Unter Schweinen

  • Grafit
  • Erschienen: Januar 2005
  • 1
  • Dortmund: Grafit, 2005, Seiten: 236, Originalsprache
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2006, Seiten: 6, Übersetzt: Benjamin Plath
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Thomas Kürten
66°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2006

Ein eimannfreies Debüt

Nach dem Unfalltod ihres Mannes sucht Yasmin Bärfelde die Hilfe von Privatdetektiv Markus Waldo. Da ihr Mann nie Alkohol trank, wenn er noch Auto fahren musste, vermutet sie eine Manipulation dahinter und somit einen offenbar perfekt getarnten Mord. Bärfelde war beschäftigt in einer Schweinemastanlage, die zufällig just in das Auge einiger Interessengruppen geraten zu sein scheint. So gibt es mehr oder weniger militante Tierschützer, aber auch eine Bürgerinitiative, die benachbarte Braunkohlegruben zu einem Naherholungsgebiet umfunktionieren wollen.

Markus Waldo begibt sich unvermittelt in Gefahr, als er dem Geschäftsführer der Mastanlage einen Besuch abstattet. Seine Tarnung fliegt rasch auf und die Angestellten versäumen es nicht, ihm mit einer Hupe ins Ohr zu tröten. Ein Tinitus der übelsten Sorte begleitet den Ermittler für den Rest seiner Spurensuche. Übler erwischt es jedoch den Geschäftsführer der Schweinezucht, denn der liegt am nächsten Morgen mit einer Kugel im Kopf in der nahen Braunkohlegrube. Sollte Yasmin Bärfelde also mit ihrer Vermutung tatsächlich recht gehabt haben?

Ein Detektiv im Kampf gegen sich selbst

Autor Peter Godazgar hat einen sehr eigenen, unverfälschten Humor, mit dem er die Romane um Markus Waldo spickt. Es ist nicht so sehr der Kampf gegen das Verbrechen, sondern immer wieder der Kampf mit den Tücken des Alltags und somit letztlich der Kampf gegen sich selber, der die Ermittlungen eines Markus Waldo würzt. So sind es die Erinnerungen an seine Ex-Freundin Annette und die Gedanken daran, dass sie eventuell einen neuen Freund haben könne, die ihn teilweise um Kopf und Kragen bringen.

Ganz besonders herrlich sind dann auch noch die typischen Männergespräche zwischen Waldo und seinem Freund Albert, die dem Leser wunderbar aufzeigen, dass trotz aller Gegensätze zwischen Wessi (Waldo) und Ossi (Albert) dem Leser beweisen, das die Unterschiede zwischen den Männern gar nicht so groß sind. Köstlich, wenn die Gespräche auf das Hauptthema Frauen umschwenken. Dann ist es von Annette bis zu Sharon Stone nämlich plötzlich nur noch ein Atemzug. Doch das macht nichts, denn das Verhältnis zwischen Albert und Waldo ist "eimannfrei".

Überdosis Humor

Die Waldo-Krimis leben in erster Linie von diesem Humor, den Godazgar teilweise im Überfluss einbaut. Seine originellen Ideen aus dem Bereich Sitcom wirken dann arg überzogen. So nervt der sich automatisch öffnende Mülleimer Oscar doch gehörig. Ebenso übertrieben, den Sicherheitstick von Waldo ("Hab ich auch wirklich den Herd ausgemacht? Und das Licht?") über mehrere Seiten auszudehnen. Im Nachfolgeroman geht er damit etwas dosierter um, was der Erzählung zugute kommt. Bei "Unter Schweinen" wirkt das streckenweise noch übertrieben albern.

Jedoch gibt es auch noch einen ganz netten Mordfall aufzuklären, der bei so viel Humor beinahe nebensächlich zu werden droht. Zu unrecht, denn der Autor kann nicht nur mit Witz unterhalten, sondern auch mit dem Gespür des Detektivs für das Verbrechen. Waldo hat das Zeug dafür, zu einer neuen Kult-Figur im Grafit-Verlag zu werden und somit Kehrers Wilsberg Konkurrenz zu machen.

Unter Schweinen

Peter Godazgar, Grafit

Unter Schweinen

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