprache
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2010

Alte Erziehungsmethoden und ihre Folgen

Hauptkommissar Paul Lenz von der Kripo Kassel glaubt seinen Ohren nicht zu trauen als ihm seine langjährige Geliebte Maria eröffnet, künftig mit ihm zusammen leben zu wollen. Dies ist keineswegs unproblematisch, da Maria die Ehefrau des Kasseler Oberbürgermeisters Erich Zeislinger ist. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt für Lenz, da er ausgerechnet jetzt zu einem neuen Tatort gerufen wird. In Baunatal hat es den Pensionär Dieter Bauer schlimm erwischt. Zuerst muss er seine Ehefrau beerdigen, um noch am gleichen Tag selbst Opfer eines brutalen Mordes zu werden. Eine erste Spur führt zu seinem ehemaligen Arbeitsplatz in den 70er Jahren. Das Erziehungsheim "Karlshof", in dem Jugendlichen durch ihren dortigen Aufenthalt der Jugendknast erspart blieb.

Lenz ermittelt mit seinem Partner Thilo Hain, doch ein Überraschungserfolg bleibt aus. Noch in der gleichen Nacht müssen sie einen tatverdächtigen Mann wieder laufen lassen. Ausgerechnet die Frau eines Polizisten gibt ihm ein Alibi. Stattdessen gibt es am nächsten Tag bereits die zweite Leiche; ebenfalls eine frühere Erzieherin des "Karlshofes". Doch warum sollten die alten Leute nach über dreißig Jahren plötzlich Opfer ehemaliger Schüler werden? Offenbar ist ein Serienmörder in Kassel und Umgebung unterwegs, denn die Morde sind nahezu identisch. Allerdings fanden sie nahezu zeitgleich an zwei voneinander entfernten Orten statt. Lenz und Hain stehen gleich vor mehreren Rätseln…

Schmuddelkinder ist bereits der sechste Fall für Hauptkommissar Paul Lenz, der ein recht eigenwilliger Ermittler ist. Dafür spricht bereits, dass er ausgerechnet mit der Frau des Oberbürgermeisters ein heimliches Verhältnis anfängt, welches mittlerweile seit acht Jahren besteht. Da Marie nun die Scheidung eingereicht hat, um mit Lenz zusammen zu ziehen, ergeben sich für diesen vor allem berufliche Probleme. Gleich mehrere Vorgesetzte bedrängen ihn, seine Beziehung zu beenden und auch die Presse setzt ihm zu.

Der aktuelle Fall führt in ein Erziehungsheim, wo noch in den 70er Jahren recht althergebrachte Methoden für Recht und Ordnung sorgen sollten. Gewalt unter Jugendlichen gehörte dort zum Alltag und selbst einige Erzieher waren nicht zimperlich im Umgang mit ihren Zöglingen. Autor Matthias Gibert erzählt seine Geschichte ruhig und verzichtet auf allzu vordergründige Gewaltexzesse. Seine Charaktere sind selbst in den Nebenfiguren erfreulich authentisch ausgestaltet und wirken nur selten stereotyp.

 

"Hast du was für uns?"
"Und ob. Wir haben eine neue Leiche."
"Das ist doch Scheiße. Viertel nach fünf. So ein verdammter Mist."
"Das ist aber noch nicht alles."
"Was denn noch? Liegt sie seit einem halben Jahr im Wasser?"

 

Der Spannungsbogen ist und bleibt zwar überschaubar, dafür wird der Fall aber sauber aufgeklärt. Die Lösung basiert auf den umfangreichen Recherchen von Lenz und Hain, so dass "Kommissar Zufall" gar nicht erst eingreifen muss. Bei der gewählten Tötungsart hat der Autor ebenfalls eine "nette" Idee umgesetzt, wenngleich diese bereits auf dem Buchrücken vorweg genommen wird. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass Schmuddelkinder ein grundsolider Krimi klassischer Machart ist. Gerne mehr davon.

Schmuddelkinder

Matthias P. Gibert, Gmeiner

Schmuddelkinder

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