Fundort Jannowitzbrücke

  • Piper
  • Erschienen: Januar 2005
  • 1
  • München; Zürich: Piper, 2005, Seiten: 219, Originalsprache
  • München: Piper, 2012, Seiten: 224, Originalsprache
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Andreas Kurth
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonAug 2010

Das Motiv liegt nicht immer auf der Hand

Auf einem Parkplatz an der Jannowitzbrücke wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Die DNA-Spuren zeigen, dass sie das Opfer eines Serienmörders ist, den die Boulevard-Presse den "Würger von Pankow" nennt, denn dort hat er sein erstes Opfer erdrosselt. Die Polizei hat dennoch Probleme, denn eine Verbindung zwischen den drei ermordeten jungen Frauen ist nicht erkennbar. Die Ermittler tappen im Dunklen, aber Kommissar Michael Schöne geht den Fall auf seine ganz eigene Art an. Wegen seiner zahlreichen Alleingänge und mangelnden Disziplin ist er bei den Vorgesetzten eher unbeliebt. Dennoch hat er durch seine emotional geprägte Art der Ermittlung häufiger Erfolge vorzuweisen. Es kommt schon bald zu einem weiteren Mord, für den sich eine junge Schutzpolizistin mitverantwortlich fühlt. Jetzt wird der Fall für alle Beteiligten hochdramatisch, denn der Killer wird nicht nur von der Polizei gesucht.

Fundort Jannowitzbrücke ist das Erstlingswerk von Stefan Holtkötter. Den Roman hat er bereits 2005 geschrieben, ein Jahr später begann er mit dem ersten Buch der Bernhard-Hambrock-Reihe. Nach dem Erfolg dieser Münsterland-Serie hat der Piper-Verlag den in Berlin spielenden Erstling nochmals aufgelegt, und wohl auch als kleine Unterstützung für den zweiten Hauptstadt-Roman mit dem Titel Todesgarten, der im vergangenen Jahr neu geschrieben wurde. Die Hambrock-Reihe scheint jedoch ungleich erfolgreicher zu sein, mit Landgericht soll es im Herbst 2013 schon den nächsten Band geben. Parallel dazu wird im September 2013 bei Bloomsbury mit Schlaf süß im tiefen Grabe eine weitere Krimi-Reihe von Stefan Holtkötter starten. Erneut aufgelegte Erstlingsromane populär gewordener Autoren sind in aller Regel dazu geeignet, den Leser zu verwirren, das dürfte auch für Fundort Jannowitzbrücke gelten. Denn dieser Roman und seine Figuren ist völlig anders konzipiert und geschrieben  als die Münsterland-Reihe, die mittlerweile eine feste Fan-Gemeinde hat.

Holtkötters Geschichte um einen Serienmörder in Berlin ist ganz anders strukturiert als seine durchaus deftigen Westfalen-Romane. Die Protagonisten Michael Schöne und Anna Proschinski wirken noch nicht wirklich ausgereift, das Familiendrama um eines der Opfer, vor allem aber die Berliner Kulisse wirken noch reichlich unfertig, vieles ist zudem vorhersehbar. Mit dem durch sein kompliziertes Privatleben reichlich frustrierten Kommissar Schöne hat Holtkötter immerhin ein Art Anti-Helden geschaffen, der zwar nicht wirklich positiv wirkt, aber durch seine ganze unkonventionelle Art einige Sympathie-Punkte beim Leser sammelt. Er verhält sich mehrfach ziemlich unprofessionell, was zuweilen etwas unglaubwürdig wirkt, aber insgesamt der Spannung und dem Fortgang der Geschichte an sich nicht schadet.

Den Gegenpart bildet seine junge Kollegin Anna, die sich rührend und mit viel Herzenswärme um eine Zeugin aus schlechten sozialen Verhältnissen kümmert, ihr sogar bei der Aufnahmeprüfung für den Polizeidienst helfen will. Dagegen wirkt das chaotische Privatleben von Schöne, der in der Kindheit ein offenbar bis heute nachwirkendes Trauma erlitten hat, eher als Hemmschuh für den Kommissar und zuweilen für den Fortgang der Handlung. Dennoch bietet der insgesamt gut erzählte Kriminalroman, bei dem Holtkötter eher auf seine Charaktere und die psychologischen Aspekte abhebt, im zweiten Teil reichlich Spannung. Das Ende ist sogar überaus dynamisch. Der Autor deutet auch in diesem Frühwerk schon an, dass er ein guter Geschichtenerzähler ist. Handwerklich wird Fundort Jannowitzbrücke noch etwas bieder, aber das hat Holtkötter später abgelegt. Der Roman bietet also gute Unterhaltung, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Fundort Jannowitzbrücke

Stefan Holtkötter, Piper

Fundort Jannowitzbrücke

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