Feindesopfer

  • Lübbe
  • Erschienen: August 2022
  • 3
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Thomas Gisbertz
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2022

Spannende Fortsetzung der finnischen Erfolgsreihe

Der erfolgreiche Geschäftsmann Eliel Zetterborg steht kurz vor den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Firmenjubiläum, als er tot in seiner Wohnung aufgefunden wird. Auch scharfe Sicherheitsmaßnahmen konnten nicht verhindern, dass dem 74-Jährigen ein Messer direkt ins Herz gestoßen wurde. Wie konnte der Täter unbemerkt in die gesicherte Wohnung eindringen und wieder verschwinden?

Zetterborg hatte sich als Vorstandsvorsitzender der RealEst AG erst vor Kurzem zahlreiche Feinde gemacht, weil er die Schließung der Fabrik in Kouvula und damit die Entlassung tausender Mitarbeiter verkündet hatte. Ist hier das Mordmotiv zu suchen? Kriminalmeister Jusuf Pepple, Mitglied bei der Einheit für schwere Verbrechen in Helsinki, werden die Ermittlungen übertragen, da Kriminalhauptkommissarin Jessica Niemi nach einem psychischen Zusammenbruch weiterhin beurlaubt ist. Pepple findet bei seinen Ermittlungen am Tatort nicht nur ein rätselhaftes Puzzle, sondern auch ein Foto, auf dem neben dem Ermordeten zwei Männer zu sehen sind, deren Gesichter vom Täter ausgekratzt wurden. Wer sind diese zwei Männer? Sind sie weitere Opfer? Die Spuren führen das Ermittlerteam weit in die Vergangenheit zurück, zu einem schicksalhaften Ereignis, dass das Leben aller Beteiligten für immer verändern sollte.

Erfolgsgarant aus Finnland

Max Seeck ist aktuell der erfolgreichste und angesagteste finnische Thrillerautor. Kritiker bezeichneten ihn schon als Meister des „Finnisch Noir“. Mit seinem 2019 erschienenen ersten Roman um die ungewöhnliche Ermittlerin Jessica Niemi, „Hexenjäger“, der in 35 Länder verkauft wurde, gelang ihm der internationale Durchbruch. Als einer von wenigen europäischen Autoren stand er mit seinem Roman auf der Bestsellerliste der New York Times. Hollywood sicherte sich bereits die Rechte für eine zwölfteilige Serie. Die Dreharbeiten in Finnland werden voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen.

Ursprünglich als Trilogie angelegt, wird Max Seeck die Reihe auch über den dritten Band hinweg fortsetzen. Die Arbeiten am vierten Teil laufen bereits. Man darf sich also auf weitere düstere Thriller aus Finnland freuen.

Neuer Hauptermittler

Wie bereits in den beiden Vorgängerbänden „Hexenjäger“ und „Teufelsnetz“ verlegt Autor Max Seeck seine Geschichte erneut in den kalten finnischen Winter. Das nasskalte, frostige Wetter sorgt zusätzlich für eine spannende, unheimliche Atmosphäre.

Im Mittelpunkt steht diesmal zunächst nicht wie gewohnt Jessica Niemi sondern ihr Kollege Jusuf Pepple. Die Kommissarin erholt sich zum einen von den gesundheitlichen Folgen der letzten Ermittlung, zum anderen lässt ihr die mysteriöse Ermordung eines Obdachlosen vor wenigen Wochen keine Ruhe. Die Tat steht wohl in Verbindung mit einem Überfall auf Jessica Niemi kurz zuvor. Diese zweifelt aufgrund von Ungereimtheiten immer mehr an ihrer Zurechnungsfähigkeit. An Polizeiarbeit ist da zunächst nicht zu denken. Erst nachdem Jusuf an seine Grenzen als Hauptermittler stößt und sie darum bittet, sich ein Bild vom aktuellen Fall um den ermordeten Geschäftsmann zu machen, kehrt Jessica - zunächst inoffiziell - in den Polizeidienst zurück.

Starker Erzähler

Geschickt verbindet Autor Max Seeck die Handlung mit den Vorgängerbänden. Insbesondere die Geschehnisse aus dem „Hexenjäger-Fall“ und Jessicas eigene Vergangenheit rücken erneut in den Vordergrund. Dies verleiht dem Roman nicht nur eine zweite Spannungsebene, sondern sorgt für ein hohes Erzähltempo. Trotz der Komplexität löst das Ermittlerteam den Fall innerhalb von vierundzwanzig Stunden, sodass man über weite Strecken sogar das Gefühl bekommt, dem Fall in Echtzeit zu folgen. Immer wieder überschlagen sich die Ereignisse, neue Verdächtige tauchen auf und weitere Morde geschehen. Das durchaus heterogene, mitunter etwas eigenwillige Ermittlerteam hat alle Hände voll zu tun. Hinzu kommen auch private Probleme einzelner, die aber nie zu stark in den Vordergrund rücken, sondern eher der genaueren Profilierung der Figuren dienen.

Eigener Schreibstil

Auch wenn es der Autor am Ende vielleicht etwas mit den Twists und Überraschungen übertreibt, stellt Max Seeck erneut seine Extra-Klasse unter Beweis. Es dürfte schwer fallen, aktuell einen Thriller-Autor zu finden, der so zuverlässig atmosphärisch dichte, düstere und überaus spannende Romane abliefert wie der 37-jährige Finne. Mit seiner Mischung aus klassischem Detektivroman, Locked Room Mystery und packendem Noir trifft er auch diesmal den Nerv der Zeit. Seine Figur der Jessica Niemi ist fast schon in einem Atemzug mit der charismatischen Lisbeth Salander zu nennen, auch wenn Seeck insgesamt (noch) nicht die Klasse eines Stieg Larssons erreicht. Dafür ist der Finne thematisch aktueller und erreicht mit seinem Stil sicherlich ein breiteres Publikum, da er mit der für skandinavische Spannungsliteratur typischen Sozial- und Gesellschaftskritik sparsam umgeht.

Fazit

Der Finne Max Seeck gehört aktuell sicherlich zu den besten europäischen Thrillerautoren. Mit seinem für ihn typischen Erzählstil fesselt er erneut von Beginn an. Den Spannungsbogen kann er mühelos bis zum Schluss halten. Max Seeck ist auf dem besten Weg, in einem Atemzug mit den großen skandinavischen Krimi- und Thrillerautoren genannt zu werden.

Feindesopfer

Max Seeck, Lübbe

Feindesopfer

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