Insel

  • btb
  • Erschienen: Juli 2020
  • 1

- OT: Drungi

- aus dem Isländischen von Kristian Lutze

- Bd. 2/3

- Broschur, 384 Seiten

Insel
Insel
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Carola Krauße-Reim
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2020

Gute Landschaftsbeschreibungen machen keine Thriller

1987 wird die Leiche einer jungen Frau in einer einsamen Jagdhütte im Nordwesten von Island gefunden. 10 Jahre später treffen sich ihre vier Freunde auf der einsamen kleinen Insel Elliðaey, um sich an sie zu erinnern - und wieder stirbt jemand. Kommissarin Hulda Hermannsdóttir ermittet ...

Und Hulda leidet weiter

Dies ist der zweite Band der Hulda-Trilogie. Man muss nicht zwingend den ersten Band Dunkel gelesen haben, aber es wäre zum Verständnis des Aufbaues der Reihe durchaus sinnvoll, denn Insel spielt größtenteils 1997, also ca. 15 Jahre vor Dunkel. Wieder hat der Autor die Handlung gesplittet: in den mit privaten Problemen angehäuften Part rund um Hulda und den Part um die Ermittlungen. Jónasson konzentriert sich dabei hauptsächlich auf die vier Freunde und auf den Mord im Jahr 1987, bei dem der Vater des Opfers überraschend verhaftet wird; denn anders als die Leser weiß die Polizei nicht, dass einer der Freude, Benedikt, mit in der Jagdhütte war. Und so steht Hulda dieses Mal nicht im Mittelpunkt; erst nach gut 200 Seiten greift die Kommissarin eingehender in das Geschehen ein. Bis dahin erfährt man lediglich vom Tod ihrer Familie und ihrer Mutter und der ergebnislosen Suche nach ihrem Vater. Anders als bei chronologisch aufeinander aufbauenden Trilogien nimmt der Autor durch die zeitliche Rückwendung der Protagonistin die Möglichkeit der Entwicklung: Nicht nur, dass der Leser um die Zukunft Huldas weiß, sie kann natürlich 1997 keinen wesentlich forscheren Charakter haben als Jahre später. Und so gibt sie auch dieses Mal das klaglose Opfer, als ihre Beförderung abgelehnt wird, und wehrt sich nicht gegen das machohafte Gehabe auf dem Revier. Wer jetzt erst in die Trilogie einsteigt, wird eine vom Schicksal gebeutelte Frau kennenlernen, die allzu fatalistisch ist. Wer schon den ersten Band gelesen hat, nimmt ebenso fatalistisch die gleichen ständigen Wiederholungen und die in ihrer Passivität etwas nervige Kommissarin hin.

Spannung kommt selten auf

Insel gehört definitiv nicht zu den atemraubenden Thrillern, wie man sie von anderen skandinavischen oder isländischen Autoren gewöhnt ist. Langsam plätschert das Geschehen vor sich hin, bis ganz zum Schluss eine Wendung eingearbeitet wird, die für den Leser nicht ersichtlich war und die zu einem überraschenden und tragischen Ende führt. Lediglich die Frage, ob sich Hulda nicht vielleicht doch einmal gegen ihre Kollegen auflehnt, lässt dem Leser keine Ruhe - besonders da sich immer mehr herauskristallisiert, dass Kommissar Lýður wohl wegen einer schnelleren Beförderung die Verhaftung des Vaters vorangetrieben hatte und auch sonst nicht zimperlich war. Aber Hulda wäre nicht Hulda, wenn da außer geringem Protest mehr kommen würde. Lediglich die Schilderungen der wilden Schönheit Islands unterbrechen die monotonen Verhöre der vier Freunde und die träge verlaufende Geschichte. Diese atmosphärisch dichten Naturbeschreibungen geben zwar die Stimmung gut wieder und lassen Einblicke in das Leben der Isländer und ihre Seele zu, aber das macht eine Geschichte nicht zu einem Thriller.

Fazit

In Insel dreht sich die Handlung um die Ermittlungen und weniger um die privaten Probleme der Kommissarin. Durch die zeitliche Orientierung in die Geschehnisse viele Jahre vor dem ersten Band Dunkel, nimmt das Wissen um die Zukunft der Gegenwart viel an Aktualität, und so sind Neueinsteiger gegenüber Kennern der Trilogie eindeutig im Vorteil - ist doch für sie nicht nur der Fall neu, sondern auch die Person Hulda Hermannsdóttir.

Insel

Ragnar Jónasson, btb

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