Der Pate

  • Kampa
  • Erschienen: Januar 1969
  • 26
  • Wien; München; Zürich: Moldaen, 1969, Seiten: 520, Übersetzt: Gisela Stege
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1971, Seiten: 396
  • München: Bertelsmann, 1981, Seiten: 511
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1995, Seiten: 519
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1999, Seiten: 505
  • Köln: Random House Audio, 2010, Seiten: 6, Übersetzt: Christian Brückner, Bemerkung: gekürzt
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2001, Seiten: 505
  • Augsburg: Weltbild, 2004, Seiten: 464
  • Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2008, Seiten: 505
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Andreas Kurth
95°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2006

Ehrenmänner, Gangster und echte Sizilianer

Eine Mafia-Familie mit den üblichen sizilianischen Wurzeln hat weite Teile der Unterwelt in New York im Griff, und liefert sich mit anderen italienisch-stämmigen Gangstern blutige Bandenkriege um Einfluss-Sphären, politische und ökonomische Macht. Das ist der inhaltliche Kern von Mario Puzos Verbrecher-Epos “Der Pate” - im Originaltitel “The Godfather”. Geschrieben hat Puzo sein Buch, das man mittlerweile als Klassiker bezeichnen kann, 1969. Die Haupthandlung spielt jedoch kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als Don Vito Corleone, der titelgebende Mafia-Boss, den Höhepunkt seiner kriminellen Macht erreicht hat. In der Filmwelt wurde der Stoff dann 1972 bekannt, als Regisseur Francis Ford Coppola ihn mit dem von Puzo geschriebenen Drehbuch auf die Leinwand brachte. Das Buch soll mit über 21 Millionen verkauften Exemplaren einer der erfolgreichsten Romane der sogenannten Trivialliteratur sein. Der Film wird als finanzieller und künstlerischer Erfolg bezeichnet. Es lohnt sich für Krimi-Freunde in jedem Fall, die Neuauflage aus dem Kampa-Verlag zur Hand zu nehmen.

Nach harmlosem Start wird es schnell richtig brutal

Mario Puzo hat sein Werk in neun “Bücher” mit Kapiteln unterschiedlicher Länge aufgeteilt. Dabei geht er nicht streng chronologisch vor, sondern schildert neben der Familiengeschichte auch das Leben der unterschiedlichen Protagonisten. Der Start ist harmlos, Conny Corleone feiert ihre Hochzeit. An diesem Tag werden Don Vito einige Bitten um Gefälligkeiten vorgetragen - am Hochzeitstag seiner Tochter schlägt ein Sizilianer niemandem eine Bitte ab. Und das Verteilen von Gefälligkeiten ist der Kern des Geschäftsmodells der Mafia. Schließlich kann die Bandbreite von finanziellen Zuwendungen bis hin zu einem Mord reichen, um für vermeintliche Gerechtigkeit zu sorgen.

Das Desinteresse von Vito Corleone am aufkommenden Rauschgift-Geschäft führt kurz darauf zu einer ernsten Krise. Der Pate wird mit mehreren Schüssen lebensgefährlich verletzt - seine Söhne müssen sich um die Familie und das Geschäft kümmern. Zur Überraschung seines Bruders Sonny übernimmt es schließlich Michael Corleone, den für den Mordanschlag auf den Paten verantwortlichen rivalisierenden Mafia-Boss und einen korrupten Polizisten zu erschießen. 20 Minuten nach der Tat ist er auf einem Frachtschiff in Richtung Sizilien, wo er sich mehrere Jahre versteckt hält.

Im zweiten Buch wird in einer kleinen Seitengeschichte das Leben des Sängers und Schauspielers Johnny Fontane geschildert, bevor es im dritten Abschnitt um die Jugend und den Aufstieg von Vito Corleone zum großen Mafia-Boss geht. Angesichts der ausführlichen Schilderungen der Lebensweise der italienischen Einwanderer, aber auch der mafiösen Strukturen und Verhaltensweisen, könnte man als Leser denken, hier seien eigene Erfahrungen von Mario Puzo eingeflossen, schließlich wuchs der Autor im New Yorker Stadtteil Little Italy auf. Aber nach seinen Angaben beruhen die Schilderungen der Mafia, ihrer Methoden und Gewohnheiten auf eingehenden Recherchen von Mario Puzo.

Amerikaner mit italienischen Wurzeln schreibt über seine Landsleute

Die Lebens- und Denkweise der italienischen Einwanderer schildert der Autor dagegen so eingehend und authentisch, wie es nur ein Amerikaner mit italienischen Wurzeln kann. Puzo zeigt hier in vielen Passagen, dass er ein ausgezeichneter Beobachter und Geschichtenerzähler ist. Es gibt in diesem Buch zahlreiche Abschnitte, die eben nicht vor Action strotzen, aber dem Leser ist während der Lektüre immer bewusst, dass es jederzeit zu einer Eruption von tödlicher Gewalt kommen kann.

Neben der eingehenden und angenehm zu lesenden Schilderung der Denk- und Lebensweise der italienisch-stämmigen Amerikaner (insbesondere der Sizilianer) verwendet Mario Puzo große Sorgfalt darauf, dem Leser seine Hauptfiguren nahe zu bringen. So wird beispielsweise deutlich, dass Vito Corleone erst im Laufe seiner Jahre zu dem geworden ist, was die anderen Mafiosi in ihm sehen. Er ist ein am Ende brutaler Verbrecher, aber seine eingehend geschilderten Wertvorstellungen haben mich als Leser beeindruckt, ohne ihn dadurch in meinen Augen zu einem besseren Menschen zu machen.

Verblüffend fand ich, wie unterschiedlich die Söhne des Paten geschildert werden. Der zu weiche Freddie, Sonny, der älteste Sohn, mit seinem hitzigen Temperament und Michael, der sich im Krieg zum Ärger seines Vaters freiwillig gemeldet hat.

Mario Puzos Buch ist voller kleiner Geschichten über höchst unterschiedliche Menschen. Es geht um ihr Denken, um das Leben einfacher Menschen, um Ganoven und echte Sizilianer. Das ist in den Augen des Paten keineswegs jeder Mensch, der aus Sizilien stammt. Dazu bedarf es schon einer gewissen Haltung, wie der Autor eindringlich schildert. Und es geht um Verbrechen der unterschiedlichen Art. Das fängt bei Glücksspiel und Prostitution an, und hört bei Mord und Rauschgift-Handel noch lange nicht auf.

Fazit

Mario Puzo hat mit “Der Pate” vor rund fünf Jahrzehnten nicht nur einfach einen Kriminalroman zu Papier gebracht, sondern ein Sittengemälde der berüchtigten italienischen Mafia in Amerika gezeichnet. Schier atemlos fliegt der Leser über die Seiten, denn diese Geschichte einer durch und durch kriminellen Familie strotzt nur so vor überraschenden Wendungen. Für Freunde der Kriminalliteratur ist dieser Klassiker eine absolute Pflichtlektüre.

Der Pate

Mario Puzo, Kampa

Der Pate

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