Herr Groll und der rote Strom

  • Otto Müller
  • Erschienen: Januar 2010
  • 0
  • Salzburg: Otto Müller, 2010, Seiten: 277, Originalsprache
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Wolfgang Weninger
100°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2011

Ein kriminalistisches Kleinod

Herr Groll ist unterwegs mit seinem klapprigen, alten Renault 5, um wichtige Fracht zur Daube (Fischerhütte) seines Freundes Horst an die Donau zu bringen. Vierzehn Doppelliter Wein und ein Korb mit paniertem Fleisch gefüllt, frisch vom Heurigenbuffet müssen als Versorgung für die nächsten Tage dienen. Doch Groll wird unterwegs aufgehalten, denn auf einer Sandbank im Fluss sieht er ungewohnte Aktivitäten, denn dort tummeln sich mehrere Zillen der Feuerwehr und das Boot der Strompolizei. Für Groll ist offensichtlich, dass dort eine Wasserleiche gefunden wurde.

Weil er mit seinem Rollstuhl Joseph III. auf dem Radweg näher zur Fundstelle will und nicht sonderlich aufmerksam ist, muss ein Radfahrer ausweichen und stürzt so unglücklich in die Donau, dass ihn Herr Groll retten muss. Herr Nostitz, freischaffender Dozent der Soziologie, wird nach Hause gebracht und dessen Mutter, Madame Nostitz, hat ebenfalls Probleme, und da ist es gut, dass Herr Groll, seines Zeichens Inhaber der staatlich beeideten ISTROS, Lebens- und Vermögensberatung ist und sich darum kümmern kann.

Herr Groll, der sonst seinem Gewerbe auf einer Heurigenbank in einer Gaststätte beim Bisamberg nachgeht, wo auch seine Teilzeitfreundin Anita serviert und gelegentlich ein kleines Zubrot in Form eines Schäferstündchens gibt, hat nun genug Dinge, um die er sich kümmern muss. Sein Freund Horst, der gesundheitlich so schlecht dran ist, dass er nur mehr einen Doppelliter Wein pro Tag trinken darf und dessen Sohn Juri, der lieber die Schule schwänzt und fischen geht, müssen auf den rechten Weg gebracht werden. Und so nebenbei muss noch die Geschichte mit der Wasserleiche geklärt werden und auch die mörderischen Puppen im Garten von Madame Nostitz sollen weg. Und, und, und ... das Doppelagenten-Team Groll und Joseph kommt kaum zur Ruhe, während der Pegel an der Donau ständig steigt ...

Erwin Riess hat mit der Person des Herrn Groll (samt Rollstuhl Joseph) einen schlitzohrigen Kleinganoven zum Ermittler gemacht, den man in all seiner Skurrilität einfach gern haben muss. Dabei ist es weniger sein trockener Humor, der ihn so sympathisch wirken lässt, sondern eher die Tatsache, dass er das Herz am rechten Fleck hat, auch wenn es ein ewig grantelndes Wiener Herz ist.

Dass er dabei auch (dank seines Schöpfers) ein Mann mit profunden Kenntnissen der gemeinen Ökonomie und der Flussschifffahrt ist, lässt den Leser des Öfteren über diverse Bonmots schmunzeln.

Dabei nimmt Herr Groll und der rote Strom auch richtig Fahrt auf, denn außer den Menschen, die für Aufregung sorgen, droht auch die Donau über die Ufer zu treten und weil Groll und Freunde am Ufer leben, wird auch das Hochwasser zu einer lebensgefährlichen Bedrohung. Wie der Autor von der ironischen Betrachtung der Floridsdorfer Wirtschaft auf die Bilder am reißenden Strom umschaltet, ist sprachlich ein absolut gut gelungener Sprachspagat.

Herr Groll und der rote Strom ist ein kriminalistisches Kleinod, bei dem Spaß und Spannung beim Lesen gleichzeitig bedient werden, vor allem, weil der Autor keine ausgetretenen Krimipfade betritt und sich in dieser Eigenständigkeit aus dem Einheitsbrei deutlich heraushebt. Ich war schon lange nicht mehr so gut unterhalten, deshalb eine von mir sehr selten gehandhabte absolute Leseempfehlung mit 100°

Herr Groll und der rote Strom

Erwin Riess, Otto Müller

Herr Groll und der rote Strom

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