Das Zeichen auf der Stirn

  • Knaur
  • Erschienen: Januar 2005
  • 4
  • München: Knaur, 2005, Seiten: 370, Originalsprache
  • Daun: TechniSat Digital, Radioropa Hörbuch, 2006, Seiten: 11, Übersetzt: Katinka Springborn
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Wolfgang Weninger
52°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2005

Das meint Krimi-Couch.de:

Auf der blutgetränkten Matratze liegt die Leiche einer Frau, die Hände zum Gebet gefaltet, die Beine geschlossen, aber die abgetrennten Brüste und die durchgeschnittene Kehle sind perverse Merkmale eines Mordes, die dem Hamburger Leiter der Mordkommission, Sven Diekmann und seinem Team eine neue Aufgabe bescheren, die durch einen salbungsvollen Hinweis aus der Bibel nicht leichter wird.

Auch Siegfried Kausch, der seine Freizeit gerne mit jungen Strichern vom Hamburger Bahnhof verbringt, stirbt eines gewaltsamen Todes. Und auch er wird von seinem Mörder regelrecht aufgebahrt und mit abgeschnittenem Penis und sanftem Spruche zu Tode gebettet.

Hier ist offensichtlich ein Psychopath am Werk, so dass Sven Diekmann es für nötig erachtet, die Profilerin Johanna Jensen in sein Team zu holen, mit der er schon ein Mal einen Fall gelöst hat. (Nicole Drawer "Allein mit einem Mörder").

Schon bald passiert ein weiterer Mord. Ein hübsche, junge Frau, Prostituierte von Beruf, wird in ihrem Hotelappartement massakriert. Und der Hinweis aus der Bibel fehlt ebenfalls nicht und führt die Ermittlungen zu einem perversen Rächer. Diekmann glaubt den Täter schon im Visier zu haben, aber Johanna Jensen ist davon nicht überzeugt, denn ihre Ermittlungen zeigen ein völlig anderes Bild der Lage und dieses Bild kann dem Mörder gefährlich werden ...

Die Hamburger Kriminalistin Nicole Drawer hat für "Das Zeichen auf der Stirn" ihr bekanntes Ermittlerteam Dieckmann und Jensen aktiviert. Ein Duo, das unterschiedlicher nicht sein könnte und nur aus der Not heraus zu einem Duo geworden ist, denn eigentlich können sich die beiden nicht ausstehen. Na ja, vielleicht ein bisschen, und vielleicht bringt der gegenseitige Respekt den Macho-Polizisten Dieckmann und die Psychologin Jensen schon deshalb näher zusammen, weil sie beide unter Erfolgsdruck stehen und in ihrer Lebensweise reichlich einsam sind. Obwohl das natürlich keiner von beiden zugeben würde.

Nicole Drawer zeigt ein sehr menschliches Bild der beiden Kriminalkontrahenten und trotz der zumeist fehlenden, markigen Sprüche aus dem Vorgängerband, werden gerade durch diese Kontroversen die beiden Hauptakteure erst richtig sympathisch. Sympathie zu den Protagonisten allein ist jedoch noch kein Erfolgsrezept für einen ordentlichen Krimi, bei dem eigentlich Täter und Opfern mindestens genauso viel Bedeutung zukommen müsste.

Bei den diversen Opfern trifft Nicole Drawer, wahrscheinlich wegen ihrer intensiven Eigenerfahrungen, sehr stimmig die Auswahl der Gemeuchelten und deren soziales Ambiente. Beim Täter drückt sie jedoch zu sehr von Anfang an auf die Psychoschiene, so dass dem Leser schon nach kurzem Lesevergnügen ziemlich klar ist, wer sich hier zum Rächer an den Gebeutelten der Randschichten aufspielt. Dementsprechend schwach bleibt dann auch die Spannung, man wartet nur mehr darauf, wann endlich Kommissar und Profilerin auch die Einsicht haben und dem grausigen Treiben ein Ende setzen.

Sprachlich lässt sich an Nicole Drawers Zweitwerk nichts aussetzen. Sie überhäuft den Leser nicht mit Extremkriminalistik und Forensik und auch die psychologischen Ermittlungsspielchen halten sich in passablen Grenzen. Rundum logisch verläuft die Handlung linear, mit nur ganz wenigen Rückblicken in das Seelenleben des Täters, und da gibt es keinerlei Haken und Ösen an denen sich der Leser die Zähne ausbeißen muss. Die Spannung plätschert so dahin und findet ihre Höhepunkte eher in den Zuneigungsphasen zwischen Diekmann und Jensen, als im kriminalistischen Geschehen.

Das im Knaur Taschenbuchverlag erschienene 475-Seiten-Werk kann dem Vergleich mit seinem Vorgänger leider nicht ganz standhalten. Frau Drawer hat damit einen durchaus lesbaren Regio-Krimi präsentiert, der sich jedoch über den Durchschnitt deutschen Krimischaffens kaum abhebt und ansonsten keine besonderen Pluspunkte für eine Empfehlung anbietet.

Das Zeichen auf der Stirn

Nicole Drawer, Knaur

Das Zeichen auf der Stirn

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