Das geheime Siegel

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2008
  • 5
  • London: HarperCollins, 2007, Titel: 'The gilded seal', Seiten: 438, Originalsprache
  • Bergisch-Gladbach: Lübbe, 2008, Seiten: 6, Übersetzt: Stephan Benson
Das geheime Siegel
Das geheime Siegel
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Jörg Kijanski
40°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2009

Nicht denken - ballern!

In Drumlaurig Castle in Schottland wird ein wertvolles Bild gestohlen. An seiner Stelle hängt nun eine tote Katze an der Wand. Über die beauftragte Anwaltskanzlei wird der ehemalige Meisterdieb Tom Kirk zu den Ermittlungen hinzugezogen, der bereits vor Jahren die Seiten wechselte und seitdem beispielsweise Museen berät, wie sie sich gegen Einbrecher schützen können. In seiner aktiven Zeit war Kirk als "Felix" bekannt, da er an seinen Tatorten stets eine schwarze Katze als Signatur hinterließ. In Drumlaurig Castle finden die Ermittler stattdessen einen Spieljeton als Signatur, ein eindeutiges Zeichen, dass Kirks alter Widersacher Milo den Diebstahl beging.

Kurz darauf muss Kirk seine Mitarbeit bei der Wiederbeschaffung des gestohlenen Bildes vorübergehend einstellen, da sein langjähriger Freund Rafael in Sevilla brutal ermordet wurde. Kurz vor seinem Tod konnte Rafael jedoch noch einen versteckten Hinweis für Kirk in einem Beichtstuhl hinterlegen. Demnach plant Milo den größten Coup seines Lebens, den Diebstahl der Mona Lisa aus dem Louvre. Da es Milo gelingt, Rafaels Stieftochter Eva in seine Gewalt zu bringen, entwickelt Kirk einen abenteuerlichen Plan. Er selber will die Mona Lisa aus dem Louvre stehlen, um sie gegen Eva einzutauschen.

Währenddessen werden in Amerika bei Kunstauktionen wertvolle Gemälde angeboten, die sich eigentlich im Besitz der großen Auktionshäuser Sotheby's und Christie's befinden. FBI-Agentin Jennifer Browne wird mit den Ermittlungen beauftragt und versucht herauszufinden, welche Bilder die Originale und welche die Fälschungen sind. Nachdem der Anwalt des in Verdacht geratenen iranischen Kunsthändlers Razi geradezu hingerichtet wird, fliegt Browne kurz entschlossen nach Paris, wo die angeblichen Originalgemälde der Auktionshäuser aufbewahrt werden. Dort trifft sie auf ihren früheren Geliebten Tom Kirk...

Allenfalls für Kunstliebhaber und geschichtsinteressierte Leser interessant.

Zugegeben, die Ausgangssituation beziehungsweise der Grundgedanke des Plots ist originell. Zwei Meisterdiebe treten gegeneinander an und als es einem der Beiden schließlich gelingt, die weltberühmte Mona Lisa zu stehlen, stellt sich heraus, dass das Gemälde rund zweihundert Jahre nach da Vincis Tod entstanden sein muss. Offenbar hängt seit der Französischen Revolution eine Fälschung im Louvre. Aber warum fiel dies nie auf und wo ist das Original? Und welche Rolle spielt hier eigentlich Napoleon?

08/15-Mainstream mit den genreüblichen Schwächen

Wie gesagt, der Plot ist originell, nur leider schleichen sich in der Folge alsbald die üblichen Probleme derartiger Werke ein, deren Handlung über den halben Globus verteilt spielt. Paris, New York, Sevilla, Schottland, Marokko und Japan, um nur die wichtigsten Schauplätze zu nennen. In kurzen bis sehr kurzen Kapiteln wechselt das Szenario hin und her und treibt damit gleichzeitig die Leser/innen voran. Dies ist alles schön und gut, gäbe es da nicht etliche Schwachstellen.

Nach dem Raub der Mona Lisa wird nach Kirk landesweit gefahndet. Sein Foto ziert jede Zeitung auf Seite eins und was macht der Chef-Stratege? Nein, er zieht sich nicht etwa vorübergehend zurück, sondern lustwandelt durch Paris, dass es nur so eine Freude ist. Ein Treffen mit Milo am Triumphbogen, also in aller Öffentlichkeit, warum nicht? Und da es ja sowieso keine Rolle spielt, kann Kirk auch gleich in aller Ruhe eine Polizeistation (eh klar) betreten, um eine dort festgenommene Person ungehindert zu befreien (na sowieso). Spätestens hier hätte ein zumindest nüchtern denkender Lektor dem Autor Einhalt gebieten müssen.

 

"Wonach hat er gesucht?"
"Ich bin mir nicht sicher."
"Vielleicht hätten Sie ihn fragen sollen, ehe Sie ihn getötet haben."

 

Genau, so ist es recht. Nicht denken, ballern. Wer derartige Action-Romane bevorzugt, der ist hier gut aufgehoben. In der zweiten Hälfte des Buches wird die Zahl der Toten recht unüberschaubar, zumal auch noch die Yakuza mitmischt. Logisch, die fehlte ja bis dahin.

Dass die Story überhaupt funktioniert ist zwei Umständen zu verdanken. Einerseits wird konstruiert was das Zeug hält, so als wäre Stahl in Wirklichkeit nur einfaches Schilfgras. Andererseits ist die Polizei derart dämlich, dass hier eben alles möglich ist, wie Kirks Besuch bei der Polizeistation zeigt. Dazu passend die Erkenntnis:

 

"Ich glaube wir sind in einen Krieg geraten. Milo und Kirk haben etwas, das der jeweils andere will, und sie werden weiter töten, bis einer von ihnen gewonnen hat. Und wir müssen die Trümmer zusammenkehren."

 

Platte Dialoge, hölzerne Figuren, die einem nie vertraut werden und eine Handlung die mit zunehmender Dauer immer abwegiger wird. So kann man einen im Ansatz hoch interessanten Plot auch in den Sand setzen.

Abschließend sei für alle, die sich für Kunst und vor allem für Kunstfälschung interessieren, das hochinteressante Buch Das Doppelleben des Vermeer von Luigi Guarnieri ans Herz gelegt. Doch Achtung: Es ist ein Sachbuch (!) und berichtet vom Leben des berühmten holländischen Fälschers Han van Meegeren, dem perfekte Fälschungen von Vermeers Gemälden gelangen. Eines seiner Hauptwerke gelang in die Kunstsammlung Hermann Görings, was nach Kriegsende für den Maler nicht folgenlos blieb.

Das geheime Siegel

James Twining, Lübbe

Das geheime Siegel

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