Runengrab

  • rororo
  • Erschienen: Januar 2010
  • 0
  • Reinbek bei Hamburg: rororo, 2010, Seiten: 317, Originalsprache
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Jörg Kijanski
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2010

Kompakt und gefällig, aber das Finale enttäuscht

Die Dreharbeiten zu dem Film "Eiskrieger" sind weitgehend abgeschlossen. In einem Hotel in Reykjavik trifft sich deshalb die gesamte Crew zu einer Feier, darunter die deutsche Schauspielerin Julia Mestrom, der Star des Ensembles. Plötzlich wird die Feier unterbrochen als Sigurpall Einarsson, der sich selber als Großmeister einer radikalen Heidengruppe sieht, mit einigen Getreuen den Saal betritt und die Anwesenden auffordert, sich vom Gletscher Langjökull fernzuhalten, da dieser geweihtes Land sei. Nach der Störung geht die Party weiter, die Lage entspannt sich. Allerdings nur bis zum nächsten Morgen, wo am Tjörnin, dem großen Teich im Stadtzentrum, die enthauptete Leiche von Julia Mestrom gefunden wird. Umgeben ist die nackte Leiche von 13 Steinen, deren Buchstaben - entliehen aus dem Futhark, dem Runenalphabet - den Satz "Gelobt sei Odin" bilden.

Hauptkommissar Olafur Hinriksson wittert bei dem Verbrechen einen okkulten Hintergrund und bittet daher seine deutsche Kollegin Judith von Matt ihm bei den Ermittlungen zu helfen. Diese arbeitet im Deutschen Innenministerium und ist spezialisiert auf okkulte Verbrechen. Gemeinsam mit ihren Kollegen Gossmann und Tannen fliegt sie umgehend nach Island, wo es von Verdächtigen nur so wimmelt. Einarsson und seine Gefolgsleute geben sich gegenseitig Alibis, während nahezu alle Mitglieder der Filmcrew offenbar nach der Feier allein auf ihr Hotelzimmer gegangen sind. Bleiben noch zwei Mitglieder der Bloodhounds, einer Heavy-Metal-Band, zu denen die Ermordete in ihrer letzten Nacht offenbar engeren Kontakt hatte.

Probleme am Filmset, an dem die exzentrische und lebenslustige Julia Mestrom nicht nur Freunde hatte. Dazu eine Sekte die heidnischen Ritualen frönt und eine Hand voll schlagkräftiger Rocker, die gerne diversen Rauschmitteln zusprechen. An tatverdächtigen Personen herrscht in Runengrab von Hannes Sprado kein Mangel. Die einzelnen Ermittler arbeiten zeitweise unabhängig voneinander, so dass es zu häufigen Szenenwechseln kommt, was Spannung und Lesetempo positiv beeinflusst. Das Ganze wird mit einer ordentlichen Mixtur aus Runologie, Esoterik und vergleichbaren Themenfeldern angereichert.

Zunächst erscheint der Inhalt etwas schwierig, denn wo sonst ermitteln schon Beamte des Dezernates für okkulte Verbrechen? Hinzu kommt erschwerend, dass weitgehend unklar bleibt, was Judith von Matt und ihre beiden Kollegen für die Untersuchung derartiger Verbrechen eigentlich qualifiziert. Hinweise und Hintergründe zu dem "Runenkult" kommen nahezu ausschließlich von einem isländischen Professor für nordische Mythologie, der seines Zeichens auch Anführer des Asutra-Ordens ist. "Fachwissen" über Okkultismus durch von Matt und ihre Kollegen findet man hingegen kaum.

Es herrscht jede Menge Verwirrung, zahlreiche Verdächtige tauchen auf, einige von ihnen verschwinden alsbald wieder von der Liste und weitere Verbrechen sind nicht auszuschließen. Insgesamt gelingt Hannes Sprado ein kurzweiliger Roman, der auf nicht einmal 320 Seiten die Handlung, die Figurenzeichnung und die "okkulte Thematik" sehr kompakt und dennoch ausführlich genug rüberbringt. So bleibt sogar noch Zeit für einen Ausflug in eine ganz andere Epoche der Geschichte. Dieser führt in das Jahr 1935, in dem Heinrich Himmler die Historikerin Renate Griese mit einer Expedition nach Island schickt, um dort am Gletscher Langjökull den Leichnam von Thumelicus zu suchen. Dieser war ein Sohn von Hermann dem Cherusker, der bekanntlich die Römer im Teutoburger Wald vernichtend schlug.

Bis zum Finale, dessen Auflösung enttäuscht und zudem etwas unerwartet (will sagen zufällig) geschieht, kommt auch das Thema Liebe nicht zu kurz. Na ja, sagen wir lieber, man erhält dezente Einblicke in das nicht ganz unkomplizierte Gefühlsleben der Protagonistin Judith von Matt. Fortsetzung folgt. Wetten?

Runengrab

Hannes Sprado, rororo

Runengrab

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