Die im Dunkeln

  • Haffmans
  • Erschienen: Januar 1995
  • 3
  • London: Little, Brown, 1994, Titel: 'Ah, treachery', Seiten: 274, Originalsprache
  • Zürich: Haffmans, 1995, Seiten: 297, Übersetzt: Gisbert Haefs, Bemerkung: Mit einem Nachwort von Gisbert Haefs
  • München: Heyne, 1997, Seiten: 297, Übersetzt: Gisbert Haefs, Bemerkung: Mit einem Nachwort von Gisbert Haefs
  • Berlin: Alexander-Verlag, 2005, Seiten: 302, Übersetzt: Gisbert Haefs, Bemerkung: Mit einem Nachwort von Gisbert Haefs
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Thomas Kürten
74°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2007

Spendenskandal auf amerikanisch

Der 1995 verstorbene Ross Thomas galt als einer der besten Erzähler seiner Zunft. Den begehrten Edgar-Allen-Poe-Award gewann er zwei mal, 1966 mit seinem Debütroman und dann noch einmal im Jahre 1984, später wurde er zum Präsidenten der Mystery Writers in den USA. Was den Autor richtig interessant macht, ist jedoch seine Vorgeschichte, denn Thomas war PR-Experte, beriet US-Politiker bei ihren Wahlkämpfen, wie auch Gewerkschaften und andere Interessenverbände. Dies macht ihn zu einem Experten, wenn es um die realistische Schilderung politischer Machenschaften und gesellschaftlicher Prozesse im Amerika der Gegenwart geht. Ross Thomas' Thriller waren politisch geprägt und so geht es bei Die im Dunkeln, seinem letzten Roman aus dem Jahre 1994, um die Vertuschung eines Spendenskandals und eines Verrats innerhalb der Armee.

Edd Partain hat nach neunzehn Dienstjahren die Armee verlassen. Eigentlich ganz schön dumm von ihm, wo ein redlicher Soldat doch nach zwanzig Jahren erst seine Pensionsansprüche erwirbt. Doch er ist bei einem Einsatz in Mittelamerika gegen seinen Vorgesetzten gewalttätig geworden und mit seinem Schritt einer unehrenhaften Entlassung zuvor gekommen. Von seinem alten Bekannten Nick Patrokis vermittelt erhält Partain von der Spendensammlerin Millicent Altford den Auftrag, für deren persönliche Sicherheit zu sorgen. Nichts leichter als das, doch Partain erfährt, dass der alten Frau 1,2 Millionen Dollar an Parteispenden aus einem privaten Tresor entwendet wurden. Etwa zur gleichen Zeit meldet sich bei Patrokis und dessen Verein "Victims of Military Intelligence Treachery (VOMIT)", ein Salvadorianischer Ex-Soldat, der pikante Details über den Verbleib von 1,2 Millionen Dollar melden will, die zwei amerikanische Militärs 1989 in die eigene Tasche haben verschwinden lassen.

Leichen pflastern seinen Weg

Als Patrokis und sein Vereinskollege General Winfield bei dem Latino erscheinen, will er plötzlich nichts mehr aussagen. Keine Stunde später findet die Polizei den Mann und seine Verlobte tot in deren kleiner Mietwohnung. Fast zur selben Zeit schleicht sich ein Mann in das Krankenzimmer von Millicent Altford und versucht sie in ihrem Kissen zu ersticken. Millie rettet sich und wird von Partain in ihr Apartment gebracht. Vor der Eingangstür des Hauses finden sie Dave Laney, den Freund von Millies Tochter, der offenbar soeben ermordet wurde. Und dies sind erst die ersten in einer langen Reihe von Opfern.

Allein dieser kleine Versuch, die Ausgangsposition des Plots zu erfassen, verdeutlicht die Komplexität, die der Autor auf knapp 290 Seiten bearbeitet. Die Definition von Feind und Freund, die Zusammenhänge von Verbrechen in Mittelamerika sowie Washington und Los Angeles, alles verschwimmt zwischenzeitlich ineinander. Umso erstaunlicher, wie glasklar es in der Endabrechnung wieder erkannt werden kann. Edd Partain wird dabei zu einem tragischen Helden, der in seiner Rechtschaffenheit getroffen wird. Nur der eiskalte Kampf von Angesicht zu Angesicht gibt seinem Leben wieder die Ruhe, nach der er sich so sehr sehnt.

Intelligent erzählte Action

Eine Stärke von Ross Thomas war es, seinen Charakteren durch kleinste erzählerische Stilmittel Ecken und Kanten zu verschaffen. Den kleinkarierten General Winfield lässt er Stufen zählen, den dicken Patrokis kennzeichnet eine herzliche Hingabe zur griechischen Küche. Und auch Nebenfiguren erhalten präzise Kennzeichen, so beispielsweise Detective Knox, der Sachen trägt, die er unmöglich von seinem Gehalt allein hat bezahlen können. Es sind bissige Details, mit denen Ross Thomas es immer wieder meisterhaft versteht, den Plot zu würzen. Dass er zudem versteht, die Geschichte intelligent zu lenken, beweist er nicht zuletzt in dem gewitzten Finale. Action und Gewalt zu erzählen ist nicht schwierig. Dass es aber viel brutaler sein kann, eine Waffe nicht zu benutzen, daraus macht Ross Thomas hier sein kleines Meisterwerk. Ross Thomas stellt unter Beweis, dass eine intelligent durchdachte und anspruchsvolle Handlung auch herzlich unterhaltsam sein kann.

Die im Dunkeln soll laut Alexander Verlag den Anfang einer losen Reihe von Veröffentlichungen aus dem Gesamtwerk von Ross Thomas darstellen. Der Berliner Verlag, der mit den vier Moseley-Romanen von Charles Willeford erste Schritte in der Kriminalliteratur gewagt hat, setzt mit einem nicht minder hochkarätigen Amerikaner somit seine Krimi-Edition fort. Bleibt zu wünschen, dass man der Verlag einen guten Riecher beweist und Romane auswählt, die die Reihe erfolgreich werden lassen.

Die im Dunkeln

Ross Thomas, Haffmans

Die im Dunkeln

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