Lockvogel

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2015
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  • München: Heyne, 2015, Seiten: 352, Originalsprache
  • München: Heyne, 2017, Seiten: 351, Originalsprache
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Andreas Kurth
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2015

Showdown am Hindukusch

BND-Agent Karl Müller ist eigentlich noch Therapie-bedürftig, aber seine Kollegen kommen offenbar nicht ohne ihn aus. Sein Kollege Thomas Dehner verhindert die Entführung eines jemenitischen Informanten des BND durch amerikanische Geheimdienst-Agenten, und kurz darauf wird Müller in den Jemen geschickt, um die ebenfalls drohende Entführung der Familie des Informanten durch den CIA zu verhindern. Unterdessen schreibt Müllers Partnerin Svenja Takamoto einen Bericht über junge Deutsche, die offenbar über Mallorca in Terror-Ausbildungscamps im Hindukusch geschleust werden.

Um diese jungen Menschen geht es in diesem Fall vor allem, der schließlich die ganze Abteilung beschäftigt. Takamoto und Dehner fliegen über die Zwischenstation Prag nach Karatschi. Als es in Pakistan einen Anschlag auf die beiden gibt, wird auch Müller über Afghanistan dorthin in Marsch gesetzt, denn die Suche nach dem potenziellen Terror-Nachwuchs ist noch nicht zu Ende.

Aktuelle Bezüge zum internationalen Terror-Geschehen

Seit Jacques Berndorf seinen Geheimagenten Karl Müller ins Leben gerufen hat, schreibt er alle paar Jahre eine neue Folge aus dieser BND-Reihe, Lockvogel ist bereits der fünfte Band. Bei den Lesern der Krimi-Couch hat er sich damit durchweg gute Beurteilungen erarbeitet, einige Fans seiner Eifel-Krimis fremdeln aber nach wie vor mit diesen Spionage-Thrillern.

In der neuen Folge stellt Berndorf aktuelle Bezüge zum internationalen Terror-Geschehen her, es geht nämlich um die Anwerbung junger Menschen für islamistische Terror-Organisationen - in den Medien immer mal wieder ein großes Thema, vorzugsweise nach neuen Anschlägen in Europa. In Berndorfs Roman werden hauptsächlich junge Leute angeworben, die anschließend in der Heimat keiner wirklich vermisst, und die dann für die Terroristen die blutige Drecksarbeit erledigen sollen.

Auf den Spuren der Hintermänner dieser Werbe-Aktionen müssen Karl Müller und seine ebenso erfahrenen Kollegen in überaus gefährliche Gegenden des Nahen Ostens reisen, wo schon der Alltag zuweilen tödlich verlaufen kann. Bei den BND-Interna, aber vor allem bei diesen Außeneinsätzen wirkt die Handlung in meinen Augen sehr authentisch und gut recherchiert.

Einblicke in das Innenleben des deutschen Geheimdienstes

Das Buch lebt durchaus von der spannenden Handlung, aber breiten Raum nehmen auch die Einblicke in das Innenleben des deutschen Geheimdienstes ein. Es sind schon sehr spezielle Charaktere, die da als fokussierte Spezialisten an einem Strang ziehen sollen. Neben den Außendienstlern Dehner, Müller und Takamoto fällt vor allem "Goldhändchen" besonders auf. Ziemlich schrille Kleidung, ein übersteigertes Ego - das ständig nach Komplimenten giert - und dann ein privates Drama, dass den Computer-Nerd ohne Namen völlig aus der Bahn wirft. Neben der eigentlichen Thriller-Handlung war das für mich die interessanteste Nebengeschichte.

Auch bei Abteilungsleiter Kruse baut der Autor ein privates Drama um seine Frau und sein Pflegekind ein. Und der Leser lernt noch weitere Mitarbeiter näher kennen. Der zentrale Protagonist ist aber Karl Müller, nach dem die Reihe ja auch benannt ist. Seit dem jüngsten Einsatz ist er offenbar traumatisiert. Dennoch zögert er keine Sekunde, sich in den neuen Fall zu stürzen.

Altmeister des Eifel-Krimis ist ein guter Geschichten-Erzähler

Der Spannungsbogen wird von Jacques Berndorf eher langsam aufgebaut, aber irgendwann nehmen die Außeneinsätze und damit auch die Ereignisse in der Zentrale an Tempo auf. Die Akteure und das Innenleben des Geheimdienstes stehen zwar stark im Mittelpunkt, aber da Berndorf interessantes Personal aufbietet, versteht er es auch, seine Leser zu fesseln. Der Altmeister des Eifel-Krimis ist ein guter Geschichten-Erzähler, und setzt auch in diesem Buch weniger auf krachende Action als vielmehr auf bekannte Elemente eher klassischer Agenten-Thriller.

Lockvogel bekommt von mir vor allem deshalb keine herausragende Bewertung, weil mir die Geschichte insgesamt etwas zu kurz geraten ist - was überaus selten passiert. Der Plot ist aktuell und gut durchdacht, die Protagonisten interessant und authentisch, aber an einigen Stellen fehlt irgendwie etwas. Manches hätte ausführlicher erzählt werden müssen, und vor allem das Finale ist mir etwas zu dünn geraten. Dennoch - der fünfte Band der Karl-Müller-Reihe ist unterhaltend und lesenswert - aber Altmeister Jacques Berndorf kann es noch besser.

Lockvogel

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