Mord im Zeichen des Zen

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2004
  • 15
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2004, Seiten: 384
  • Düsseldorf: Patmos, 2007, Seiten: 5, Übersetzt: Martina Gedeck
  • Frankfurt am Main: Fischer, 2010, Seiten: 432, Originalsprache
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Sabine Reiß
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2005

Freiburg asiatisch gewürzt

Louise Bonì, von den meisten ihrer Kollegen Luis genannt, über sich selbst:

"Ich bin Kriminalhauptkommissarin, Dezernat Kapitalverbrechen, seit zwanzig Jahren Polizistin. Ich lese am liebsten Clavell, Mankell und Pilcher, mag Beethoven, Pink Floyd und Wham, und ich komme nicht von Barclay James Harvest lost, auch wenn ich mich dafür schäme. Ich bin geschieden, zweiundvierzig und habe zum Glück leider keine Kinder... Und ich bin dick geworden." (S. 196)

Jägermeisterlatein

Und außerdem hat Louise ein Alkoholproblem, auch wenn sie das nicht wahrhaben will. Als ein Mönch in der Nähe von Freiburg nur in Kutte und Sandalen durch den Schnee wandert und sie von ihrem Chef dem dort ansässigen Kollegen zugeteilt wird, hat sie ein komisches Gefühl. Fakt ist, dem Mönch wurde Gewalt angetan. Louise vermutet zudem, dass er verfolgt wird. Sein Name ist Taro, das ist das Einzige, was sie von ihm erfährt, obwohl sie ihm die ganze Nacht folgt. Ihre Theorie wird von ihrem Vorgesetzten als Spinnerei abgetan - was der Autor Jägermeistergedanken nennt - und anstatt dass er die von ihr gewünschte Verstärkung anfordert, suspendiert er sie vom Dienst.

"Wann passiert endlich was?" (S. 94). Leider passiert ziemlich bald nach diesem Wunsch wirklich etwas. Die Kollegen, die in Taros Nähe geblieben sind und ihm folgen, werden angegriffen, einer von beiden stirbt. Nun geht es um Polizistenmord, doch Louises Chef hat immer noch kein Ohr für ihre Theorie und darf nicht davon erfahren, dass sie sich auch durch ihre Suspendierung nicht davon abhalten lässt, die Ermittlungen weiter zu verfolgen.

Ausgewogen und eigenständig

Der Fall entwickelt sich sehr bedächtig. Wie schon gesagt, bis Seite 94 passiert erst mal fast nichts und auch später sind die Geschehnisse kaum spektakulär, aber nichtsdestoweniger erschreckend, mitreißend, berührend und auch spannend. Was Mord im Zeichen des Zen auszeichnet, ist die Eigenständigkeit dieses Romans. Obwohl die Entwicklung der Kommissarin eine große Rolle spielt, ist die Geschichte kein müder Abklatsch der skandinavischen Kriminalliteratur. Nur weil die Hauptfigur persönliche Probleme hat, muss nicht gleich der Ruf nach schwedischen Vorbildern laut werden. Nein, die Story hat etwas ganz Eigenes, insbesondere belästigt sie den Leser nicht mit zu vielen Details, manchmal werden Dinge auch nur angedeutet. Die Mischung erscheint mir ausgewogen.

Merkwürdig, die Handlung ist realistisch und unrealistisch zugleich. Ich kann mir z.B. nicht vorstellen, dass Polizeibeamten einen buddhistischen Mönch im Schnee verfolgen, ohne dass es einen handfesten Grund dafür gibt. Oder dass vom Dienst suspendierte Beamten auf eigene Faust ermitteln. Die Charakterisierung der Personen ist dagegen realitätsnah und auch ein Großteil der Geschehnisse ist glaubwürdig geschildert.

Sprachlich kann mich der Roman ebenfalls gewinnen, er ist sehr gut lesbar. Also alles prima? Fast, doch ich muss zugeben, die Kommissarin Louise Bonì ist mir unsympathisch. Ich kann mit ihrem Jägermeisterverhalten nichts anfangen. Das liegt bestimmt nicht an ihren Schwächen, es ist einfach ein unbestimmtes Gefühl, aber das ist kein Grund, Mord im Zeichen des Zen nicht weiterzuempfehlen.

Mord im Zeichen des Zen

Oliver Bottini, Fischer

Mord im Zeichen des Zen

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