Fünf

  • Argon
  • Erschienen: Januar 2012
  • 42
  • Berlin: Argon, 2012, Übersetzt: Nicole Engeln
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Peter Kümmel
78°1001

Krimi-Couch Rezension vonJan 2012

Blutige Schatzsuche

 

"Die Stelle, an der sich sein linkes Ohr befunden hatte, pochte im Rhythmus seines Herzschlags."

 

Mit dem ersten Satz des Romans wird klar: hier schreibt eine Autorin, die den Leser von Anfang an fesseln möchte. Und es wird auch klar: das wird kein Landhaus-Krimi werden. Doch bevor der Leser verstehen wird, was es mit der ersten Szene des Prologs auf sich hat, geraten die Salzburger Kriminalbeamten Florin Wenninger und Beatrice Kaspary nicht nur in Stress, sondern auch gehörig unter Druck, denn der Serienmörder scheint nicht zu aufzuhalten...

Doch von Anfang an: Auf einer Kuhweide in der Nähe von Salzburg wird vor einer Felswand eine weibliche Leiche gefunden. Todesursache von Nora Papenberg scheint ein Sturz von eben dieser Felswand zu sein. Und dass die Frau nicht freiwillig aus dem Leben geschieden ist, zeigen die mit Kabelbinder hinter dem Rücken gefesselten Hände. Doch das ungewöhnlichste an der Leiche sind die frisch tätowierten Zahlenreihen an ihren Fußsohlen. Wie die Ermittler herausfinden, handelt es sich dabei um geographische Koordinaten.

Als die Kriminalbeamten diese Position aufsuchen, finden sie in der Nähe der Teufelsschlucht hinter einem Stein eine Frischhaltedose mit unappetitlichem Inhalt: eine menschliche Hand. Dazu ein handgeschriebener Zettel, dessen Text wie ein Rätsel klingt: Gesucht wird ein Sänger mit Vornamen Christoph, der blaue Augen und ein Muttermal auf der linken Hand hat. Aus dessen Geburtsjahr sollen sich wieder neue Koordinaten berechnen lassen. Treibt hier ein Mörder ein makabres Spiel mit seinen Jägern?

Von ihrem Kollegen Stefan wird Beatrice aufgeklärt: Diese Schnitzeljagd, die der Täter seinen Häschern aufdrängt, ähnelt dem Geocaching. Einer Freizeitbeschäftigung, bei der man mittels GPS-Daten versteckte Schätze sucht, sich in ein Logbuch einträgt und die Gegenstände des Inhalts austauschen darf.

Das Rätsel kann schließlich gelöst werden, doch führt es nur zum nächsten Leichenteil und zum nächsten Rätsel. Und bevor geklärt werden kann, ob der gefundene Sänger mit dem Fall zu tun hat, verschwindet dieser spurlos...

Konstruiert, aber mit einem originellen Clou

Nachdem die österreichische Autorin bislang für ein jüngeres Publikum geschrieben hat, ist man natürlich gespannt, ob sie auch im Erwachsenen-Bereich punkten kann. Von Anfang an legt sie ein flottes Tempo vor. Ihre Charaktere sind dem Leser sofort sympathisch, vor allem Beatrice mit ihren allzu menschlichen Problemen zwischen Beruf und Familie. Kollege Florin steht dagegen etwas im Hintergrund, da besteht noch Potential für eine Weiterentwicklung.

Wie bereits der einleitende Satz erwarten lässt, ist der Roman nichts für zartbesaitete Leser. In einigen Szenen serviert die Autorin recht anschaulich brutale und unappetitliche Details, mit denen sie Kolleginnen des amerikanischen oder englischen Thrillermarkts Konkurrenz machen könnte.

Die Handlung ist - natürlich - konstruiert. Doch sie ist - was bei einer solch verzwickten Konstruktion nicht unbedingt selbstverständlich ist - logisch und in sich schlüssig aufgebaut. Und dass diese Konstruktion nicht wirklich glaubhaft ist, sei aufgrund des originellen Plots verziehen. Der Leser bleibt auf einer Stufe mit den Ermittlern, kann den logischen Schlüssen ebenso folgen wie den falschen Fährten und seine eigenen Folgerungen daraus ziehen. Der Prolog dient dabei nicht wirklich als Wissensvorsprung.

Angesichts der recht überschaubaren Anzahl an handelnden Personen kann die Offenbarung des Täters an sich nicht wirklich überraschend sein, wohl aber Ursache und Wirkung des ausschlaggebenden Ereignisses. Den Clou des Ganzen finde ich überaus gelungen und in dieser Art und Weise relativ neu in einer Krimilandschaft, die an Ideen schon so gut wie alles kennt. Mehr dazu darf natürlich nicht verraten werden.

So neu und intelligent dieser Kniff ausgedacht wurde, so bieder und abgefahren ist es, den Ermittler schließlich in die Fänge des Täters geraten zu lassen. Das mag dem Krimi-Gelegenheitsleser noch mal einen Abschluss-Kick geben, dem alten Kirmi-Hasen lockt es jedoch nur ein müdes Gähnen hervor.

Von der Einheitskost des Thrillermarkts hebt sich Fünf vor allem durch den ungewöhnlichen Aufhänger ab. Da Geocaching zu den Hobbies der Autorin zählt, weiß sie natürlich, wovon sie schreibt und erklärt diese interessante Freizeitbeschäftigung sehr anschaulich. Möglicherweise kann sie dadurch den ein oder anderen Muggel - wie Nicht-Eingeweihte in Geocacher-Kreisen genannt werden - nicht nur spannend unterhalten, sondern ihm vielleicht zu einem neuen Hobby verhelfen.

Ursula Poznanski hat auf jeden Fall gezeigt, dass sie auch spannende und vor allem zeitgemäße Thriller schreiben kann. Fünf bietet nicht nur handwerklich solide Spannungskost, sondern auch intelligente Unterhaltung. Auf den nächsten Band mit Beatrice und Florin darf sich der Leser schon mal freuen.

Fünf

Ursula Poznanski, Argon

Fünf

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