Palm Desert

  • Suhrkamp
  • Erschienen: Januar 2016
  • 1
  • New York: St. Martin's Press, 1996, Titel: 'While Drowning in the Desert', Seiten: 198, Originalsprache
  • Berlin: Suhrkamp, 2016, Seiten: 250, Übersetzt: Conny Lösch
Palm Desert
Palm Desert
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Andreas Kurth
30°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2015

Nur Klamauk ist ziemlich nervig

Neal Carey ist einst von seinem väterlichen Freund Joe Graham sorgfältig ausgebildet worden, und mit Aufträgen für die so genannten "Friends of the Family" hat er sich bisher sein Studium finanziert. Eigentlich will er keine neuen Aufträge der Friends mehr übernehmen, sondern endlich seinen Abschluss an der Hochschule machen, deshalb hat er es sich mit Freundin Karen in einem kleinen Ort in Nevada gemütlich gemacht. Neal will derzeit noch nicht über eigenen Nachwuchs nachdenken, ist allenfalls bereit, lockere Heiratspläne zu schmieden - ganz im Gegensatz zu Karen. Da meldet sich Graham und beauftragt Neal damit, den abgehalfterten und betagten Komiker Nathan Silverstein in Las Vegas abzuholen und in dessen Haus in Palm Desert zurück zu bringen. Neal ahnt von Beginn an, dass der Job nicht so einfach werden wird, wie Joe Graham es ihm gegenüber dargestellt hat, macht sich aber dennoch auf den Weg in das Zocker-Paradies, und in ein mehr als amüsantes Abenteuer - nicht zuletzt, um der Nachwuchs-Diskussion mit Karen wenigstens vorübergehend zu entkommen.

Mit diesem Roman hat sich der Autor komplett verrannt

Der Suhrkamp-Verlag hat den ersten Band der Neal-Carey-Reihe von Don Winslow nach langer Zeit wieder auf Deutsch verlegt, dann den vierten Band erstmals in Deutschland auf den Markt gebracht, und schließlich mit Palm Desert den abschließenden fünften Band ebenfalls als deutsche Erstausgabe auf die Büchertische gebracht. Das mit dem Abschluss-Band hätte der Verlag lieber lassen sollen, dann wäre die Reihe als bemerkenswertes Frühwerk von Don Winslow in Erinnerung geblieben. So ist der gute Eindruck nachhaltig zerstört worden, denn das letzte Buch der Reihe fällt im Niveau dermaßen ab, dass schwer nachzuvollziehen ist, warum man sich dieses Werk als Verlag nicht schlichtweg geschenkt hat.

Das Buch umfasst nur schmale 196 Seiten. Das ist an sich überhaupt kein Grund zur Kritik, wenn so ein Roman - eine bessere Kurzgeschichte - denn genug an Inhalt bietet. Zwar habe ich bei der Lektüre von London undercover und A long walk up the Water Slide den flapsigeren und unterhaltsamen Stil des frühen Don Winslow durchaus schätzen gelernt. Aber hier hat sich der Autor in meinen Augen komplett verrannt.

Don Winslow hat hier seiner Fabulierlust freien Lauf gelassen

Das Buch liest sich zunächst flott weg, wird aber nach dem Zusammentreffen von Neal Carey und Nathan Silverstein zur echten Geduldsprobe für einen Rezensenten. Normalerweise hätte ich es nach dem ersten Drittel in die Kiste für die Bücherspende an die Kirchen-Stiftung gelegt. Palm Desert ist kein Kriminalroman, allenfalls eine ziemlich flaue Kriminal-Komödie. Aber nicht von der Art, dass man mit Genuss das Buch zuklappt und sich perfekt unterhalten fühlt. Eher wirkt es so, als habe Don Winslow hier eine Auftragsarbeit dazu genutzt, um sich mal ein wenig auszutoben und seiner Fabulierlust freien Lauf zu lassen.

Das mag zuweilen zu guten Romanen führen, hier ist es völlig in die Hose gegangen. Die Geschichte soll irgendwie lustig sein, es gibt verschiedene Erzähl-Perspektiven, Einblicke in ein Tagebuch, Briefwechsel zwischen Anwälten, Telefonate - und die ebenso endlosen wie nervtötenden Witze von Natty Silver. Die nerven den Protagonisten Neal Carey gewaltig - den Leser aber nicht weniger.

Beim Lesen macht sich absolute Langeweile breit

Es ist völlig in Ordnung, wenn ein Autor mal etwas herum experimentiert - solche Bücher lese ich sogar mal ganz gerne. Aber das Resultat muss dann wirklich überzeugend sein. Das ist bei Palm Desert leider überhaupt nicht der Fall. Keine Spannung, nervige Protagonisten, langweilige Dialoge, und krampfiger Humor - geprägt von den Flachwitzen des alternden Komikers.

Die ganze Geschichte wirkt unausgereift, zuweilen merkt man, dass sich die Handlung irgendwie festgefahren hat, dann werden absurde Wendungen eingebaut. Und das Schlimmste ist: der rote Faden ist - trotz der merkwürdigen Überraschungen - derart vorhersehbar, dass sich beim Lesen absolute Langeweile breit macht. Auf der Buch-Rückseite steht: "Der beste Privatdetektiv New Yorks auf dem irrwitzigsten Trip seines Lebens". Das trifft zu - aber man muss diesen Trip wirklich nicht mitmachen.

Palm Desert

Don Winslow, Suhrkamp

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