Miss Fisher
und die Gruft der Tränen

Film-Kritik von Jochen König (10.2021)
Titel-Motiv: © Every Cloud Productions and all3media international

Miss Fisher geht gut gelaunt ins Kino

Im Fernsehen war nach drei Staffeln leider Schluss mit den Abenteuern der dynamischen Phryne Fisher, die nicht nur Australien mit Charme, Witz und Scharfsinn in den nicht gar so Goldenen 20ern unsicher machte und dem Detective Inspector an ihrer Seite, John „Jack“ Robinson, den Kopf verdrehte.

Mittlerweile gibt es mit „Miss Fishers neue mysteriöse Mordfälle“ ein Sequel, dass Phrynes Nichte in den 60ern in ähnlich gelagerte Kriminalfälle verwickelt. Bei der eher aufgeregten als quirligen Neuauflage wurde schnell deutlich, was eigentlich jeder Beteiligte hätte ahnen können: Essie Davis und ihre originalen, perfekt aufeinander abgestimmten Mitspieler sind kaum zu ersetzen. Das mitreißende Schauspiel rettete auch Folgen, deren Plot eher dürftig war.

Kleiner Exkurs: Essie Davis gehört zu den stärksten Charakterdarstellerinnen der Gegenwart. Zwischen der perfekt gestylten Miss Phryne Fisher und der verunsicherten Mutter in „Babadook“ oder der unheilbringenden Patriarchin in „Die wahre Geschichte der Ned Kelly Gang“ gibt es keine Berührungspunkte – außer Davis, die alle Rollen gnadenlos gut ausfüllt. Exkurs Ende.

Miss Fisher wirbelt mächtig Wüstenstaub auf

Der Wunsch der Fans nach einer vierten Staffel des Originals wurde bedauerlicherweise nicht erfüllt, wohl aber gehört. Und so schuf man mittels Crowdfunding einen Kinofilm, „Miss Fisher And The Crypt Of Tears“, der in Australien und Neuseeland tatsächlich in Filmtheatern aufgeführt wurde.   Die Beteiligten feiern den Film in den Extras vollmundig als großformatiges, aufregendes Epos, versehen mit den Zutaten, die ein Miss Fisher-Abenteuer so besonders und vergnüglich machen. Letzteres stimmt auf jeden Fall. Das erste nur so ein bisschen. Es gibt ein paar malerische Aufnahmen aus der marokkanischen Wüste (die für Palästina und die Negev herhalten muss), die die Luft der Weite atmen. Aber die Mumie und Indiana Jones sind noch ein paar Leinwände entfernt.

Liebe zum Detail trotz begrenzten Budgets

Das Zeitkolorit ist stilgerecht getroffen, besitzt aber bisweilen eine neckische Spielzeugland-Künstlichkeit. Steht dem Ganzen, insgesamt etwas artifiziellen Konstrukt, gerade darum gut zu Gesicht. Denn obwohl es um Mord, gar um die Auslöschung eines ganzen (kleinen) Beduinenstammes geht, liefert „Miss Fisher und die Gruft der Tränen“ wieder Feelgood-Kino par excellence ab. Es gibt wieder pointierte Wortgefechte, die Liaison zwischen Phryne und ihrem Lieblingspolizisten Jack wird ernster, ein wenig Action der gemütvollen Art stellt sich ebenfalls ein und natürlich setzt es ein paar bissige Betrachtungen zum blasierten britischen Kolonialismus.

Da macht es gar nichts, dass die Storyline um ein multinationales Eisenbahngeschäft versandet, und der Mörder am Ende aus dem Hut gezaubert wird. Miss Fisher hat alles im Griff, und genau deswegen lieben wir die Serie ja – und wegen Essie Davis. Eine starke Frau in Zeiten, in denen das Heimchen am Herd von patriarchalischen Dummköpfen propagiert wurde. Da setzt Miss Fisher vehement Zeichen und Taten gegen. Es braucht gar keinen weiblichen James Bond. Mit einem anständigen Budget könnte Miss Fisher 007 locker locker Paroli bieten. Paroli bieten.

Fazit:

„Miss Fisher und die Gruft der Tränen“ ist ein charmanter Abenteuerfilm mit kriminalistischem Einschlag. Es ist wie immer die reine Freude, die verwegene Miss Fisher verknöcherte Strukturen aufbrechen zu sehen. Eine prima aufgelegte Besetzung, zu der natürlich wieder die wunderbare Miriam Margolyes (Harry Potters Professorin Pomona Sprout) als Tante Pru(dence) gehört, ordentliche Schauwerte, ein bisschen Spannung und viel Witz sorgen auch in Spielfilmlänge für gelungene Unterhaltung.

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Cover und Fotos: © Every Cloud Productions and all3media international

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