Puppenspiele

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2010
  • 5
  • München; Zürich: Piper, 2010, Seiten: 325, Originalsprache
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Andreas Kurth
93°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2010

Serienkiller der besonderen Art

Hauptkommissar Christian Beyer und seine Kollegen von der Sonderkommission Bund stehen auch bei ihrem neuen Fall vor einem zunächst unlösbar erscheinenden Rätsel. Mehrere junge Frauen werden in Deutschland und Frankreich höchst grausam getötet. Ihre Körper sind wie Kunstwerke hergerichtet, ihnen werden die Herzen heraus geschnitten und alle haben einen Spiegel in der Hand. Welche Botschaft steckt hinter der Inszenierung, die der Serienkiller mit seinen durchweg jungen Opfern veranstaltet? Die Zeit läuft dabei gegen die Ermittler, denn der Mörder ist schlau - und er wird sicherlich erneut zuschlagen.

Das Hauptproblem für die versierten Ermittler besteht darin, eine Verbindung zwischen den Opfern zu finden. Als sich endlich ein Muster abzeichnet, stoßen die Polizisten auf einen weiteren Mord, der völlig aus dem Raster fällt. Als sie neu ansetzen, kommen ihnen einige Zufälle und kluge Überlegungen zu Hilfe. Aber dann gibt es weitere Morde. Der Leser wird von der Autorin mit zusätzlichem Wissen gefüttert, über das die Kommissare nicht verfügen. Denn es gibt eine Person, die scheinbar in keinem Zusammenhang zu den Morden zu stehen scheint, aber dennoch eigene Ermittlungen in Auftrag gibt. Lange bleibt eher unklar, in welcher Beziehung sie tatsächlich zu dem Mörder steht. Als sich endlich die Schlinge der Polizei zu schließen beginnt, kommt der Killer einer Mitarbeiter der Soko Bund gefährlich nahe - und für Christian Beyer und seine Kollegen beginnt ein Wettlauf mit dem Tod. Im rasanten Finale werden schließlich alle offenen Fragen auf höchst überraschende Weise beantwortet.

Marina Heib zeigt im vierten Teil ihrer Reihe – die ersten drei habe ich nicht gelesen, und es spricht für die Serie, dass das auch nicht nötig ist - um Kommissar Beyer und die Soko Bund, dass auch deutsche Autoren überaus rasante Thriller schreiben können, die sich mit denen ihrer skandinavischen oder amerikanischen Kollegen mehr als messen können. Sie ist eine hervorragende Erzählerin, die ihre Leser von der ersten Seite an für die Geschichte zu interessieren vermag. Man hätte den Roman auch noch "auswalzen" können, aber sollte diese Versuchung bestanden haben, hat Marina Heib ihr bravourös widerstanden. Das Buch hat keine Längen oder Durchhänger, vielmehr wird der Leser geradezu atemlos bis zur letzten Seite durch die konstant spannende Handlung geleitet.

Christian Beyer ist endlich mal ein Ermittler, der kaum private Probleme hat. Vielmehr ist er überaus clever, und hat eine kluge Freundin, die mit der Soko überaus erfolgreich zusammen arbeitet. Aber auch die übrigen Charaktere dieser speziellen Ermittlergruppe sind keineswegs flach oder langweilig, sondern decken ganz bestimmte Talente oder Persönlichkeitstypen ab. Es wird nicht zu viel über das Sozialgefüge der Truppe geschrieben, was sich erfrischend auf den Fortgang der spannenden Handlung auswirkt. Auch hierin hebt sich die Autorin von anderen Schriftsteller angenehm ab. Der Wechsel der Sichtweisen ist recht geschickt gestaltet, ohne dass der Leser zuviel rätseln oder gar zurück blättern muss. Es werden Abschnitte aus der Sicht der Polizei geschildert, aber auch die Perspektive des Mörders präsentiert. Zwar gibt es keine Kapitel, aber dafür wird jeder Ortswechsel mitgeteilt, was die Orientierung ebenfalls erleichtert.

Die Autorin schreibt relativ geradlinig, geradezu schnörkellos. Und sie versteht es, die zeitweise durchaus schnellen "Umschnitte" so zu gestalten, dass die Spannung sogar noch erhöht wird. Insgesamt also ein überaus "süffiges" Buch, wenn der Ausdruck gestattet ist. Sicherlich könnte man die Augen verdrehen, weil mal wieder ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Puppenspiele hebt sich jedoch deutlich von vergleichbaren Romanen ab, denn das Motiv des Killers ist schon recht speziell und ungewöhnlich – kann hier aus naheliegenden Gründen jedoch nicht weiter enthüllt werden. Ich war jedenfalls einigermaßen perplex, als im furiosen Finale die losen Fäden zusammen geführt wurden. Mag sein, dass alte "Krimi-Hasen" die Nase rümpfen, aber schließlich gibt es nicht nur routinierte Konsumenten von Kriminal-Literatur, sondern auch junge, neue Leser. Für mich hat die Soko Bund jedenfalls noch einiges Potenzial für weitere Folgen, vor allem dann, wenn die Geschichte so raffiniert ausgedacht und lesenswert erzählt ist.

Puppenspiele

Marina Heib, Piper

Puppenspiele

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