Tatmotiv unbekannt

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2006
  • 2
  • München: Blanvalet, 2006, Seiten: 381, Übersetzt: Friederike Buchinger
  • Stockholm: B. Wahlström, 2005, Titel: 'Brottsplats Rosenbad ', Seiten: 309, Originalsprache
Tatmotiv unbekannt
Tatmotiv unbekannt
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Sabine Reiß
69°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2006

Recht durchschnittlicher Schwedenkrimi

Mit ihrem zweiten Krimi "Tatmotiv unbekannt" knüpft die schwedische Autorin Annika Bryn lose an den Vorgängerroman "Die sechste Nacht" an, indem sie drei Figuren einbindet, die in ihrem Debüt die Hauptrolle spielten. Dies ist insofern ungewöhnlich, als dass es sich nicht um ein Polizeiteam oder ähnliches handelt, sondern um drei Personen mit unterschiedlichem Background.

Kriminalkommissarin Margareta Davidsson übernimmt die Ermittlungen bei einem Mordanschlag im Rosenbad, dem Gebäude, in dem in Stockholm ein Großteil der schwedischen Ministerien untergebracht ist. Eine enge Mitarbeiterin von Schwedens Justizministerin Karin Landberg wird in deren persönlichen Raum schwer verletzt aufgefunden. Das Motiv ist dabei nicht klar. War wirklich die aus Guatemala stammende Beatrice Chiquin gemeint, die in ihrer Heimat politisch sehr aktiv war und dort für ihre Überzeugung durch die Hölle gegangen ist, oder galt der Anschlag der Justizministerin selbst, die mit ihren Ansichten nicht überall auf Akzeptanz stößt? Und wie hat sich der Täter Zutritt zum abgesicherten Ministerium verschafft?

Margareta erhält von Rechtsanwalt John Danielsson (dem Entführungsopfer aus dem Vorgängerroman) einen wertvollen Hinweis für ihren derzeitigen Fall, der sie beinahe zu spät erreicht. Und auch Kent, der Polizist, der damals undercover ein Mitglied der Nazibande (den Entführern) mimte, übt einen maßgeblichen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte aus.

Annika Bryn will zuviel

Die Bemühungen der Autorin, gerade wieder jene Personen ins Spiel zu bringen, deren Schicksal sie bereits einmal verknüpft hat, sind meines Erachtens fehlgeschlagen. Es wirkt in meinen Augen unnatürlich, dass gerade diese drei abermals aufeinandertreffen und unabhängig voneinander in den vorliegenden Fall einbezogen werden. Annika Bryn macht es dem Leser mit ihren Andeutungen über die Geschehnisse der Vergangenheit nicht gerade leicht, mit den Figuren warm zu werden, sie baut damit sogar eine eigentümliche Distanz auf, die man nur schwer überwinden kann.

Die Autorin bedient sich im vorliegenden Krimi im weitesten Sinne des klassischen Musters des "geschlossenen Raums", und das sogar in zweierlei Hinsicht. Nicht nur das Zimmer, in dem Beatrice Chiquin angegriffen wird, ist lediglich durch eine Tür mit den anderen Räumen der Justizministerin verbunden (also nicht gerade leicht zugänglich), auch der unbeobachtete Zugang zum Rosenbad ist durch Kontrollmechanismen eigentlich unmöglich. Freilich haben wir hier keinen Rätselkrimi à la "Dickson Carr" vor uns, sondern einen recht typischen skandinavischen Krimi, bei dem viel Wert auf Beschreibung der persönlichen Verhältnisse gelegt wird. Neben dem politischen Hintergrund und einem möglichen Anschlag auf eine Ministerin - wie im Fall Anna Lindh - kommt auch die gesellschaftspolitische Seite nicht zu kurz: Die Ermittlerin kann auch Motive wie Fremdenhass und Ablehnung homoerotischer Beziehungen nicht ausschließen.

Nach einem langsamen Start gewinnt der Roman zwar an Spannung, aber leider ist das Ende nicht sehr überzeugend. Immerhin ist die Präsentation des Täters zumindest eine kleine Überraschung - der Leser ahnt es ein wenig früher als die Beteiligten -, doch das Motiv ist unglaubwürdig. Zurück bleibt ein durchschnittlicher Schwedenkrimi in einem interessanten Umfeld, der die an ihn gestellten Erwartungen nicht vollends erfüllen kann.

Tatmotiv unbekannt

Annika Bryn, Blanvalet

Tatmotiv unbekannt

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