Hexenjäger

  • Lübbe
  • Erschienen: Dezember 2020
  • 17

- OT: Uskollinen Lukija

- aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara

- Broschur, 448 Seiten

- Bd. 1 [Jessica Niemi]

Hexenjäger
Hexenjäger
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Thomas Gisbertz
95°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2021

Beeindruckender Thriller aus Finnland

Der Winter hat Finnlands Hauptstadt Helsinki fest in seinem Griff. Als Kriminalhauptmeisterin Jessica Niemi in das Haus eines bekannten Thrillerautors am Rande der Stadt gerufen wird, bietet sich ihr ein bizarrer Anblick: Eine Frau sitzt im eleganten schwarzen Kleid an einem Tisch, das Gesicht zu einem grotesken Grinsen verzerrt, und selbst ihre Augen scheinen zu lachen. Der Gesichtsausdruck steht im absoluten Widerspruch zu der Tatsache, dass die Frau tot ist …

Anleitung zum Verbrechen

Die „Hexenjagd“-Trilogie hat Thrillerautor Roger Koponen über Nacht berühmt gemacht. Nun scheint seine Buchreihe als Vorlage für eine unheimliche Mordserie zu dienen. Detailgetreu stellt der Mörder die Morde der Bestsellerromane nach - und die sind äußerst brutal und erinnern an mittelalterliche Foltermethoden. Handelt es sich vielleicht um einen fanatischen Fan der Buchreihe? Kommissarin Jessica Niemi und ihr Team ermitteln unter Hochdruck, doch der Mörder ist ihnen immer einen Schritt voraus. Die Ermittler tappen im Dunkeln - bis ihnen klar wird, dass die Opfer Jessica Niemi erschreckend ähnlich sehen …

Finnischer Thrillerautor

Max Seeck, ein 35-jähriger Finne mit deutschen Wurzeln, war zunächst im Marketing und Vertrieb einer großen Firma tätig. Seit einigen Jahren widmet er sich jedoch ganz dem Schreiben von Romanen. Aktuell ist er wohl der bedeutendste Thrillerautor Finnlands. Seine literarischen Vorbilder sind unter anderem Jo Nesbø und Stieg Larsson. In Deutschland ist der finnische Autor noch recht unbekannt. Lediglich 2018 erschien sein Thriller Der gesetzlose Richter. Der nun im Lübbe-Verlag veröffentlichte Roman Hexenjäger ist der Auftakt einer Trilogie um die geheimnisvolle Ermittlerin Jessica Niemi. Der Thriller erscheint mittlerweile in über 40 Ländern und bedeutet für Seeck den internationalen Durchbruch. Darüber hinaus sicherte sich Hollywood bereits die Filmrechte.

Albtraumhafte Mordserie

Max Seecks Thriller ist nichts für Zartbesaitete; dennoch überschreitet er niemals die Grenze zur geschmacklosen Brutalität. Das Grauen spielt sich zumeist im Kopf des Lesers ab. Dem Autor gelingt es, eine sehr dichte, düstere Atmosphäre zu schaffen. Dazu trägt auch das eiskalte, frostige finnische Winterwetter bei, das wunderbar die Gefühlslage und Stimmung der Protagonisten widerspiegelt.

Schriftsteller Roger Koponen wird bei einer Lesung innerhalb des Romans gefragt, ob er sich vor dem fürchte, was er schreibe. So seltsam diese Frage klingen mag, so sehr trifft sie auf Autor Max Seeck selbst zu: „Ich schreibe nur über Dinge, die mir selbst Angst machen. Auf diese Weise versetze ich mich in eine unheimliche Stimmung, die für den Schreibprozess wichtig ist und ich denke, der Leser kann das am Ende auch spüren“. Tatsächlich gelingt Seeck ein beängstigender Thriller, der den Spannungsbogen mühelos bis zum Ende halten kann - Gänsehaut ist garantiert, wenn der Autor seine Figuren durch das winterliche Helsinki jagt.

Geheimnisvolles Vorleben

Neben der Mordermittlung gibt es einen parallelen Erzählstrang, bei dem es um eine Episode aus dem Leben Jessica Niemis geht, die sie als 19-Jährige in Venedig erlebt hat; Niemi umgibt ein düsteres Familiengeheimnis, welches erst nach und nach aufgedeckt wird. Diese und weitere kurze inhaltliche Rückblenden helfen zum einen, Jessicas Charakter zu verstehen, zum anderen tragen sie indirekt zur Aufklärung des Falles bei. Jessica Niemi ist eine selbstbewusste, taffe Frau, die über eine gute Kombinations- und Auffassungsgabe verfügt. Damit erinnert sie etwas an Stieg Larssons Lisbeth Salander oder an Stina Forss aus der Romanreihe von Vossen/Danielsson. Niemi lebt für ihren Beruf, ist aber eine Einzelgängerin, der private Beziehungen eher schwer fallen.

Sicherlich steht die Kommissarin klar im Fokus des Romans. Ihr zur Seite stellt Max Seeck mit Kriminaloberkommissar Erne Mikson, Kriminalmeister Jusuf Pepple, dem engsten Partner Niemis, oder Ermittlungsspezialist Rasmus Susikoski aber auch ein sehr heterogenes Ermittlerteam, das bestens unterhält. Hinzu kommt, dass Kommissar Mikson eine ganz besondere Rolle im Leben von Jessica Niemi spielt.

Leidige Vergleiche

Auch wenn das Handlungsmuster sicherlich nicht neu ist, sorgt die Tätersuche doch für so manche Überraschung. Der Plot der Geschichte ist mehr als raffiniert konstruiert und lässt den Leser öfters überrascht zurück. Die Handlung besitzt ebenso Elemente eines klassischen Polizeiromans wie auch des Okkulten und Fantastischen. Auch wenn die Auflösung etwas übertrieben erscheinen mag, schmälert dies den positiven Gesamteindruck nur minimal.

Mit der für nordische Krimis und Thriller so typischen Sozialkritik hält sich Seeck allerdings weitestgehend zurück. Zwar scheint diese besonders am Ende etwas durch, ist aber kein Charakteristikum des Romans. Insofern unterscheidet sich Hexenjäger auch von so manchem skandinavischen Thriller. Der bereits jetzt zu lesende Vergleich, Max Seeck sei die finnische Antwort auf Stieg Larsson, ist daher nicht nur gewagt, sondern schlichtweg unnötig. Seecks Thriller hat seinen ganz eigenen Stil - und der weiß mehr als zu überzeugen.

Fazit

Max Seeck gelingt ein fulminanter Auftakt zu seiner Jessica-Niemi-Reihe. Nordic Crime der absoluten Extraklasse: düster, verschreckend, beängstigend. Seeck erschafft äußerst eindringliche Bilder und eine überaus beklemmende, unheimliche Atmosphäre. Er erzählt seine Geschichte mit hohem Tempo, die ebenso verstörend wie spannend ist. Man darf gespannt sein, wohin der Weg des Autors führt.

Hexenjäger

Max Seeck, Lübbe

Hexenjäger

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