Der schwarze Steg

  • C. Bertelsmann
  • Erschienen: Januar 2007
  • 12
  • Stockholm: Bonnier, 2006, Titel: 'Svart stig', Originalsprache
  • München: C. Bertelsmann, 2007, Seiten: 413, Übersetzt: Gabriele Haefs
  • Hamburg: Hörbuch Hamburg, 2009, Seiten: 5, Übersetzt: Nina Petri
Der schwarze Steg
Der schwarze Steg
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Eva Bergschneider
90°1001

Krimi-Couch Rezension vonDez 2007

Ein Tick intensiver als andere Kriminalromane

Die schwedische Autorin Åsa Larsson setzt mit Der schwarze Steg ihre Krimi-Reihe mit der Polizeikommissarin Anna Maria Mella und der Anwältin Rebecka Martinsson fort. Der Roman schließt an seinen Vorgänger "Weiße Nacht" an und blickt auf die Geschehnisse zurück. Rebecka Martinsson erholt sich nur langsam von ihrer Psychose und den traumatischen Ereignissen um den Tod ihres Partners. In die Anwaltskanzlei möchte sie nicht zurück kehren. Statt dessen versucht sie, in ihrer alten Heimat Fuß zu fassen. Doch auch der Job als stellvertretende Staatsanwältin in Kiruna konfrontiert sie mit dem Tod; Inna Wattrang, Managerin einer Grubengesellschaft wird ermordet in einer Fischerhütte aufgefunden.

Eine schwedische Tellerwäscher-Geschichte

Mauri Kallis hat sich aus schwierigen sozialen Verhältnissen zum Boss eines erfolgreichen Unternehmens hochgearbeitet. Auf der Uni spekulierte er mit dem Geld seines aus verarmten Adel stammenden Kommilitonen Diddi Wattrang. Mauri, Diddi und seine Schwester Inna bilden schließlich die Geschäftsführung von Kallis-Mining, einer global agierenden Gesellschaft, die mit Konsessionen für die Abbaurechte von Bodenschätzen handelt. Kallis-Mining unterhält Geschäftsbeziehungen zu den Regierungen afrikanischer Bürgerkriegs-Staaten wie Uganda und wird von den Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Doch Inna Wattrang schafft es stets im richtigen Moment wirksame PR Aktionen zu arrangieren, bevor der Ruf der Gesellschaft ernsthaft Schaden nimmt. Mauri Kallis, seine Ehefrau Ebba und ihre zwei Kinder leben mit Diddi, dessen Familie und Inna Wattrang auf dem Anwesen Regla, einer Art Kommune für Reiche. Alles scheint perfekt zu funktionieren, bis Inna Wattrang mit Stromschlägen gefoltert und ermordet aufgefunden wird.

Ein starkes Team ergänzt sich

Für die Polizeikommissarin Anna Maria Mella ist es merkwürdig, mit Rebecka Martinsson nach ihrem Zusammenbruch zu arbeiten. Doch die pragmatische Ermittlerin weiß bald die harte Arbeit der stellvertretenden Staatsanwältin und ihre intimen Kenntnisse der Wirtschafts-Szene zu schätzen. Es ist zunächst unklar, ob prätentiöse Obsession oder politische Intrigen den Mörder zu Inna Wattrang geführt haben. Man ahnt lediglich, dass Inna Wattrangs Tod erst den Anfang einer folgenschweren Ereigniskette darstellt.

Zurück ins Leben

Sechs Bände wird diese Krimi-Serie einmal umfassen. Åsa Larsson hat nicht nur einen komplexen Kriminalfall konstruiert, sondern auch die Rahmenhandlung mit der Anwältin Rebecca Martinsson weiter geführt, ohne diese zu sehr in den Vordergrund zu stellen. Martinsson vergräbt sie in die Arbeit und kämpft sich durch die Höhen und Tiefen der Vergangenheitsbewältigung, die sie lange verdrängt hat. Unaufdringlich dosiert zeichnet die Autorin Rebecca Martinssons Weg zurück in die Realität und zu einer neuen Liebe.

Unzählige Handlungsebenen und ein Schuss nordische Mythologie

Åsa Larsson selbst veranschaulicht in Der schwarze Steg den Handlungsaufbau des Romans:

 

"Immer gibt es es einen Spalt oder einen Riss oder ein Tal oder eine Schlucht in der Landschaft. Seht ihr? Hier. Und hier."
"Eine Welt dahinter" sagt jemand.
"Narnia vielleicht", versucht jemand zu scherzen.

 

Gemeint ist hier zwar, die künstlerische Arbeit von Mauris Halbschwester Ester, diese Metapher versinnbildlicht allerdings sehr treffend den Aufbau des Romans. Die Handlung wechselt abrupt aus dem Geschehen der Gegenwart zum Rückblick in die Vergangenheit, der Schauplatz verlagert sich von Schweden nach Afrika oder nach Lappland.

Diese scheinbare Strukturlosigkeit begünstigt nicht gerade den Lesefluss und erzwingt eine hohe Konzentrationsleistung. Sie verdeutlicht aber, was inhaltlich immer klarer zum Vorschein kommt; wie Domino-Steine formieren sich die Ereignisse zu einem Erdrutsch, der nicht aufzuhalten ist und weitere Opfer fordern wird.

Die wie Parallelwelten verschachtelten Handlungsebenen sind nicht die einzige Anlehnung an das Fantasy-Genre. Ein wenig nordische Mythologie spielt eine wichtige Rolle. Ester, in der Psychiatrie als Kind eines Inders und Mauris geisteskranker Mutter geboren, wuchs bei den Samen auf und sieht Visionen aus der Vergangenheit und der Zukunft.

Ein Feuerwerk an sprachlicher Schönheit und Raffinesse

Selten werden Kriminalromane in einem so hohem literarischen Niveau geschrieben, Åsa Larsson präsentiert ihren Lesern eine breite Palette sprachlicher Kunstfertigkeit. Lakonie und Poesie, sachlich formulierte Passagen und farbenprächtige Beschreibungen wechseln einander ab und prägen einen unverwechselbar kreativen Sprachstil.

Diese sprachlichen Variationen verleihen dem Roman etwas Unberechenbares. Der Leser taucht in eine Atmosphäre frostiger Dunkelheit und Mystik ein. Aber auch die zwischenmenschlichen Beziehungen kommen nicht zu kurz und sorgen für einige wärmende Momente.

Der schwarze Steg lässt sich nur schwer in eine Genre-Schublade einordnen. Die Autorin integriert eine Beziehungsgeschichte in einen nordischen Polit-Krimi mit fantastischen Elementen. Åsa Larssons intelligentes und unterhaltsames Werk hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Der schwarze Steg wirkt schön und geheimnisvoll, wie ein Polarlicht.

Der schwarze Steg

Åsa Larsson, C. Bertelsmann

Der schwarze Steg

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