Der siebte Tod

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2007
  • 116
  • Auckland: Random House New Zealand, 2006, Titel: 'The Cleaner', Originalsprache
  • München: Heyne, 2007, Seiten: 416, Übersetzt: Martin Ruf
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Thorsten Sauer
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2007

Vergewaltigung und Mord. Hoppla!

Die Welt der Kriminalromane ist böse und bevölkert von Serienmördern, die zumeist außerordentlich intelligent, überdurchschnittlich gebildet und mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausgestattet sind, um alles, was dem kranken Hirn einfällt, in die Tat umzusetzen. Möchte ein Autor diesem Typus neue Aspekte abgewinnen, muss er sich schon etwas einfallen lassen, besonders dann, wenn es sich um ein Erstlingswerk handelt. Wie wäre es da mit einem Roman über einen Serienkiller aus der Ich-Perspektive, der das Dahinscheiden seines Opfers während der Vergewaltigung mit "Hoppla" kommentiert. Klingt zwar zynisch und moralisch nicht gerade korrekt, doch zumindest gab es das noch nicht.

Der nette Kerl Joe

Eine Mordserie erschüttert Neuseeland. Der sogenannte Schlächter von Christchurch hat sieben Frauen umgebracht und es ist kein Ende der grauenvollen Taten abzusehen. Doch die Angaben sind nicht ganz korrekt. Joe, der nette Kerl aus der Nachbarschaft und leicht beschränkte Putzgehilfe beim örtlichen Polizeipräsidium weiß es besser. Es dürften nur sechs Morde sein, die dem Schlächter zuzurechnen sind. Es waren zwar deutlich mehr und nicht nur Frauen aber die Polizei hat nur sechs weibliche Leichen gefunden, die auf das Konto des Serienmörders gehen. Joe weiß es deshalb so genau, weil er der Schlächter ist.

 

"Ich bin ein ganz gewöhnlicher Kerl. Joe, ein absoluter Durchschnittstyp. Der einfach ein Hobby hat. Ich bin kein Psychopath. Ich höre keine Stimmen. Ich töte nicht für Gott oder Satan oder den Nachbarshund. Ich bin nicht mal religiös. Ich töte für mich selbst." (S. 55)

 

Es muss also einen Nachahmungstäter geben, der sich Joes perfide Fähigkeiten zunutze macht, um ungeschoren davon zu kommen. Das erzürnt den Schlächter zwar nicht übermäßig aber es stachelt seinen Ehrgeiz an und er beginnt mit den Ermittlungen, für die die Detectives im Polizeipräsidium zu unfähig sind. Die Sache kommt zunächst auch gut voran, bis Joe das vermeintlich ideale Opfer Melissa über den Weg läuft. Melissa, die mit ihrer, von Joe zugedachten Opferrolle alles andere als einverstanden ist und eine sehr eigenwillige Vorstellung vom Gebrauch von Rohrzangen hat. Von da an ist für Joe nichts mehr wie es vorher war.

Satire oder zynischer Thriller

Vieles in Paul Cleaves Roman liest sich wie eine Satire auf die großen Vorbilder von Hannibal bis Bateman. Es gibt kaum etwas einfacheres als das Begehen einer Mordserie. In Christchurch gibt es unzählige alleinstehende, weibliche Opfer, die im ungesicherten Zuhause sitzen und auf den Ehemann warten, der nie auftaucht. Dazu eine Polizei, deren Unfähigkeit nur von der Beschränktheit der einzigen Person übertroffen wird, die Joe durch Zufall auf die Schliche kommt.

Doch genau hier liegt das Problem; Cleave kann sich nicht zu einer richtigen Satire durchringen. Zu brutal und zynisch sind einige der Morde beschrieben. Außerdem schreckt er nicht vor Provokationen beispielsweise in Form der Beschreibung des Mordes an einer Rollstuhlfahrerin zurück. Dabei gibt es durchaus Passagen, die zum Schmunzeln anregen, besonders dann, wenn Joe der Serienkiller seine Umwelt kommentiert und dabei stehts zwischen dem leicht beschränkten Putzgehilfen seiner bürgerlichen Existenz und der skrupellosen, gänzlich unmoralischen Bestie seines zweiten Ichs wechselt.

 

"Eine junge Frau lächelt mich an - ziemlich attraktiv, hübsche Brüste, straffer Körper, nettes Gesicht, blondes, nach hinten gekämmtes Haar, perfekt aufgetragenes Make-up. Ihre Uniform ist dunkelgrün. Die Bluse ist weiß, und es ließe sich problemlos dafür sorgen, dass sie ein paar rote Spritzer abbekommt. Ich frage mich, was sie wohl sagen würde, sollte ich sie bitten, die Bluse auszuziehen." (S. 305)

 

Doch die skurrile Betrachtung der Umwelt aus Joes Augen trägt nicht das gesamte Buch und für einen spannenden Thriller fehlt es der Geschichte ein wenig an Substanz. Zudem sind die Figuren holzschnittartig und daher wenig glaubwürdig, so dass sich keine rechte Beziehung zu ihnen aufbauen will. Dennoch funktioniert Cleaves Idee einen Roman aus der Sicht eines Serienkillers zu schreiben dank Joes ungewöhnliche Sicht der Welt, über weite Strecken und machen aus Der siebte Tod ein solides Erstlingswerk.

Der siebte Tod

Paul Cleave, Heyne

Der siebte Tod

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