Unter freiem Himmel

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2006
  • 2
  • Dortmund: Grafit, 2006, Seiten: 192, Originalsprache
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Thomas Kürten
72°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2006

Der Holmes von Halle?!?

Ziemlich neu in der Krimi-Welt ist die Figur Markus Waldo: Ein Privatdetektiv aus Halle, der unfreiwillig alle Qualitäten für einen Clown besitzt, aber wohl eher nicht für einen seriösen Ermittler. Sein Erfinder Peter Godazgar ist selber vor einigen Jahren aus dem Westen in die Stadt an der Saale umgezogen und kennt daher die Konflikte und Probleme zwischen Ost und West aus eigener Erfahrung. Aber nicht nur die hieraus mitunter entstehende Unbeholfenheit seines Helden, auch die zahlreichen Macken und Ticks, mit denen Markus Waldo zurecht kommen muss, sind Garanten für ein humorvolles Krimivergnügen.

Waldo macht mit seinem Kumpel Albert einen Zelturlaub auf einem Campingplatz an der Ostsee. Sie lernen hier die Rentner Prinz und Mährlein kennen, die auf diesem Fleckchen Erde als Dauercamper ein Zuhause gefunden haben. Nach wenigen Tagen findet man die Leiche eines anderen Dauercampers und Waldo, der eigentlich keine Lust hat, von Albert aber allerorts als der Holmes von Halle angepriesen wird, übernimmt im Auftrag des Campingplatzwärters erste Ermittlungen.

Schnell hat der es sich jedoch anders überlegt und Waldo ist seines Auftrags entbunden. Er kann wieder mit den neuen Freunden grillen oder mit Albert zum Strand gehen. Am folgenden Abend erzählt Mährlein, dass er erpresst wird und seinen windigen Schwiegersohn hinter den Briefen vermutet. Am nächsten Morgen kommt Mährlein beim Abrutsch einer Klippe ums Leben. Nun erwacht das Interesse von Waldo und er beginnt, sich die liebe Familie Mährleins mal genauer anzusehen.

Ungerade Zahlen sind ja so schlecht

Waldo ist der Prototyp eines Loosers. Sobald es ein wenig brenzlig wird, macht er sich beinahe in die Hose, vor der Begegnung mit manchen Leuten scheut er lieber zurück und sofern es irgendwo nach Fettnäpfchen riecht, tappt er garantiert hinein. Natürlich ist er es auch, der nachts im Zelt auf der undichten Seite liegt oder von den Mücken gestochen wird. Und wenn ein Zaun aus 133 Latten besteht ist das schlecht, zumal man auch, wenn man die Ecklatte mitzählt, nur auf 134 Latten kommt und das geteilt durch 2 wieder eine ungerade Zahl ergibt. Und dann dieser nervtötende Tinitus und die Erinnerungen an Ex-Freundin Annette, gerade wenn man zum ersten mal am FKK-Strand liegt. Über Waldo kann man sich wirklich während der gesamten Lektüre köstlich amüsieren.

Der Kriminalfall selber bietet zwar ein interessantes Motiv und einen ansatzweise guten Aufbau, jedoch fällt insbesondere die Lösung des ersten Mordes vielleicht etwas zu einfach aus. Nervenkitzel und Action sind naturgemäß eher nicht zu erwarten und begegnen dem Leser lediglich in Form eines Beinahe-Unfalls.

Peter Godazgar ist in der deutschen Autorengilde noch relativ frisch dabei und "Unter freiem Himmel" ist erst der zweite Roman mit Privatdetektiv Markus Waldo. Aber hier ist ein Charakter kreiert worden, der gutes Potenzial hat. Als Holmes von Halle mag man ihn nicht gerade durchgehen lassen, aber einen Vergleich wie "Wilsberg des Ostens" dürfte auch ein Waldo als Kompliment auffassen.

Unter freiem Himmel

Peter Godazgar, Grafit

Unter freiem Himmel

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