Das vergessene Mädchen

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2013
  • 3
  • München: Piper, 2013, Seiten: 320, Originalsprache
Wertung wird geladen
Jörg Kijanski
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2012

Etwas zu viel des Guten.

Es sollte Anfang Dezember eine nette Klassenfahrt nach Straßburg werden, doch zurück in Heidelberg stellt sich heraus, dass eine Schülerin fehlt. Auch in den folgenden Tagen fehlt von der fast volljährigen Lea Lasalle jede Spur, so dass Kripochef Alexander Gerlach, dessen Zwillingstöchter Sarah und Louise in die gleiche Klasse gehen, inoffiziell auf Spurensuche geht. Leas Vater scheint die Abwesenheit seiner Tochter nicht weiter zu interessieren, vielmehr plagen ihn akute Alkoholprobleme und Schwierigkeiten zwischen ihm und Lea gab es ohnehin des Öfteren. Mitschüler Henning Dellnitz, das Computergenie der Klasse, ist schwer dagegen verliebt in Lea und macht sich große Sorgen. Mit nicht ganz sauberen Methoden versucht er zu helfen, doch wenige Tage nach Leas Verschwinden fehlt auch von Henning plötzlich jede Spur. Kurz darauf werden seine geliebte Vespa und sein Rucksack gefunden.

Es geht inzwischen stark auf Weihnachten zu und die Ermittlungen kommen nicht voran. Von einem älteren, reichen Freund ist die Rede, aber auch ein einflussreicher Politiker gerät in Verdacht. Dann wird zu allem Überfluss noch ein enger Mitarbeiter von Gerlach bei einer zweifelhaften Überwachungsaktion angeschossen und als wäre dies immer noch nicht genug, macht im Elsass ein Serienmörder Jagd auf junge Frauen...

Der Heidelberger Kripochef Alexander Gerlach, Protagonist und Ich-Erzähler, hat es gleich mit zahlreichen Vergehen und noch mehr Verdachtsmomenten zu tun. Dabei ist es schon auffällig, dass der Kripochef höchstpersönlich die (inoffiziellen) Ermittlungen leitet und mehrere seiner Mitarbeiter ihm ständig zur Seite stehen. Offenbar haben sie sonst nichts zu tun. Davon abgesehen ist der Plot eine wahre Achterbahnfahrt, denn neben den eingangs schon angerissenen Szenarien führt noch eine weitere Spur nach Israel und Afghanistan. Die Handlung ist trotz aller Spannung völlig überfrachtet. Der Plot und seine zahlreichen Side-Storys reichen für vier oder fünf Romane und wenn man das dann alles auf gerade einmal 300 Seiten verarbeiten möchte, dann hat man naturgemäß ein Problem. Folglich enden einige der Nebengeschichten mitunter so schnell und beiläufig wie sie entstanden sind. Viel Schaumschlägerei könnte man also sagen und in der Tat wird hier zu oft mit Nebelkerzen geworfen. Schade, da wäre mal wieder weniger mehr gewesen.

Sieht man von dem großen Durcheinander ab, bleibt eine spannende Geschichte, in der die Polizeiarbeit nicht zu kurz kommt. Die Ermittlungen und die damit verbundenen Belastungen für die Beteiligten werden ansprechend aufgezeigt und selbst für das Privatleben des Protagonisten bleibt reichlich Platz. Vor allem Gerlachs Privatleben scheint noch nicht gänzlich sortiert und dass seine beiden sechszehnjährigen Zwillingstöchter reichlich Probleme haben, die sich aus ihrer Pubertät ergeben, versteht sich (fast) von selbst und will daher ebenfalls ausführlich abgearbeitet werden.

Der Erzählstil ist interessant, die Geschichte hat nur wenige kleine Hänger, schlägt stattdessen aber zahlreiche Kapriolen. Wer nichts gegen eine turbulente Achterbahnfahrt hat und wem es zudem nichts ausmacht, dass sich einiges von selbst, einige wenige Sachen gar nicht aufklären, der darf hier zugreifen. Eine Bewertung der Auflösung des eigentlichen Falles, dem Verschwinden von Lea, soll aus verständlichen Gründen an dieser Stelle entfallen.

Das vergessene Mädchen

Wolfgang Burger, Piper

Das vergessene Mädchen

Deine Meinung zu »Das vergessene Mädchen«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren