Der Totenmeister

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2009
  • 25
  • London: Michael Joseph, 2007, Titel: 'King of Swords', Originalsprache
  • München: Goldmann, 2009, Seiten: 608, Übersetzt: Heike Steffen
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Lars Schafft
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2008

Gewaltig

Miami, Florida. Wir befinden uns in den frühen 80-er Jahren, und Amerikas Sonnenstaat ist zu dieser Zeit alles andere als ein Ort für sonnige Gemüter: Kubaner überschwemmen Miami genau so wie Koks. Auf den Straßen herrscht blutiger Krieg und die Platzhirsche schrecken vor keiner Gewalt zurück. Mittendrin: Cop Max Mingus und sein schwarzer Kollege Joe Liston, dessen Gewissen im Gegensatz zu Mingus´ blütenweiß ist. Im alltäglichen Kampf mit der MTF, der Miami-Task-Force, einer Eliteeinheit der Polizei, und ihrem großen Widersacher, Solomon Boukman, dem ungekrönten König der Unterwelt, bekommt es das ungleiche Duo, das aber wie Pech und Schwefel zusammenhält, zu allem Übel noch mit einem äußerst skurillen Mord zu tun. Die Leiche, stark verwest im Zoo Miamis aufgefunden, trägt nämlich eine Tarot-Karte im Magen. Abgebildet ist der "König der Schwerter", gleichzeitig Namensgeber für Stones Roman (im Original "The King of Swords"). Die Spur führt Mingus und Co. in eine Schattenwelt, in der dunkle Magie und Voodoo eine größerer Rolle spielen, als es ihnen lieb sein kann.

Der Totenmeister zieht aus mehreren Gründen in seinen Bann. Zum einen gelingt Stones "Kniff", seinen zweiten Roman um Max Mingus etwa fünfzehn Jahre früher anzusiedeln als Voodoo, ganz hervorragend: Wie ein Schatten steht über der Handlung, was der Leser aus Voodoo bereits weiß. Dass Max Mingus nicht für ewig ein Cop bleiben soll und dass Oberbösewicht Solomon Boukman irgendwie sein finsteres Treiben weiterführen wird. Das gibt nicht nur Raum für Spekulationen während des Lesens, sondern sicherlich auch für den ein oder anderen weiteren Mingus-Thriller in der Zeit zwischen den frühen 80ern und Mitte der 90er.

Zum anderen ist der Plot ums Duo Mingus-Liston erfrischend neuartig für einen doch recht reinrassigen Hardboiled, der ein wenig an James Ellroys Los Angeles erinnert. Miami assoziiert der Leser nicht nur dank Sonny Crockett und Ricardo Tubbs aus Miami Vice mit bunten Farben und einem Schuss Exotik. Mit weißen Anzügen, kombiniert mit rosa Hemden, hat Der Totenmeister glücklicherweise wenig zu tun. Nick Stone verschmiert dieses Bild mit roher Gewalt, Korruption in allen Kreisen und einem ordentlichen Kleckser Mystik, vor allem durch den legendären Erzfeind Solomon Boukman und seine Voodoo-Praktiken.

Last but not least: Stones Szenen und Stones Sprache sind lebendig, pointiert, bildhaft und mit originellen wie anschaulichen Bildern gespickt (man stelle sich nur einen Zigarette rauchenden Gorilla vor!), die manch bluttriefende Szene fast in ein aberwitziges Licht tauchen:

 

"Sie fanden sechs Leichen [...] Sie sahen so aus, als drohten sie abzuheben und aus dem Zimmer zu schweben, hoch über das Haus in den Himmel über Miami."

 

Der Totenmeister ist einerseits ein Hardboiled, wie in Kenner schätzen, auf der anderen Seite aber auch auf seine Art neu im Sinne von besonders spritzig, bissig, böse und hinterhältig. Nick Stones zweiter Roman belegt eindrucksvoll, dass am Second-Novel-Syndrome nichts dran sein muss. Der Totenmeister ist kraftvoll, Gewalt beschreibend wie gewaltig, ein wenig durchgeknallt und auch mit seinen knapp 600 Seiten ein Reißer, der zudem noch streckenweise tiefgründig daherkommt. Ein starker Autor mit einem äußerst starken zweiten Werk.

Der Totenmeister

Nick Stone, Goldmann

Der Totenmeister

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