Stefan Lehnberg

04.2018 Stefan Lehnberg lässt in seinen Krimis Goethe und Schiller als Ermittlerduo auferstehen – und wie Andreas Kurth im Interview erfuhr, hat der Autor mit den beiden noch einiges vor.

Für mich sind Schreiben, Spielen und Inszenieren drei Seiten der selben Medaille.

Krimi-Couch.de:
Stefan Lehnberg, wie kommt man als Comedy-Autor auf die Idee, Goethe und Schiller als Ermittlerduo aufleben zu lassen?

Stefan Lehnberg:
Von Hause aus bin ja nicht Comedy-Autor, sondern komme vom Theater, Schauspieler und Regisseur. Einige Jahre war ich in Nürnberg am Staatstheater und zuvor und danach an anderen Theatern. Für mich sind Schreiben, Spielen und Inszenieren drei Seiten der selben Medaille, was natürlich ein etwas krummes Bild ist, aber gefühlsmäßig erscheint es mir stimmig. Und die komische Seite war schon immer meine Haupt-Herangehensweise an all diese Bereiche. In die Werke von Goethe und Schiller bin ich gewissermaßen hineingewachsen, nämlich durch meine Eltern. Meine Mutter, und später auch mein Vater, sind seit Jahrzehnten ganz große Goethe-Fans. In ihrer Bibliothek finden sich etliche Meter über ihn und alles, was mit ihm zutun hat. Das hat mich irgendwann angesteckt, so dass ich auch ziemlich oft in Weimar war und mich daher dort recht gut an den Originalschauplätzen auskenne. Die Orte, die in »Durch Nacht und Wind« beschrieben werden, beispielsweise das Labyrinth im Park von Belvedere oder diese unterirdische Park-Höhle, die gibt es ja alle wirklich.

Krimi-Couch.de: 
Wer hat denn mehr autobiographische Elemente von Dir mitbekommen – der arrogant-geniale Goethe oder der langmütig-clevere Schiller?

Stefan Lehnberg: 
Vielleicht ein bißchen mehr Goethe, denn mit Goethe kenne ich mich doch sehr viel besser aus.

Krimi-Couch.de: 
Um die Fahrt in der Montgolfiere realistisch schildern zu können, bist Du selbst ein paarmal Heißluftballon gefahren?

Stefan Lehnberg: 
Nein, ich habe mich theoretisch informiert. Ich bin nur einmal in Berlin, mit diesem SAT1-Ballon, der an einem Drahtseil hängt, in die Höhe gestiegen – das hat mir schon gereicht, denn in dieser Höhe hab ich mich genauso gefühlt, wie der Geheimrat im Buch. Eine sehr autobiographische Szene. Allerdings habe ich dann später – genau wie Goethe – die Höhenangst bekämpft, indem ich mich so oft wie möglich an Abgründe und auf hohe Türme begeben haben. Erstaunlicherweise hat das wirklich funktioniert.

Krimi-Couch.de: 
Thema Recherche: Schaust Du dir die historischen Schauplätze selbst an? Weimar hatten wir ja schon, aber gab es Reisen nach Nürnberg und jetzt Frankfurt?

Stefan Lehnberg: 
In Nürnberg habe ich ja fünf Jahre gelebt, wobei die Beschreibungen im Buch trotzdem meist fiktiv sind. Die Brücke gibt es wirklich, aber das Theater – ich war ja dort selbst am Theater, deshalb kommt wahrscheinlich auch eines im Roman vor – in der geschilderten Form gibt es so nicht.

Krimi-Couch.de: '
Wie sehr ist man als Autor versucht, in solche Kriminalromane komödiantische Elemente einzubauen, vor allem, wenn man selbst aus dem Genre kommt?

Stefan Lehnberg: 
Ich kann ja nur für mich sprechen – aber bei mir ist es so: ich kann gar nicht anders. Das fließt einfach so ein. Wenn ich jeden Tag schreibe, habe ich immer ein Ziel, was ich heute beschreiben möchte; und die Komik kommt dann immer von selber. Das plane ich nicht.

Krimi-Couch.de: 
Bleibt das Schreiben dieser Krimi-Reihe ein amüsanter Zeitvertreib, oder wird das neben der Arbeit als Schauspieler, Comedian und Regisseur ein mehr als ernsthaftes Projekt?

Stefan Lehnberg: 
Ein amüsanter Zeitvertreib ist es wohl nur für die Leser. Es zu schreiben ist die Hölle, zumal ich ja auch noch etwas anderes mache. Meine Radio-Comedy und andere Projekte, da muss man wirklich unheimlich diszipliniert sein, um sich jeden Tag etliche Stunden hinzusetzen – wobei man in Gedanken natürlich den ganzen Tag bis in die nächtlichen Träume daran arbeitet.

