Wer kein Erbarmen kennt

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2005
  • 1
  • London: Hodder & Stoughton, 2004, Titel: 'The Dispossessed', Seiten: 423, Originalsprache
  • München: Goldmann, 2005, Seiten: 475, Übersetzt: Christine Henzius
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Sabine Reiß
69°1001

Krimi-Couch Rezension vonSep 2005

Murphys Gesetz

Charakterisierung dieses Buches: Ein packender Psychothriller mit Gänsehautgarantie - wer hat sich dies nun wieder ausgedacht? Was dagegen die Inhaltsangabe verspricht, ist zunächst mal ein typischer britischer Polizeiroman mit einem Inspector und seiner Lebensgefährtin. Doch eines sei vorweg genommen: Allzu glatt läuft es für das Duo nicht und von einer gemeinsamen Ermittlung kann gar nicht die Rede sein.

Dr. Grace Chandler wird Zeugin, wie aus einer Mülltonne hinter dem Müllfahrzeug eine Leiche herausfällt. Die Ermittlungen in diesem Mordfall führt ihr Lebensgefährte Inspector Jeff Rickman, der soeben seine Prüfung zum Chief Inspector absolviert hat. Die Spur führt ins Prostituiertenmilieu, wo Sophia Habib aber ein Neuling zu sein scheint. Ihre Zimmernachbarin hat in der fraglichen Nacht zwar ein Weinen gehört, hat dies aber der Tatsache zugeschrieben, dass Sophia sich erst noch an den Umgang mit den Freiern gewöhnen muss.

Auf der Bluse des Opfers werden Blutspuren gefunden, deren DNS eine 100%ige Übereinstimmung mit einer Person aus der Polizeidatenbank ergibt: mit der von Jeff Rickman. Sein Vorgesetzter übernimmt sofort selbst die Leitung der Ermittlungen. Nachforschungen ergeben allerdings, dass das Blut aus einer Blutspende stammt, die manipuliert wurde, um den Inspector zu belasten. Währenddessen hat er nicht nur damit zu kämpfen, dass er Grace nicht die ganze Wahrheit über die Verwicklung im aktuellen Fall offenbaren kann, sondern dass sein Bruder, den er seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat, wieder in seinem Leben auftaucht, womit er überhaupt nicht zurechtkommt.

Viel Lärm um nichts

Insgesamt liest sich die Story gut, aber manchmal stutzt man kurz, wenn Rückblicke eingeblendet werden, in denen z.B. eine Situation geschildert wird, in der jemand zu Tode kommt, die Leiche wurde jedoch schon zig Seiten vorher gefunden. Durch die Anspielungen der Autorin bezüglich dessen, was Jeff Rickman verbergen möchte, findet man nicht so leicht einen Draht zur Hauptfigur. Er bleibt unnahbar und sein Verhalten ist nicht nachvollziehbar. Offensichtlich will sie so die Spannung erhöhen und beim Leser Zweifel säen, ob er nicht doch etwas mit dem Mord zu tun hat. Auch als sich das mit der manipulierten Blutspende aufgeklärt hat, bleibt sie vage, obwohl es sich bei dem Geheimnis, zumindest was den Handlungsablauf betrifft, mehr oder weniger um eine Lappalie handelt. Dies lenkt leider zunächst vom sehr ernsten Background der Geschichte ab, die sich mit den Leiden von Asylbewerbern in ihrem eigenen Land und auch in Großbritannien befasst. Nach und nach gelingt Margaret Murphy jedoch der Schwenk und man wird gepackt. Das Ende, obwohl teilweise vorhersehbar, befriedigt und ist recht gut gelungen.

Fazit bleibt jedoch, dass ein paar Seiten weniger dem Krimi meines Erachtens gut getan hätten, denn wenngleich die Leser generell an der Nase herumgeführt werden wollen, fehlte hier die Raffinesse und in Summe einfach das gewisse Etwas, um ihn aus dem Meer von britischen Polizeiromanen herauszuheben. Obwohl ich kein Bedauern verspüre, "Wer kein Erbarmen kennt" gelesen zu haben, denke ich, dass man auf die Fortsetzung nicht so sehr gespannt sein muss. Auf dem Markt tummeln sich einige britische Ermittler, die bei ihrem ersten Auftritt erheblich mehr Profil an den Tag gelegt haben (so z.B. Rankins Rebus, Robinsons Banks). Ich würde sagen: durchschnittlich, aber nicht einfallslos!

Wer kein Erbarmen kennt

Margaret Murphy, Goldmann

Wer kein Erbarmen kennt

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