Der Sohn des Apothekers

  • Leda
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
  • Leer: Leda, 2012, Originalsprache
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Lars Schafft
78°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2012

Tatort Kaff

Seine Mystery-Thriller erscheinen in amerikanischer Aufmachung beim großen Goldmann-Verlag, seine Krimis um Kommissar Martin Trevisan aus Wilhelmshaven im deutlich kleineren Leda-Verlag – und doch können diese weitaus mehr begeistern als die Bombastromane. Mit Der Sohn des Apothekers kommt nun der sechste Fall der Trevisan-Reihe auf den Markt. Autor Ulrich Hefner überzeugt darin wieder mit einem gekonnten Police-Procedural aus Norddeutschland. Kein Wunder, dass der Mann sein Metier versteht: Hefner arbeitet selbst als Polizist und kennt die Arbeit seines Protagonisten aus dem Effeff.

Nach den letzten nervenaufreibenden Ereignissen in seinem Arbeitsleben sucht Martin Trevisan, Vater einer Tochter, von seiner Frau aber getrennt lebend, Ruhe in einem neuen Bürojob beim LKA. Er soll sich mit seinen neuen Mitarbeiterinnen um Vermisste und ungeklärte Fälle kümmern. Statt mittendrin jetzt nur noch dabei, der Mann für die "Cold Cases". Aber Pustekuchen, denn sein erster Fall im neuen Umfeld ist alles andere als kalt.

Vor ein paar Jahren sind zwei junge Frauen bei einer Fahrradtour in einem Wald nahe des Steinhuder Meers verschwunden, trotz einer intensiven Suche mit allem, was dazu gehört, fand man lediglich ihre Fahrräder. Ein Schuldiger war mit dem geistig zurückgeblieben Sohn des örtlichen Apothekers schnell gefunden, aber nie überführt worden. Doch der Fall wird plötzlich wieder heiß: Eine Frau wird auf der Autobahn aus einem fahrenden Auto geworfen. Ihre DNA stimmt mit der einer der Verschwundenen überein...

Von dieser Situation ausgehend konstruiert Ulrich Hefner einen vertrackten, an Überraschungen wahrlich nicht armen Plot. Auf der einen Seite Trevisan, der auch undercover in dem kleinen Dorf ermittelt und die verschrobenen Einwohner unter die Lupe nimmt. Auf der anderen Seite erzählt Hefner von den Recherchen eines jungen Journalisten, dessen Ehrgeiz ihm bei der Suche nach einer guten Story gar nicht zu gute kommen soll. Verdächtige gibt es dabei sowohl für Trevisan als auch für den Journalisten Justin Belfort bald mehr als genug. Angefangen von dänischen Rockerbanden bis hin zur Dorfjugend um den Sohn des Dorfsheriffs. Doch vieles soll im Sande verlaufen – und selbst ein Massen-DNA-Test sorgt nicht für Licht im Dunkel.

Der Sohn des Apothekers funktioniert als Polizeiroman, weil Hefner die oft zermürbende Arbeit der LKA-Beamten glaubhaft in Worte fasst. Dazu fängt der Autor die Atmosphäre des Kaffs mit seinen zahlreichen Verdächtigen in einer Tristesse ein, die die Düsternis des Sujets sehr passend unterstreicht. Die falschen Fährten, die er dabei legt, sind so gut ausgearbeitet, dass sie auch erfahrene Leserinnen und Lesern verblüffen können.

Auf 380 Seiten lässt Hefner dabei natürlich das Privatleben Martin Trevisans nicht außen vor. Ob dessen neue Liaison allerdings in eine andere Schublade als "Kitsch" gehört, ist leider mehr als fraglich. Und vielleicht das größte Manko des Romans: Ulrich Hefner zaubert zum Schluss einen Täter aus dem Hut hervor, mit dem man so gar nicht rechnen konnte. Recht enttäuschend, diese Auflösung, die der Autor dem Leser präsentiert. Sei das Finale auch noch so actionreich.

Unterm Strich ist Der Sohn des Apothekers ein grundsolider, über große Etappen logischer und oftmals auch ein knackig spannender Kriminalroman, der sich glücklicherweise aber auch nicht zu wichtig nimmt. Wer sich allsonntäglich dem Tatort hingibt, findet im sechsten Trevisan-Krimi eine finstere Lektüre, die sicherlich auch auf die fünf bisherigen Fälle neugierig macht – oder bisherige Hefner-Leser auf den neuen Roman aus des Autors Feder ungeduldig warten lässt.

Der Sohn des Apothekers

Ulrich Hefner, Leda

Der Sohn des Apothekers

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