Tod in der Marsch

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2004
  • 8
  • Köln: Emons, 2004, Seiten: 240, Originalsprache
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Wolfgang Weninger
52°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2006

Die spannende Ausgangsidee zusehends verflacht

Kurz vor Weihnachten wird Hauptkommissar Christoph Johannes von Kiel nach Husum versetzt. Husum zeigt sich von seiner typischen Seite, die ihr den Beinamen "die graue Stadt an der Nordsee" eingebracht hat. Johannes hat aber keine Zeit zum Einleben, denn eine junge Lehrerin meldet eine ihrer Schülerinnen als vermisst. Frau Pohl ist eine unentschuldigte Abwesenheit der kleinen Lisa nicht gewöhnt und denkt sofort an Kindesentführung.

Gemeinsam mit seinen Revierkollegen Große Jäger und Mommsen vernimmt Johannes den Vater des Mädchens, der sich gerade dem Suff hingibt, weil ihn die Frau mit seiner Tochter verlassen hat. Angeblich mit einem Türken ... doch in Husum scheint dieser Mensch nicht bekannt zu sein. Also bleibt als einziger Verdächtiger der Vater des Kindes, aber gegen ihn liegt keine Handhabe vor, denn eigentlich gibt es ohne Leiche keinen Fall hinterm Deich und die Vorgesetzten der Kriminalisten sehen in der Jagd nach einem Hirngespinst eine Vergeudung der ohnehin schwachen Polizeiressourcen.

Doch die Leiche der Frau wird gefunden. Zufällig. Von einem Spaziergänger mit Hund. Wo ist das Mädchen? Lebt es vielleicht noch oder musste es das schaurige Schicksal seiner Mutter erleiden? Überall wo die Ermittler auftauchen, stoßen sie auf eine Mauer aus Schweigen, denn hier auf dem Land rund um den Deich herrschen noch andere Gesetze, denen vor allem Fremde zum Opfer fallen ...

Hannes Nygaard ist das Pseudonym von Rainer Dissars-Nygaard, der als Unternehmensberater in Münster/Westfalen lebt und sich berufen fühlte, seinen ersten Band "Tod in der Marsch" aus der Serie "Hinterm Deich Krimi" im Emons-Verlag zu veröffentlichen. Und wer der schönen Stadt Husum in Schlesweg-Holsteins Norden einen Besuch abstattet, wird in sämtlichen Buchläden mit dieser Krimireihe konfrontiert, deren Aufmachung sofort düstere Spannung suggeriert.

Leider kann der Inhalt des Romans mit dem Marketingambiente nicht ganz Schritt halten. Nygaard hat einen brauchbaren Regiokrimi geschrieben, dessen ermittelnde Hauptpersonen zwar samt und sonders nett gezeichnet sind, aber (noch) nicht die Identifikation mit dem Leser schaffen, um wenigstens regionalen Kultstatus zu erlangen. Dieses Manko trifft allerdings auf viele Serienhelden bei ihrem ersten Auftreten zu und es wird sich zeigen, wie in den Folgegeschichten die Sympathiewerte von Johannes und Co. beim Leser steigen oder fallen.

Der Autor scheint sich auf jeden Fall mit der Landschaft intensiv beschäftigt zu haben, denn besonders in der Beschreibung dieser Gegend gelingen ihm seine besten literarischen Momente, die dem ortskundigen Leser die einprägsamsten Elemente bei der Lektüre bieten. Und das ist sicherlich auch eines der wichtigen Merkmale bei einem Regional-Krimi im positiven Sinn.

Bei der Konstruktion seiner Geschichte versucht Herr Nygaard die komplexen dörflichen Beziehungskisten mit dem Nimbus des Zugereisten zu verknüpfen und die daraus resultierenden Spannungen als Hintergrund der Verbrechen auszubreiten, wobei man die Äußerungen der Dorfbewohner so nicht nur im hohen Norden zu hören bekommt. Dabei stößt der Autor bei aller Modernität des Themas doch gar heftig in das Heimatromanklischee eines Hans Ernst vor, ohne dieses hier schlecht machen zu wollen. Lediglich das Krimi-Feeling kommt durch einen solchen Schreibstil nicht ordentlich ins Laufen, wobei die durchaus spannende Ausgangsidee zusehends verflacht und auch keinen Höhepunkt im gesamten Romanverlauf erzielt.

"Der Tod in der Marsch" bleibt eine nette Urlaubslektüre, die man dem Reisenden für die sicherlich auftretenden Regentage im Norden anbieten kann.

Tod in der Marsch

Hannes Nygaard, Emons

Tod in der Marsch

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