Das glühende Grab

  • Fischer Taschenbuch Verlag
  • Erschienen: Januar 2008
  • 8
  • Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, 2008, Seiten: 362, Übersetzt: Tina Flecken
  • Reykjavík: Veröld Publishing House, 2007, Titel: 'Aska', Seiten: 380, Originalsprache
Das glühende Grab
Das glühende Grab
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Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2008

Dreieinviertel Leichen und ein lang zurückliegendes Verbrechen

1973 kommt es auf den Westmännerinseln zu einem heftigen Vulkanausbruch, so dass alle Inselbewohner evakuiert werden müssen. Nach mehr als dreißig Jahren sollen nun einige der ganz oder teilweise verschütteten Häuser im Rahmen des Projektes Pompeji des Nordens wieder freigelegt werden, was Markus Magnusson mit allen Mitteln verhindern will. Damals hat er auf Wunsch seiner großen Jugendliebe Alda ein Kästchen in den elterlichen Keller gebracht, welches er später noch besser verstecken wollte. Der Vulkanausbruch verhinderte dies. So lässt sich Markus schließlich auf einen Kompromiss ein, wonach er der Ausgrabung zustimmt, sofern er zuvor besagtes Kästchen aus dem Keller holen darf.

Dies hätte er jedoch besser nicht getan, denn in dem einsturzgefährdeten Keller findet er drei Leichen, woraufhin er erschreckt das Kästchen fallen lässt. Aus diesem rollt zu allem Überfluss der abgetrennte Kopf eines Menschen und Markus gilt plötzlich als Hauptverdächtiger in einem Mordfall. Sollte der damals jugendliche Markus kurz vor dem Vulkanausbruch vier Menschen ermordet und im Haus seiner Eltern versteckt haben? Wegen des ominösen Kästchens erhofft sich Markus die Hilfe seiner alten Freundin Alda, die ihm sicher aus der Patsche helfen könnte, doch leider wird Alda ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden.

Rechtsanwältin Dora Gudmundsdottir glaubt an die Unschuld ihres Mandanten, aber Zeugen von damals sind rar gesät. Viele sind verstorben oder dement oder wollen nicht aussagen. Zudem stellt sich die Frage nach der Identität der vier Leichen, denn vier vermisste Inselbewohner wären selbst bei den Turbulenzen, die der Vulkanausbruch auslöste, aufgefallen. Zudem fragt sich Dora, ob zwischen den alten Mordfällen und der Ermordung Aldas ein Zusammenhang besteht? Zumindest für den Zeitpunkt von Aldas Ermordung hat Markus ein Alibi...

Yrsa Sigurdardottirs dritter Roman (nach Das letzte Ritual und Das gefrorene Licht) ist eine gelungene Weiterentwicklung der Serie um die Rechtsanwältin Dora, in deren Privatleben ein wenig Ruhe eingekehrt ist. Nachdem Doras siebzehnjähriger Sohn Gylfi noch vor einem Jahr ungewollt seine Freundin schwängerte, erfreut sich Enkelchen Orri bester Gesundheit. Mit Ex-Mann Hannes gibt es mittlerweile einen entspannten Umgang und Doras neuer Freund Matthias hat einen Job in Reykjavik in Aussicht. Alles bestens, wäre da nicht dieser neue verzwickte Fall.

Viele Blindspuren und Verdächtige sorgen für konstante Spannung

Wie man es von den Vorgängern schon kennt, gilt es Nachforschungen über ein lange zurück liegendes Verbrechen anzustellen, was naturgemäß mit einigen Hindernissen verbunden ist. Markus Vater könnte zur Aufklärung beitragen, wäre er nicht inzwischen dement. Auch andere Personen könnten helfen, so zum Beispiel Aldas Mutter, doch da Markus gleichzeitig des Mordes an seiner alten Jugendliebe verdächtigt wird, ist deren Hilfsbereitschaft verständlicherweise gering.

Die Lösung ist stark überkonstruiert und der einzige Schwachpunkt.

Damit es nun aber nicht ausschließlich um die alte Geschichte geht, gibt es neben zahlreichen Gesprächen über den damaligen Vulkanausbruch und seine Folgen für die Westmännerinseln bzw. deren Einwohner auch noch aktuelle Ereignisse, die zur allgemeinen Verwirrung beitragen. Hierin beweist die Autorin einmal mehr ihre Stärken. Zahlreiche Blindspuren und Verdächtige werden präsentiert und zum großen Finale kommt dann eine Auflösung, mit der man nicht unbedingt nicht rechnen konnte. Allerdings ist das Ende der Schwachpunkt des Plots, denn hier wird ein wenig zu viel konstruiert. Zwar wird grundsätzlich alles akzeptabel und nachvollziehbar aufgeklärt, aber ein leicht unangenehmer Beigeschmack bleibt zurück, da die Auflösung - insbesondere die der undurchsichtigen Familienverhältnisse - doch arg übertrieben erscheint.

So ist Das glühende Grab ein wenig schwächer als der Vorgänger, bleibt aber dennoch eine klare Empfehlung für all jene Leserinnen und Leser, die es gerne etwas komplizierter haben. Dies fängt schon mit den Figuren an, deren Namen kaum auszusprechen sind. Wie gut, dass sich alle Isländer grundsätzlich mit dem Vornamen anreden.

Das glühende Grab

Yrsa Sigurðardóttir, Fischer Taschenbuch Verlag

Das glühende Grab

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