Schattenkind

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2013
  • 5
  • Oslo: Piratförlaget, 2012, Titel: 'Skyggedød', Seiten: 333, Originalsprache
  • München: Piper, 2013, Seiten: 336, Übersetzt: Gabriele Haefs
Schattenkind
Schattenkind
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Almut Oetjen
68°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2013

Es ist alles ein Kommen und Gehen

Am 22. Juli 2011 gibt es einen Bombenanschlag in der Innenstadt von Oslo und einen Amoklauf auf Utøya, einer kleinen Insel im Tyrifjord. Dem Täter Anders Breivik fallen 77 Menschen zum Opfer. Die Ermittlungen binden den Großteil der Polizei Oslos, darunter Kommissar Yngvar Stubø, den Ehemann der Kriminalpsychologin Inger Johanne Vik.

Am gleichen Tag kommt der achtjährige Sander Mohr in seinem Elternhaus ums Leben. Ellen und Jon Mohr sagen, er sei von einer Trittleiter in den Tod gestürzt – ein Unfall. Der herbeigerufene Polizeijurist geht von einem Verbrechen aus. Inger Johanne, eine langjährige Bekannte der Familie, soll herausfinden, was wirklich geschah. Die Familienidylle der Mohrs erweist sich bald als Fassade und Einbildung. Kann Jon der Mörder seines Sohnes sein?

Das Private als Hauptthema

Der Kriminalroman ist heute vielfach eine Form des Gesellschaftsromans und beschreibt eine Realität, die Leser auch als ihre akzeptieren können. Die Protagonisten leben in einem den Lesern vertrauten Umfeld, kaufen in Geschäften ein, die nebenan sein könnten, nutzen die gleichen Produkte wie die Leser. Ist die Hauptfigur eine Frau, versucht sie Beruf und Privatleben zu vereinen, kämpft mit gesellschaftlichen Vorbildern, ist mit ihrem Körper nicht zufrieden. Deshalb ist es wichtig, darüber zu schreiben, warum Inger Johanne einen Morgen nicht duscht und eine auf dem Boden liegende Jeans anzieht, dass das Oberteil spannt, und weiteres mehr.

Mit 43 Jahren ist Inger Johanne noch einmal, ungewollt, schwanger. Wie geht sie mit ihrer Schwangerschaft um? Will sie das Kind, ihr Mann? Wie soll sie es ihm sagen, ihn fragen? Da er in die Ermittlungen um den Massenmord eingebunden ist, stellt sich Inger Johanne natürlich auch die Frage, wie er damit umgeht, ob es ihn belastet.

Diese Form des Kriminalromans beschäftigt sich nicht überwiegend mit dem Verbrechen. Soweit es das Verbrechen betrifft, wird die Protagonistin weniger mit einem Fall und dessen Lösung beauftragt, als in den Fall verstrickt. Inger Johanne kennt in "Schattenkind" beinahe alle Beteiligten persönlich. Wie ist ihr Verhältnis zum möglichen Täter, zum Opfer?

Verengt und entschleunigt

Als die Handlung einsetzt, ist Sander bereits tot. Schnell steht die Frage im Raum, ob Jon Mohr seinen Sohn getötet haben könnte. Auf seinem Laptop findet seine Frau Ellen viele Kinderpornos. Gegen Jon und sein Unternehmen "Kommunikationshaus Mohr und Westberg" wird zudem wegen Insiderhandel ermittelt. Ein junger Mitarbeiter Jons, Joachim Boyer, war Sanders bester Freund. Der Handlungs- und Ermittlungsraum wird stark verengt wie selten im Kriminalroman. Eine konsequente Fortsetzung hätte vermutlich Täter, Opfer und Ermittler in einer Familie.

In kalter Absicht, der erste Band der Yngvar-Stubø-Serie, hat 69 Kapitel. Schattenkind besteht bei leicht geringerem Seitenumfang aus nur sieben Kapiteln. Der Umfang der einzelnen Kapitel korrespondiert mit dem Erzähltempo, das durch große Betulichkeit bestimmt ist. Die Erzählung ist formelhaft, Backstorys werden immer dort geliefert, wo sie am besten zu passen scheinen. Schattenkind ist sehr leicht zu lesen, erzeugt dabei einige Redundanzen und Beschreibungen, die Klischee sind und für den Fall wie die Protagonistin durchaus verzichtbar gewesen wären.

Die Lösung des Falls wird weniger durch klassische und auch heute noch übliche Polizeiarbeit geleistet. Zwar gibt es ein paar Gespräche, die der Polizist führt. Aber die erzeugen oder erhärten allenfalls Verdachtsmomente, zeigen zuerst einmal, wie die Umwelt möglichen Missbrauch wahrnimmt und damit umgeht. Den Fall selbst löst Inger Johanne, ihre Erklärungen liefert sie im Schlusskapitel.

Schattenkind hat eine klare Richtung, die durch die Dreifaltigkeit des Grundmotivs gegeben ist: die Auslöschung von 77 zumeist Jugendlichen, den Tod Sanders, die Schwangerschaft Inger Johannes.

Schattenkind

Anne Holt, Piper

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