Schwarzwild

  • Argument
  • Erschienen: Januar 2007
  • 2
  • Hamburg: Argument, 2007, Seiten: 313, Originalsprache
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Peter Kümmel
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2007

Verdächtige und kein Verbrechen

Im regelmäßigen 2-Jahres-Rhythmus hat Monika Geier die ersten drei Romane um ihre Serienheldin Bettina Boll, Kriminalkommissarin bei der Kripo in Ludwigshafen, veröffentlicht. Und jedes Mal konnten die Leser mit dem Produkt zufrieden sein. Auf den vierten Band mussten ihre Fans jetzt jedoch doppelt so lange warten. Ist er jetzt auch doppelt so gut? Oder hat es Frau Geier an Ideen gemangelt?

In den Wandergebieten rund um Bad Dürkheim müssen die Beamten der Ludwigshafener Kripo diesmal ermitteln. Und das im dicksten Winter bei Eis und Schnee. Gesperrte Straßen behindern die Ermittlungen und so muß ein ums andere Mal improvisiert werden.

Für Bettina Boll beginnt dieser merkwürdige Fall damit, daß sie einen Anruf erhält, der gar nicht für sie bestimmt war. Die Ärztin Marie Glaser wollte eigentlich Bettinas Schwester sprechen, doch diese - Geier-Serienleser wissen Bescheid - ist an Krebs gestorben und hat ihrer Schwester zwei Kinder hinterlassen, um die diese sich angesichts ihres Dienstplans mehr schlecht als recht kümmern kann. Die hochschwangere Marie Glaser hat vor kurzem in einem Wildschweingehege beim Gasthaus "Wilder Mann" einen Knochen entdeckt, den sie für menschlich hält und dies lässt ihr nun keine Ruhe. Diesen Knochen wollte sie nun Bettinas Schwester zur Begutachtung geben. Doch eigentlich müsste Marie ganz andere Sorgen haben, denn ihre Freundin Claudia wird seit dem Tag des mysteriösen Funds vermisst. Bei einer Wanderung haben sich die beiden Frauen von ihren Ehemännern getrennt, weil die schwangere Marie Probleme hatte, mitzuhalten. Nachdem Marie beschlossen hatte, im "Wilden Mann" zu warten, machte sich Claudia auf, den Ehemännern zu folgen...und ward seitdem nicht mehr gesehen. Doch dies ist ein anderer Fall, der Frau Boll nichts angeht. Oder vielleicht doch?

Der Knochen stellen sich in der Tat als menschlich heraus. Bettina Boll beginnt zusammen mit ihrem Kollegen Willenbacher zu ermitteln. Doch was soll man eigentlich ermitteln, wenn man die zu dem Knochen passende Leiche nicht hat? Doch schon allzu bald brauchen sich die Beamten von der Kripo über fehlende Leichen nicht mehr zu beschweren...

Action und Denkvermögen sind eingefroren

Alle Kapitel sind mit Vornamen von Frauen überschrieben, die in diesem Roman eine mehr oder weniger große Rolle spielen. Doch die beiden Hauptverdächtigen sind Männer. Da ist zum Einen Thilo Achtkapp, der Wirt des "Wilden Manns", zum Anderen Bela, der Pianist. Wessen sie verdächtig sind, ist zunächst nicht so ganz klar. Ein Verbrechen gibt es ja noch nicht. Zumindest sind sie verdächtig, weil sie nicht so ganz ins Schema des biederen Pfälzers passen. Und zu allem Überfluß müssen als Nebenverdächte mal wieder Neo-Nazis herhalten.

Nur sehr mühsam kommt die Handlung in Gang. Das, was die ersten Romane von Monika Geier ausgezeichnet hat, vermisst man in "Schwarzwild". Ihre überzeichneten Charaktere gibt es hier nur in stark abgemilderter Form. Die Frauen der Handlung - Marie, Sieglinde, Charlotte, Marta - wirken lange Zeit stereotyp. Nur spät wird man mit der einen oder anderen Figur etwas warm, manche dagegen sind nur schmückendes Beiwerk. Spritzige und humorvolle Dialoge? Nicht viel davon zu bemerken. Man hat das Gefühl, die in den Pfälzer Wäldern herrschende Kälte hat das Geschehen so fest im Griff, daß nicht nur die Action, sondern auch das Denkvermögen der Beteiligten eingefroren ist.

Anders als in den vorherigen Bänden hat der Leser hier keinen Wissensvorsprung vor den Ermittlern, sondern ist ebenso wie diese auf Vermutungen angewiesen. Dies muß nicht negativ sein, lässt aber den Leser ebenso wie Polizisten im Dunklen tappen.

Eine Weiterentwicklung der Protagonistin Bettina Boll findet in "Schwarzwild" nicht statt. Sie würde ja gerne ihren Job auf eine Halbtagsstelle reduzieren. Sind dann die Bücher nur noch halb so dick? Die Aussichten auf eine Beförderung also gleich Null. Auch privat keine Veränderung. Kein Mann in ihrem Leben und die Pflegekinder werden weiterhin hauptsächlich von Pflegeomas betreut. Da vermisst man sogar das drohende Chaos aus "Stein sei ewig", als Frau Boll ständig auf schmalem Grat zwischen Dienst und Kinderbetreuung wandelte. Was bleibt, ist ein durchschnittlicher Krimi, dessen Auflösung zumindest teilweise für viel vorangegangenen Leerlauf entschädigen konnte. Tun wir "Schwarzwild" als einmaligen Ausrutscher im kalten Winter ab und hoffen auf zukünftige sonnige Fälle.

Schwarzwild

Monika Geier, Argument

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