Krimi-Couch.de: 
Wie viele kriminalistische Abenteuer von Goethe und Schiller sind denn noch geplant?

Stefan Lehnberg: 
Wenn es nach mir geht, werden es dreizehn Bände. Das würde ich als perfekt empfinden. Und für den letzten Band habe ich auch schon eine ganz spezielle Idee, die ich aber noch nicht verrate.

Krimi-Couch.de: 
Warum 13 Bände? Dazu gibt es doch bestimmt eine Geschichte?

Stefan Lehnberg: 
Zwölf ist eine klassische Zahl. Zwölf Monate, zwölf Geschworene, zwölf Apostel und so weiter. Und Goethe hat ja auch meterweise geschrieben, also für diese Figur muss es schon dementsprechend sein. Der dreizehnte Band ist dann quasi die etwas andere Zugabe.

Krimi-Couch.de: 
Texten für diverse Comedy-Shows – ich greife hier mal »Die Harald Schmidt-Show« und »Anke Late Night« heraus – ist ja harte Arbeit. Wie entwickelt man da seine Ideen?

Stefan Lehnberg: 
Die meisten Comedy-Shows wie Harald Schmidt haben viele freie Autoren. Da wird man dann morgens angerufen und bekommt 6 Themen vorgegeben. Meistens von der Seite 1 der Bild-Zeitung. Und dann hatte man damals zwei Stunden Zeit, die Gags, die man in dieser Zeitspanne geschrieben hatte, dorthin zu schicken, damals noch per Fax.

Krimi-Couch.de: 
Das ist ja richtig Stress?

Stefan Lehnberg: 
Ein bisschen schon, aber damals war ich einfach dankbar, dass ich überhaupt dabei sein durfte. Ich fand Harald Schmidt genial, und als er mit seiner Show anfing, habe ich einfach da angerufen und gefragt, ob ich nicht mitarbeiten dürfte. Und zu meiner grenzenlosen Verblüffung hat man einfach ja" gesagt.

Krimi-Couch.de: 
Ist es da hilfreich, in Berlin zu leben, der Stadt mit Schnauze? Ich könnte mir vorstellen, dass man viel im täglichen Leben mitbekommt, was man aufgreifen kann?

Stefan Lehnberg: 
Bei Harald Schmidt habe ich damals ja zu Anfang noch in Nürnberg gewohnt, weil ich dort am Theater war. Aber egal, wo man lebt, man erfährt im täglichen Leben ständig Anregungen, und bei der Comedy ist es so: alles was einen ärgert ist ein unerschöpflicher Quell von Material – für den Rest der Welt ist es einfach nur Ärger, aber für Comedy-Autoren ist es pures Gold.

Krimi-Couch.de: 
Im August ist »Küss mich Kanzler« seit zehn Jahren auf Sendung. Angela Merkel ist doch ein dankbares Objekt, weil sie ständig genug Stoff liefert, oder?

Stefan Lehnberg: 
Ja. Wobei, wir sind jetzt schon fast bei 2500 Folgen, und ich versuche, möglichst nicht tagesaktuell zu sein. Die Sender hätten das immer gerne, aber ich versuche eher klassische Sachen zu schreiben. Darum ja auch Goethe und Schiller, ich bin ein großer Freund des klassischen, also von Texten, die man auch in 20 oder 50 Jahren noch hören oder lesen kann, ohne sich zu fragen: Was soll das? Nicht wie bei Harald Schmidt damals, da kamen beispielsweise über Monate Hunderte von Gags über Vater Graf vor, und heute weiß keine Sau mehr, wer das überhaupt war. Leider sind bei Küss mich, Kanzler!" natürlich auch alle Themen, die es rundherum so gibt, längst abgegrast. Von Überraschungseiern bis Batik ist wirklich jedes Thema, das überhaupt denkbar ist, schon behandelt worden, das macht es immer schwieriger, noch neue Ideen zu finden.

Krimi-Couch.de: 
Es ist viel die Rede von der »Kanzlerinnen-Dämmerung«. Was passiert, wenn Merkel abtritt? Wird es eine vergleichbare Serie wieder geben? »Hau ihm in die Fresse, Andrea« – oder so ähnlich?

Stefan Lehnberg: 
Das würde ich direkt so als Titel übernehmen. Da werden wir sicherlich darüber nachdenken, was wir dann machen. Man muss dann sehen, wie die Konstellationen sind, ob es Andrea Nahles ist, oder ganz jemand ganz anders. Man weiß es ja noch nicht. Wobei ich ja immer mit derselben Schauspielerin zusammen arbeite, Antonia von Romatowski, die die beste Merkel-Imitatorin Deutschlands ist. Es wäre also schon günstig, wenn es wieder um eine Frau gehen würde.

Das Interview führte Andreas Kurth im April 2018.
Foto: © Stefan Lehnberg

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