Inseldämmerung

  • Emons
  • Erschienen: Oktober 2020
  • 3

- TB, 288 Seiten

Inseldämmerung
Inseldämmerung
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Thomas Gisbertz
72°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2020

Spannender Nordsee-Thriller

24. Dezember in Hamburg: Drei Männer flüchten nach einem brutalen Raubüberfall vom Festland nach Amrum, das von einem heftigen Sturm heimgesucht wird. In der Hoffnung auf Unterschlupf klopfen sie am Heiligen Abend an die Tür einer jungen Familie, die auf der Insel ihre Weihnachtsferien verbringt. Als sie eingelassen werden, nimmt das Schicksal seinen blutigen Lauf – und Inselpolizist Nils Petersen steht vor seinem bislang schwersten Fall ...

Brutale Kriminelle auf der Flucht

Diebstahl, Körperverletzung, bewaffnete Raubüberfälle, dazu Mitglied bei den Hell‘s Angels und der russischen Mafia - es gibt nichts, was Verbrecher Brockhaus noch nicht gemacht hätte. Kaum aus der JVA Hamburg-Fuhlsbüttel entlassen, plant er zusammen mit seinen Handlangern Simon Hageland und Till Zumrot den nächsten Coup. Diesmal soll es aber eine ganz große Nummer sein: Die drei Kriminellen überfallen einen Geldtransporter und erbeuten fast 14 Millionen Euro. Doch auf ihrer Flucht über das Meer nach Dänemark zieht ein Unwetter auf. Der Motor ihres Bootes fällt aus und die drei Männer stranden verletzt auf Amrum. Nachdem sie eine Familie als Geisel genommen haben, die dort gemütlich das Weihnachtsfest verbringen wollte, spitzen sich die Ereignisse zu. Denn Brockhaus ist ein Mann, der seinen Willen durchsetzt, auch wenn er dafür über Leichen gehen muss ...

Fortsetzung der „Inselreihe“

Autor Bent Ohle, 1973 in Wolfenbüttel geboren, wuchs in Braunschweig auf und studierte zunächst in Osnabrück im Fachbereich Sozialwissenschaften, bis er an die Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg wechselte, wo er 2004 als Film- und Fernsehdramaturg seinen Abschluss machte.

Der 2011 im Piper Verlag erschienene Thriller Totenflut wurde mit dem Gong-Krimipreis ausgezeichnet. 2013 begann mit Inselblut die Reihe um den Amrumer Inselpolizisten Nils Petersen. Der Roman wurde 2014 unter dem Titel Tod auf der Insel mit Kai Scheve und Lisa Martinek für das ZDF verfilmt. Bis 2016 folgten mit Inselgrab und Inselschatten zwei Fortsetzungen in Buchform. Darüber hinaus veröffentlichte Bent Ohle ebenfalls im Emons-Verlag diverse weitere, zum Teil amüsante Kriminalerzählungen. Unter dem Pseudonym Alessandro Montane verfasste er zudem zwei Gardasee-Krimis. Nun folgt mit Inseldämmerung endlich der vierte Band der noch zu wenig beachteten „Inselreihe“.

Ungewöhnliche Fortsetzung

Wer spannende Nordsee- bzw. Inselkrimis mag, der kommt an der Amrumreihe von Bent Ohle einfach nicht vorbei. Es hat einige Jahre gedauert, bis nun mit Inseldämmerung endlich ein neuer Fall um Inselpolizisten Nils Petersen veröffentlicht wurde. Aber das Warten hat sich gelohnt. Hier stimmt einfach Vieles: eine trotz Weihnachten düstere Atmosphäre, ein gut durchdachter Plot und Dialoge, die zu überzeugen wissen.

Dennoch ist der vierte Band der Reihe anders als seine Vorgänger. Dies liegt zum einen daran, dass etwa die Hälfte der Handlung in Hamburg spielt. Auch eine typische Inselatmosphäre, wie sie ansonsten so charakteristisch für diese Reihe ist, mag diesmal nicht richtig aufkommen. Dafür konzentriert sich die Handlung fast nur auf einen Handlungsort, nämlich das „Haus Dünenglück“, die Ferienunterkunft der Familie Trender. Aber die Idee dieses Settings geht auf, denn der Krimi weiß dramaturgisch mehr als zu überzeugen - auch oder gerade weil im Gegensatz zu den Vorgängerbänden Inseldämmerung mit 279 Seiten relativ schmal daherkommt.

Neben dem Inselpolizisten Nils, der diesmal eine vergleichsweise kleine, aber natürlich nicht weniger wichtige Rolle einnimmt, ermitteln in Hamburg Hauptkommissar Stehlbek und Oberkommissar Ullrich. Dadurch kann die Vorgeschichte und damit das Leben des brutalen Hauptkriminellen Brockhaus besser durchleuchtet werden; dies verleiht der Figur mehr Tiefe und Schärfe.

Bruch mit der Weihnachtsstimmung

Die Inselreihe von Bent Ohle ist nichts für Zartbesaitete, da die Verbrecher durchaus brutal vorgehen. Der Autor überschreitet aber nie die Grenze hin zu übertriebenen Gewaltfantasien. Dadurch wirkt das Vorgehen von Brockhaus, Hageland und Zumrot mitunter zwar drastisch und eiskalt, ist aber unter Berücksichtigung der Figurendarstellung nachvollziehbar.

Während sich Polizist Nils und seine Frau über die gemeinsamen Weihnachtstage mit ihrer Tochter Anna freuen, scheint aufgrund familiärer Spannungen bei Familie Trender kaum weihnachtliche Stimmung aufzukommen. Aber erst durch die Geiselnahme eskaliert die Situation zwischen den Familienmitgliedern zunehmend.

Dabei läuft die Handlung zunächst eher gemächlich an, steigert sich aber wie das geschilderte Unwetter immer mehr und rollt letztendlich wie eine gewaltige Welle über die Insel und besonders die fünfköpfige Familie Trender. Einen besonderen Clou hebt sich der Autor noch für das Ende auf, das äußerst action- und temporeich geschildert wird.

Fazit

Bent Ohle gelingt auch mit dem vierten Band seiner Inselreihe um den Polizisten Nils Petersen eine kurzweilige, rasante und atmosphärisch unheimlich düstere Kriminalerzählung. Dramaturgisch wie inhaltlich weiß Inseldämmerung mehr als zu überzeugen. Nicht nur für alle, die den Winterurlaub auf einer Insel verbringen wollen, das perfekte Weihnachtsgeschenk - wenn man Spannung und Nervenkitzel mag.

Inseldämmerung

Bent Ohle, Emons

Inseldämmerung

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