Eine Reihe, die regelrecht süchtig macht.
Eine rätselhafte Traueranzeige führt das Team der Sondereinheit Gruppe 4 zu einem abgelegenen Bauernhof. Hier im Nirgendwo soll die Trauerfeier des seit drei Tagen vermissten Daniel Wissmer, Inhaber des Lehrstuhls für Paläontologie, stattfinden. Vor Ort bietet sich der Ermittlerin Mila Weiss und ihrem Kollegen Jakob Krogh ein Bild des Grauens: In einem versteckten Erdkeller entdecken sie den gesuchten Dozenten und eine weibliche Person. Beide wurden in einer Kühlkammer gefesselt und sind dort bei eisigen Temperaturen erfroren - während draußen die Menschen seit Wochen unter einem Hitzesommer leiden. Am Tatort finden die Ermittler eine mit Asche geschriebene, geheimnisvolle Botschaft: „Das Sterben hat begonnen.“
Eine erste Spur führt die Gruppe 4 zu Jan-Christian Bode, Wissmers Vorgänger an der Universität. Der brillante, hochintelligente Wissenschaftler hat vor einigen Jahren zwei Studenten und seine Frau ohne ersichtlichen Grund brutal ermordet. Das Problem: Bode wurde als nicht zurechnungsfähig eingestuft und nach seiner Verurteilung in einer geschlossenen Klinik für forensische Psychiatrie untergebracht - ohne die Möglichkeit, die Einrichtung zu verlassen. Es ist daher ausgeschlossen, dass er der Täter ist. Doch der hochgradig manipulative Bode scheint mehr zu wissen und treibt ein perfides Spiel mit Weiss und Krogh. Als zwei weitere Tote gefundenen werden, ahnt das Ermittlerteam, dass die Zeit drängt - denn das Sterben hat gerade erst begonnen.
Zweiter Band der Reihe
Der Deutsch-Franzose Benjamin Cors beschreibt sich selbst als „Autor und Journalist, Beobachter und Aufschreiber“. Dass er dies meisterhaft versteht, beweist er bereits seit Jahren mit seiner „Normandie-Reihe“ um den charismatischen, aber eigenwilligen Personenschützer Nicolas Guerlain. Nun erscheint ebenfalls bei dtv mit „Aschesommer“ die Fortsetzung seiner komplexen, extrem spannenden Thrillerreihe rund um die Gruppe 4, einer Sondereinheit zur Aufklärung von „Straftaten mit seriellem Muster“. War der erste Teil ein extrem düsterer, „winterlicher“ Thriller, überzeugt der zweite „sommerliche“ Band mit einer ungemein cleveren Idee und einer sehr dichten Atmosphäre.
Besonderes Ermittlerteam
Im Mittelpunkt steht erneut die ungewöhnliche Ermittlereinheit zur Bekämpfung schwerwiegender und heimtückischer Verbrechen in Verbindung mit Serientätern. Geleitet wird die Gruppe 4 von Jakob Krogh, der noch immer um den Verlust seiner Familie trauert, und Mila Weiss, einer äußerst gradlinigen und selbstbewusste Ermittlerin, die zuletzt als Verbindungsbeamtin in Wien tätig war. Die 37-jährige Ermittlerin ist nicht ohne Grund nach Deutschland zurückgekehrt, trägt sie doch ein dunkles Geheimnis mit sich, welches am Ende des aktuellen Romans gelüftet wird.
Zum Team gehört des Weiteren neben der für Cyber-Kriminalität zuständigen quirligen und äußerst unkonventionellen Lucy Chang auch der Finne Tuure Salo, der für die Arbeit vor Ort zuständig ist. Während Frauke Ibsen den Bereich Organisation und Recherche übernimmt, kümmert sich der erfahrene Ludger Palm im Hintergrund um die Ermittlungsarbeit. Neues, festes Mitglied der Gruppe ist der pensionierten Fallanalyst Max Bender, der das Team bereits bei den „Krähenmorden“ als Berater unterstützte.
Einfallsreiche Umsetzung
Während das Motiv des Täters ein altbekanntes ist und auch schnell deutlich wird, wie dieser dabei vorgeht, ist die Umsetzung der Mordreihe nicht nur ungewöhnlich, sondern eine großartige Idee des Autors. Wer hier fragt, ob dies denn überhaupt realistisch sei und ob denn immer alles logisch erscheine, kann Thriller nicht wirklich mögen. Ja, bei der komplexen Umsetzung der Morde hakt es an kleineren Stellen etwas - beim Täter wie auch bei der Umsetzung durch Benjamin Cors. Das tut der Spannung aber keinen Abbruch. Denn die Idee des Romans ist ebenso überzeugend wie deren inhaltliche Umsetzung. Das Erzähltempo ist enorm hoch, die Figurengestaltung erneut gelungen. Dies gilt insbesondere für den Charakter des Psychopathen Jan-Christian Bode, der verstörend und faszinierend zugleich ist. Die Figur erinnert in gewisser Weise an den legendären Hannibal Lecter, wenn er mit dem Ermittlerteam sein Spiel treibt und es genießt, dass man an seiner scheinbar überlegenden Intelligenz zu scheitern droht. Cors inszeniert diese Szenen in beeindruckender Weise in einer Art Kammerspiel. Genau hier weiß der Roman am meisten zu überzeugen.
Packendes Ende
Man spürt regelrecht, wie das Ermittlerteam unter der Hitze des Sommers leidet. Die explosive Stimmung bei den Mitgliedern der Gruppe 4 ist geradezu greifbar. Gleichzeitig steigert sich die Anspannung zunehmend und ebenso wie das Wetter entlädt sich diese am Ende mit aller Wucht. Nach der Überführung des Täters ist aber noch lange nicht Schluss. Wer den ersten Band der Reihe kennt, darf sich auf die Auflösung eines Geheimnisses freuen. Darüber hinaus deutet Benjamin Cors ebenfalls an, wie es mit der Gruppe 4 weitergehen könnte. Auf die Umsetzung darf man bereits jetzt sehr gespannt sein.
Fazit
Genauso müssen spannende und packende Thriller geschrieben werden. Man jagt aufgrund des kurzweiligen, temporeichen Erzählstils regelrecht durch die Seiten. Der Autor hat ein feines Gespür für seine Figuren, die er ebenso ungewöhnlich wie genau zeichnet. Benjamin Cors ist einfach ein Garant für einfallsreiche Thriller.

Benjamin Cors, dtv
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